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„Viel Zeit habe ich nicht mehr!“

motorline.cc bat Manfred Stohl zu einem Sommergespräch – Thema Nr. 1 war seine Zukunft. Aber auch das Debüt seines Teamchefs Günther Aschacher.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: motorline.cc, Photo4

Ende 2006 konnte er gemeinsam mit seiner Co-Pilotin Ilka Minor auf einem privaten Peugeot den Rallye-Olymp besteigen und sich mit Platz vier in der Jahreswertung als bester Privatfahrer ins Geschichtebuch der Rallye-Weltmeisterschaft eintragen. Im Jahr darauf, im Kunden-Citroen, gelang es ihm nicht, an die sensationellen Leistungen anzuknüpfen, am Ende des Vorjahres sprang mit der OMV sein langjähriger Sponsor ab. Seither warten die Rallyefans leider vergeblich auf ein WM-Comeback von Manfred Stohl und Ilka Minor. motorline.cc bat den Wiener zu einem Sommergespräch – Thema Nr. 1 war natürlich die Zukunft…

Manfred, wie schaut es aus in Sachen Zukunft?

Über den Sommer ist einfach nichts weiter gegangen – zuerst wegen der Fußball-Europameisterschaft, dann kam die Sommerpause. Aber ich hoffe, dass wir für nächstes Jahr doch noch ein Programm zusammenbringen. Es ist aber sehr, sehr schwierig.

Gibt es irgendwelche konkreten Gespräche?

Ja, Gespräche gibt es sehr, sehr viele – aber ist natürlich gerade in diesen finanziellen Dimensionen schwierig, Partner zu finden, die auch an das Projekt glauben. Viele sind sehr distanziert am Anfang. Da muss man erst einmal langsam beginnen. Das wäre dann der nächste Schritt, dass man zuerst einmal auf kleinerer Flamme beginnt und wir so wieder einen neuen Sponsor aufbauen können. Das 15 Jahre andauernde Verhältnis mit der OMV hat sich ja auch langsam aufgebaut. Vielleicht ist das also der Weg – nur: So viel Zeit habe ich nicht mehr.

An deine Zukunft glaubt auf jeden Fall dein Schützling Andreas Wimmer – da hat es sehr zuversichtliche Aussagen gegeben, in Zusammenhang mit einem österreichischen Team in der WRC. Aber es dürfte doch recht schwierig sein, oder?

Ich will in dieser Angelegenheit keinen Kommentar abgeben. Wenn er glaubt, dass er das Budget aufstellen kann, würde mich das sehr freuen. Aber für mich ist es immer erst dann interessant, wenn Fakten auf dem Tisch liegen.

Ist von deiner Seite ein Einsatz in der Rallye-ÖM geplant, beispielsweise wieder bei der Jänner-Rallye?

Derzeit ist nichts geplant, aber es kann durchaus sein. Die Waldviertel- oder die Jänner-Rallye sind immer sehr interessante Events. Wenn heute der Sponsor sagt: ‚Wir wollen, dass du dort startest!’, dann bin ich sicher gerne bereit. Aber das ist sicher nicht mein erstes Ziel.

Falls es zu einem solchen Einsatz kommen würde, wäre dann wieder ein Einsatz im Erdgas-Boliden möglich?

Erdgas ist derzeit sicher eine gute Geschichte – doch das macht der Beppo Harrach. Aber vielleicht komme ich ja mit etwas ganz anderem, mit etwas neuem – das weiß man ja nie.

Gibt es Gedanken in Richtung Super 2000?

Naja, Gedanken. Wer momentan keine Gedanken an die Super 2000-Autos verschwendet, der ist sowieso fehl am Platz. Nur stellt sich da wiederum das gleiche Problem – dass es einfach sehr schwer zu finanzieren ist. Aber auch dafür bin ich jedenfalls offen.

Stohl Racing-Teamchef und Cheftechniker Günther Aschacher hat beim Rallyesprint die Fronten gewechselt und ist mit einem Mitsubishi Lancer Evo VIII aus dem Hause Stohl Racing ein toller Neunter geworden, bei seiner ersten Rallye – was sagst du dazu?

