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Begegnungen mit Manfred Stohl

Er ist weltweit die Nr. 4 im Rallyesport, hinter ihm seine bislang beste WM-Saison. Ein Versuch, aus kleinen Begegnungen heraus Manfred Stohl zu portraitieren.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: McKlein, GEPA

Für viele Fans ist er der "Motorsportler des Jahres" im Herzen - Manfred Stohl konnte in der Rallye-Weltmeisterschaft, gemeinsam mit seiner Co-Pilotin Ilka Minor, in seiner bislang besten Saison regelmäßig als eine Art "Privat-Don Quichote" die "Werks-Windmühlen" aufmischen und viermal das Podest erstürmen.

Als Rallyepilot ist er jetzt, Ende 2006, die Nummer vier der Welt. 12 Punkteankünfte bei 16 Läufen machen den Wiener zum zweitfleißigsten Punktehamster der Saison 2006, hinter Vizemeister Marcus Grönholm, gleichauf mit Weltmeister Sébastien Loeb.

Und so wunderte sich beim Charity-Abend in den Wiener Ringstraßen-Galerien [wo "Stohlito" am Mittwoch auf der Spielzeugautobahn von Ihrem Autor geschlagen wurde, der nunmehr völlig losgelöste Sieger des Abends MNT (siehe auch unten stehender Hinweis)] niemand, als Manfred Stohl als Ziel für 2007 "das Podium in der WM" angab.

"Stohlito" ließ vor den versammelten Gästen noch einmal das Jahr 2006 Revue passieren - das tut im folgenden auch motorline.cc, als lose Sammlung von Begegnungen mit Manfred Stohl, der scheinbar mehr als nur ein Gesicht sein Eigen nennt. Ein Versuch, aus relativ oberflächlicher Ferne ein bisschen hinein zu blicken, in einen Menschen mit Ecken und Kanten...

Wortgewandter Philosoph. Im Frühjahr, im Rahmen einer OMV-Veranstaltung im Vorfeld zur Argentinien-Rallye, philosophiert Stohl über zwei unterschiedliche Denk-Richtungen, welche die Konstrukteure heutzutage einschlagen würden. "Da gibt es den britischen Weg, wie zum Beispiel Ford, wo alles ganz leicht gebaut wird und man dafür den Preis in Form von Ausfällen zahlt. Und es gibt den französischen Weg, wie ihn Citroen begeht, wo mancher Teil fast doppelt so viel wiegt, man dafür aber mit Standfestigkeit belohnt wird."

Jetzt revidiert Stohl diesen Ansatz: "Der Ford Focus WRC 2006 ist ein Meisterwerk - ich habe nicht geglaubt, dass auf dem Gebiet des Wagenbaus noch ein derartiger Quantensprung möglich ist. Und schließlich konnte man auch die nötige Standfestigkeit erreichen." Für Stohl wäre es jedoch nicht verwunderlich, wenn Citroen mit dem C4 ähnlich neue Maßstäbe setzen würde.

Selbstkritischer Grübler. Akropolis-Rallye. Manfred Stohl spürt etwas. Er sagt: "Ich glaube, der Auspuffkrümmer ist undicht." Das Bozian-Team geht nicht näher auf diesen Hinweis ein, beginnt eine aufwändige Fehlersuche. Weil man die Servicezeit überzieht, verliert Stohl Plätze. Es stellt sich heraus: Der Auspuffkrümmer war undicht.

Im Taxi durch Athen, Stohl fährt mit, steigt bei seinem Hotel aus. Sicherlich habe er sich geärgert, dass man ihm nicht sofort geglaubt hat, gibt er zu. Aber die Ingenieure seien für die Technik zuständig, nicht der Pilot. Auf den Tisch hauen, ein bisschen zumindest? Vor allem, wenn man in einer bestimmten Frage dermaßen überzeugt ist? "Ich bin keiner, der über Leichen geht", sagt Stohl. Im Wageninneren schwirren Fragen durch den Raum, eine davon lautet sinngemäß: Wie stark darf oder soll man in welcher Situation auf den Tisch hauen? Und wo liegt dann die erste Leiche, über die eigentlich keiner von uns Taxiinsassen steigen möchte?

Potentieller Politiker. Besuch bei Stohl Racing. Das Erdgas-Projekt. Die Verbannung in eine Erdgas-Klasse. "Ich möchte dazu gar nichts sagen, denn ich bin kein Politiker", sagt Firmenchef Manfred Stohl, um in der Folge mindestens eine halbe Stunde über die motorsportpolitische Situation in Österreich zu philosophieren.

Schade eigentlich, dass er kein Politiker sein möchte - so einer würde der OSK sicherlich gut tun. Die Leviten hat er ihnen bereits gelesen, als "Motorsportler des Jahres 2005". Manche glauben doch glatt, dass er deshalb sogar als Weltmeister diese Auszeichnung nicht mehr erhalten würde. Wir jedoch enthalten uns der Stimme.

Unzufriedener Konzentrierter. Zitat Ilka Minor: "Das Rallye-Wochenende gehört ihm alleine. Wir reden an einem Rallye-Weekend nur sehr wenig miteinander. Er ist da in einer eigenen Welt - und wenn er allzu viel grübelt, landet er in einem Loch, aus dem ich ihn nur schwer wieder herausholen kann." Deutschland-Rallye. Obgleich ein gutes Resultat erzielt wurde, gab es auch einen Nachmittag, mit dem Stohl gar nicht zufrieden war.

