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Wie der Pioniergeist bei Stohl Racing einzog

Günther Aschacher lud motorline.cc zu einem Besuch bei Stohl Racing ein. Im Vordergrund stand sein "Baby", der Erdgas-Mitsubishi Evo VI.

Michael Noir Trawniczek

Ein Kreisverkehr, eine Tankstelle, und schon landet man bei Stohl Racing. Seit vier Jahren werden in Groß-Enzersdorf nationale und internationale Rallye-Einsätze vorbereitet. Man spürt es sofort: Das ist keine Autowerkstatt, die auch an einem Rallye-Auto schraubt - hier wird ausschließlich Rennsport betrieben.

Seit einigen Wochen schwirrt durch die Stohl'schen Gemäuer nicht nur der obligate Rennvirus, denn: Es hat sich der Pioniergeist hinzu gesellt. Mit dem Erdgas-Mitsubishi hat sich die zehnköpfige Crew auf Neuland begeben - binnen sechs Wochen wurde der Benzinmotor zum Erdgas-Aggregat...

Günther Aschacher ist der Technikchef von Stohl Racing - der Erdgas-Mitsubishi ist sein "Baby". Aschacher erzählt: "Als die OMV an uns herangetreten ist, ob wir einen Erdgas-Wagen bauen wollen, musste ich nicht lange überlegen. Das ist eine Riesen-Herausforderung, die man nur annehmen kann." Mit dem Evo VI stellte man immerhin den weltweit ersten Erdgas-Rallyeboliden von Mitsubishi auf die Räder.

"Fliegerbomben" im Kofferraum

Aschacher öffnet die Haube des Evo VI - im ersten Moment sieht der Motor "normal" aus, doch wenn der Blick über die Peripherie schweift, erkennt man, dass hier einiges verändert wurde. Offensichtlicher ist es, wenn Aschacher den Kofferraum öffnet - wie zwei vergessene Fliegerbomben aus dem zweiten Weltkrieg sehen die beiden Spezial-Gastanks aus. Auch diese Behälter wurden vom Team gebaut respektive mit einer speziellen Folie verstärkt.

Zunächst musste sich Aschacher mit den unterschiedlichen Temperatur- und Druckwerten des CNG ("Compressed Natural Gas") auseinandersetzen. Aschacher hat nicht nur die Motor-Peripherie sowie sämtliche Aufhängungen und Zuleitungen entworfen, sondern auch die Software neu geschrieben. "Nachdem alle Geräte fertig gestellt und eingebaut waren, ging es darum, den Motor zum ersten Mal anzuwerfen." Wie Frankenstein stand Aschacher vor seiner Kreatur und versuchte, ihr ein Lebenszeichen zu entlocken. "Wir probierten verschiedene Zündwerte für das Gas/Luftgemisch aus, bis der Motor dann zum ersten Mal ansprang."

Aschacher zeigt auf seinem Laptop die komplizierten Schaubilder - die australische Firma MoTec liefert Motor Management Programme - Aschacher sitzt oft stundenlang vor dem Laptop, gibt neue Werte ein, studiert die Werte der letzten Testfahrt.

"Ein großer Teil der Arbeit besteht darin, ein Archiv anzulegen. Denn ich kann mir auch nicht alle Werte merken. Wenn ich ein bestimmtes Problem vor mir habe, erinnere ich mich daran, dass wir das schon einmal hatten und sehe mir die entsprechenden Werte an", erzählt Aschacher. Beim Erdgas-Projekt gab es keine Vergleichswerte - Aschacher und sein Team mussten bei Null anfangen. Zwar gab es Werte aus der Serie, doch die waren nur zum Teil brauchbar.

Das Erdgas-Projekt wurde in einer Rekordzeit von sechs Wochen umgesetzt - nebenbei musste der "normale Rennbetrieb" aufrechterhalten werden. Stohl Racing agiert nicht nur in der österreichischen Staatsmeisterschaft, sondern auch in der Weltmeisterschaft, in der P-WRC. Der Chef, Manfred Stohl, setzt sich bei den Tests mit den Gruppe N-Fahrzeugen schon mal selbst ans Steuer.