Die Leistung war in Ordnung, er ist sehr sauber und korrekt gefahren. Trotzdem ist es mir lieber, wenn er bei seiner Arbeit bleibt. Und die besteht darin, die Motoren und die Elektronik zu machen. Und ich bleibe bei meiner Arbeit, beim schnellen Autofahren. Ich sage da immer: Schuster, bleib bei deinen Leisten! Das war hoffentlich eine einmalige Aktion von Günther – ansonsten kann man nichts sagen, die Leistung war okay. Ich hoffe nur, dass er jetzt nicht von der Droge infiziert ist.

Hast du dir seinen Einsatz vor Ort angesehen?

Nein, ich war zum selben Zeitpunkt bei der Deutschland-Rallye als Spion für Henning Solberg unterwegs. Das war aber auch besser so – denn ich wäre wahrscheinlich mit den Nerven komplett am Ende gewesen, denn ich bin ein schlechter Zuschauer. Speziell wenn es meine eigenen Mitarbeiter sind.

Hast du dir Sorgen um den Günther gemacht?

Nein, ich habe mir keine Sorgen gemacht. Der Günther ist schon ein Mann, der die Gefahren des Rallyesports kennt. Aber ich bin Realist genug und ich kenne den Rallyesport sehr, sehr gut – und man kann einfach die Grenzen kaum einschätzen. Das gilt für ihn genauso wie es für andere gilt. Deshalb habe ich schon gehofft, dass er nichts kaputt macht.

Hast du ihm im Vorfeld Tipps gegeben? Bist du mit ihm mal mitgefahren?

Nein, das ist nicht meines, dass ich mich daneben hinsetze. Ich habe ihm im Vorfeld durchaus Tipps gegeben. Ich habe einfach zu ihm gesagt: ‚Wenn du glaubst, du bist langsam, dann ist der Speed schon sehr hoch. Und wenn du glaubst, du bist schnell gefahren, dann bist du schon weit über deinem Limit. Über dem Limit, das für dich möglich ist.’ Scheinbar hat er sich das auch zu Herzen genommen.

Du warst als Spion für Henning Solberg sehr erfolgreich – er konnte mit deiner Hilfe und Erfahrung Platz sieben bei der Deutschland-Rallye belegen. Wie kann man sich diesen Job vorstellen?

Es gibt schönere Jobs als diese, aber sie sind halt auch sehr gut bezahlt – das darf man auch nicht vergessen. Man steht um drei oder vier Uhr in der Früh auf, fährt über die Prüfungen, gibt die Informationen an den Fahrer bzw. den Beifahrer weiter und man gibt eine Reifenempfehlung ab. Derzeit ist es ja etwas einfacher, weil man nur noch entscheiden muss, ob er eine weiche oder eine harte Mischung nehmen soll. Wichtig ist, dass man nicht zu viel in die Noten hinein schreibt, aber dem Fahrer doch das Wichtigste mitgeben kann.

Da ist deine Erfahrung sicher Gold wert?

Ich hatte schon das Gefühl, dass die Ilka Minor und ich eine gute Arbeit geleistet haben – der Henning hat seinen siebten Platz gefeiert wie der Loeb seinen Sieg. Umso mehr hat mich das dann auch gefreut…

Habt ihr eine Party geschmissen?

Nicht wirklich – wir sind noch am Sonntag nach Hause geflogen. Aber es freut einen natürlich, wenn der Fahrer happy ist. Der Henning hat auf dem Asphalt noch sehr viel zu lernen und wir tun unser Bestes, ihm dabei zu helfen.

Zurück in die WRC-Landschaft, dort hin zieht es dich ja zurück. Es gibt Ford. Es soll 2009 auch neue WRC-Teams geben…

Also in einem Werksteam zu fahren ist derzeit so gut wie unmöglich. Im Gegenteil. Es wird zum Beispiel bei Suzuki nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie werksseitig wieder zurückgehen und sie sich nur noch auf den Kundensport konzentrieren werden. Bei Ford ist so ziemlich alles voll, die haben auch in der zweiten Garnitur sehr starke Fahrer. Und Citroen hat derzeit kein Interesse, mehr als diese zwei Werksautos einzusetzen. Und mit dem einen oder anderen Citroen-Piloten werden sie in Zukunft auch gute Privatfahrer haben. Aber schauen wir mal – in der WRC wird es sicher schwierig, aber schauen wir, was die Zukunft bringt.