Nach der Einfahrt in der OMV-Hospitality müssen oder sollen Autogramme gegeben werden. Während der Körper signiert, scheint der Geist sich regelrecht zu zermartern, man kann fast die Stohl'schen Zahnräder mahlen hören. Ein weiblicher Fan legt ein T-Shirt zur Signierung vor. Dieses jedoch ist bockig, rollt sich jedes Mal zusammen, wenn Stohl den Stift ansetzt. "Strecken!", sagt Stohl auf einmal in einem Grundwehrdienern bekannten Tonfall. Die Dame blickt verdutzt. "Strecken!", wiederholt Stohl. Sie begreift, streckt das T-Shirt. Alles wird wieder gut, doch jetzt erst mal weg hier.

Aufrichtiger Bewunderer. Nordring, dort, wo an diesem Tag im Herbst einmal die Journalisten im Rallyeboliden Gas geben dürfen. "Und? Wie war's?", fragt Stohl mit einem verschmitzten Grinsen. Dort, wo man die Haftgrenze überschritten hat, weil es ja so rutschig war, freut sich Stohl über "Maximum Grip". Eine für unsereins schwierige Kurve, die für Stohl eigentlich nicht mehr als eine geschwungene Gerade darstellt. Bewundernswert.

Doch auch Stohl kann noch bewundern. Loeb zum Beispiel. Oder auch Grönholm. "Die sind nicht von dieser Welt. Der Grönholm und auch der Loeb können gleich vom ersten Meter an Vollgas geben. Und: Wen sie einen Fehler begehen, ärgern sie sich keinen Wimpernschlag lang, sondern sind sofort wieder voll konzentriert." In der Türkei sorgte Grönholm auf SP 3, der ersten wirklich gefahrenen Wertungsprüfung, für Kopfschütteln. Stohl sagt mit funkelnden Augen: "Auf zehn Kilometern hat er Petter Solberg 25 Sekunden abgenommen, mir haben gleich einmal 37 Sekunden gefehlt. Das ist ein Irrsinn..." Zugleich glaubt man zu spüren, dass Stohl nur eines will: Auch dort hin.

Erfahrenes Pokerface. Wales. Alle wollen wissen: Was macht Manfred Stohl 2007? Während Jacky Bozian mit Zigarre eine gewisse Gemütlichkeit ausstrahlend die TV-Aufnahmen der letzten Prüfungen begutachtet, windet sich Manfred Stohl um die Fragen herum. "Mit Subaru verhandle ich schon seit fünf Jahren", lacht er. Dass er bei zahlreichen M2-Teams auf der Wunschliste steht, gibt er gerne zu. Das schadet dem Image auch ganz sicher nicht. Dass er sich bei Bozian pudelwohl fühlt - "dort bin ich die Nr. 1, dort bekomme ich alles" - glaubt man ihm gerne.

Wenn er dann, später in Wien, andeutet, er werde ein tolles Paket schnüren, glaubt man das auch gerne. Wichtig ist nur, dass niemand wirklich weiß, wohin die Reise führt. Schließlich werden wir es ohnehin bald erfahren - und die Bescherung wäre keine gewesen, wenn man als Kind bereits gewusst hätte, was unter dem Christbaum steht.

Liebevoller Vater. Stichwort Kind. Hannah heißt sein Schatz, noch ganz kleines Baby. Er möchte sie raushalten aus dem Medienrummel. Deshalb steht hier auch nichts weiteres zu diesem Punkt geschrieben - auch wenn es sich um einen für ihn ganz besonders wichtigen Punkt handelt.

Fütterer der Medienmaschine. Griechenland. Noch vor dem Shakedown. Journalistenrunde bei OMV-Peugeot. Gespitzte Bleistifte, Papierblöcke und natürlich viele kleine Hightechaudioaufnahmemaschinchen, mein kleines Analogdiktiergerät hat trotzdem keine Minderwertigkeitskomplexe.

"Ich habe da etwas für euch", eröffnet Manfred Stohl. Um im Anschluss recht unterhaltsam von der "ersten Klimaanlage im Rallyesport" zu erzählen, wobei er wenig später relativiert, dass diese Anlage bereits in Zusammenarbeit mit dem seligen Richard Burns entstanden ist. Es geht auch gar nicht darum, ob es jetzt wirklich die erste ist. Es geht darum, dass Manfred Stohl etwas erzählt, das man weiter erzählen kann. Und das kann er gut, irgendwie, subjektiv betrachtet.

Nachtrag noch zum Thema Ecken und Kanten: Herr Motorsportober, bitte fünf Manfred Stohls in die Formel 1, danke schön.

Manfred Stohl ist am Freitag, den 8. Dezember von 14 bis 16 Uhr in den Wiener Ringstraßen-Galerien - dort können Sie gegen den Rallye-Star auf der liebevoll arrangierten, kniffligen Autorennbahn antreten. Eine Runde kostet 1 Euro - das Geld geht an OMV Move & Help bzw. Hilfsorganisationen wie Caritas, SOS Kinderdorf und UNICEF.

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