Aschacher, der dann jeweils auf dem heißen Sitz Platz nimmt, um so hautnah an der Abstimmung arbeiten zu können, schwärmt: "Manfred hat ein unheimlich gutes Gefühl für diese Autos." Für Stohl war das Erdgas-Projekt ein Quantensprung in Sachen Teamgeist: "Auf einmal wurde wieder viel mehr kommuniziert..." Und: Es wurde oft die Nacht durch gearbeitet - die neue Herausforderung hat das Team noch mehr zusammengeschweißt.

Der entscheidende Test

Dann kam der entscheidende Test. Aschacher erzählt: "Wir sagten uns: Wenn wir 150 Kilometer schaffen, starten wir bei der Ostarrichi-Rallye. Am Ende konnten wir 300 problemlose Kilometer abspulen." Bei der Ostarrichi-Rallye konnte man sich, mit Profi Beppo Harach am Steuer, erstmals mit der Konkurrenz messen: Mit den Diesel-Fahrzeugen, und mit dem zweiten Erdgas-Auto im Felde, dem VW Golf GTI von Hannes Danzinger, der zuvor bei der Bosch-Rallye gleich beim ersten Einsatz den Klassensieg einholte.

Harach wurde Zweiter, Danzinger Dritter. Doch schon bei der nächsten Rallye konnte Harach den Klassensieg erzielen. Zwar lag das auch am Regen, der dem Allrad-Mitsubishi entgegen kam - aber für Günther Aschacher ist eines sonnenklar: "Der Erdgas-Antrieb hat ein enormes Potential. Er ist nicht nur umweltfreundlicher, sondern auch stärker. Es gibt noch so viel herauszuholen, wir stehen gerade erst am Anfang."

Aschacher zeigt uns einen Teil des Turboladers - aus dem Benzinauto. Er ist ölig und schwarz. Zum Vergleich sieht der gleiche Bauteil aus dem Gasauto tatsächlich wie neu aus. Ein Bild mit Symbolkraft. Für die OMV war das Erdgas-Auto die optimale Werbeplattform für diesen zukunftsträchtigen Alternativantrieb. "Es geht darum, zu beweisen, dass Erdgas nicht nur günstiger und umweltfreundlicher, sondern auch stärker ist. Das können wir nur unter Beweis stellen, wenn wir die Dieselautos besiegen", sagt Aschacher.

Das Potential

Doch die OSK sieht das anders - im kommenden Jahr fahren die Gasautos in einer eigenen Alternativkraftstoffklasse. Das alleine würde Aschacher nicht einmal stören, aber: "Wir wollen nur, dass wir auch Punkte für die große Meisterschaft erhalten. Wenn wir gute Leistungen erbringen, haben wir das auch verdient." Ein "Gaspokal" lässt sich nicht vermarkten. Eine Klasse, in der nur die beiden Erdgas-Boliden gegeneinander kämpfen, bringt der OMV, die das Stohl-Projekt finanziert, keinen sportlichen Werbewert. Und so droht dem ehrgeizigen Projekt das nahe Ende.

Aschacher sagt salopp: "Wir denken prinzipiell immer nur in Saisonen. Sollte das Gasprojekt sterben, wäre das unendlich schade, aber dann würden wir uns eben neuen Herausforderungen zuwenden." Eine dieser künftigen Herausforderungen wäre der Einsatz eines WRC-Boliden: "Ganz klar, das ist der Olymp in unserem Sport, aber noch sind wir nicht so weit. Wir sind ja ein junges Team."

Dass sein Technikerherz dennoch schwer für dieses Gas-Projekt schlägt, kann Günther Aschacher jedoch nicht verbergen: "Es ist ein Wahnsinn, wie viel Potential da noch brach liegt. Da ist noch so viel möglich..." Zurzeit hält sich Aschacher in Marburg auf, die Maribor-Rallye steht auf dem Programm. Aschacher am Telefon: "Wir haben die letzten Tage schon wieder derartige Fortschritte erzielt, das ist einfach unglaublich..."

Ein kleiner Rundgang durch die Räumlichkeiten von Stohl Racing. Klicken Sie hier!

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