Reden wir einmal Klartext. Es lesen ja sicher auch Industrielle dieses Interview. Wie viel würde es kosten, wenn der Manfred Stohl eine WM-Rallye bestreiten würde? Wie viel kostet eine ganze Saison?

Das kann man pauschal gar nicht sagen. Es spielt natürlich schon eine Rolle, was für ein Sponsor es ist. Ein Sponsor mit einem guten Image zum Beispiel zahlt natürlich deutlich weniger als ein Sponsor, der noch unbekannt ist.

Eine Mindest-Summe…

In einer Summe kann man das derzeit nicht festlegen – da kommt es auf so viele Eckdaten an. Wenn die Teams heute meinen 2006er-Maßstab hernehmen, dann wird es sicher deutlich günstiger. Wenn die Teams das 2007er-Jahr hernehmen, kann es sein, dass es teurer wird. Dann stellt sich auch die Frage, wie viele Topfahrer auf der Straße stehen.

Wenn man jetzt zum Beispiel den Francois Duval hernimmt – der ist meines Erachtens sicher der zweitschnellste Asphaltfahrer am Markt. Und der kauft sich ein für eine Deutschland-Rallye – dann wird es für einen Manfred Stohl sehr schwierig werden, sich für eine Rallye einzukaufen.

Auf der anderen Seite gibt es wiederum Rallyes wie England oder Argentinien, wo ich sicher zu den Topleuten gehöre und wo der Preis wiederum besser sein könnte. Deshalb kann man das im Vorfeld nicht wirklich sagen. Wenn ein Sponsor sagt: ‚Ich will diese Summe investieren!’, dann spricht man mit den Werks-Teams beziehungsweise mit den Semi-Werksteams und schaut, ob man einen Deal zusammenbringt.

Wenn ich jetzt 400.000 Euro in meiner linken Hosentasche hätte, würde es da eine Chance geben, dass wir eine WM-Rallye fahren?

Ja, ja – also um 400.000 Euro machen wir gleich ein paar Rallyes. Das wäre durchaus möglich. Das wäre bereits ein schönes Startpaket. Man darf eines nicht vergessen: Wenn du heute mit einem Sponsor kommst und der sagt, er hat 500.000 bis 700.000 Euro, bewegst du natürlich auch gleich einmal weitere Sponsoren, auf dieses Boot aufzuspringen. Da tust du dir dann deutlich leichter. Der schwierigste Part besteht darin, den ersten großen Sponsor aufzustellen.

Man sagt ja: Wenn sich in einem Geschäft, in dem sich nichts tut, ein paar Leute anstellen, kommen weitere dazu und bilden eine Schlange.

So in der Art kann man sich das vorstellen. Der erste Schritt ist immer der Schwierigste. Ich muss auch dazu sagen: nachdem ich über 15 Jahre hinweg immer den gleichen Sponsor hatte, bin ich natürlich auch nicht sehr geübt in punkto Sponsorensuche und muss das jetzt noch lernen.

Was uns in Österreich fehlt, ist immer noch die Lobby, die wir uns eigentlich verdient hätten. Das beginnt auf nationaler Ebene und geht bis ganz nach oben in die internationale Ebene. Wir haben wahrscheinlich eine der schönsten Motorsportarten, die es gibt. Wir schaffen es aber nicht, das in einer Lobby umzusetzen und das den Leuten auch zu vermitteln.

Gerade mit Projekten wie dem Erdgas-, dem Biogas- oder dem Bioethanol-Auto wollen wir natürlich auch zeigen, dass Rallyesportler nicht nur Umweltverschmutzer sind und dass wir auch grünen Motorsport betreiben können. Ich glaube, dass das ein guter Weg ist und dass damit auch die Leute zum Umdenken bewegt werden.

Ein Interview mit Günther Aschacher, über sein fulminantes Gastspiel im Rallye-Cockpit, finden Sie demnächst auf motorline.cc.

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