
Rallye: EXKLUSIV | 02.09.2011
„Derzeit sind viele unzufrieden mit der OSK-Führung“
Die motorline.cc-Interviews mit Sepp Pointinger und Kurt Göttlicher respektive Raimund Baumschlager haben hohe Wellen geschlagen.
Der zurückgetretene Fahrervertreter der Historischen und auch der Serienstaatsmeister übten Kritik an der Führung der Obersten Nationalen Sportkommission aus.
Nun hat sich ein weiterer prominenter Protagonist der heimischen Rallyeszene zu Wort gemeldet – Dr. Helmut Czekal, der Teamchef von VW Austria und langjährige Förderer des auf tragische Art und Weise verstorbenen Andreas Waldherr nahm Kontakt mit motorline.cc auf, auch er wolle in einem Interview seine Meinung zur aktuellen Führung der OSK mitteilen.
Es sei auch hinzugefügt: Würde sich jemand melden, der andere Ansichten hat oder etwas Positives über die OSK sagen möchte, würden wir dies selbstverständlich auch veröffentlichen, Motorline.cc sieht sich in der Rolle des neutralen Berichterstatters. Wir haben die OSK natürlich auch gebeten, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen, bislang hat man darauf jedoch verzichtet.
Hier das Interview mit Dr. Helmut Czekal.
Es hat bei uns auf motorline.cc zuletzt zwei Interviews gegeben, mit Sepp Pointinger und Kurt Göttlicher respektive Raimund Baumschlager, in welchen jeweils die OSK kritisiert wurde – und jetzt wolltest du auch etwas dazu sagen…
Ja, genau. Ganz einfach: Ich wollte zunächst einmal feststellen, dass ich voll hinter den Aussagen von Pointinger und Baumschlager stehe und dass ich es gut finde, dass sich endlich Leute trauen, auch öffentlich ihre Meinung kund zu tun.
Bislang wurde ja eher im Geheimen, hinten herum getuschelt – denn keiner hat es gewagt, irgendetwas gegen diese Oberhoheit zu unternehmen.
Ich weiß auch, dass es viel mehr Kritiker gibt, denn ich höre ja viel und komme viel herum. Es gibt auch sehr viele Teams, die sehr unzufrieden sind mit der derzeitigen OSK-Führung.
Was sind jetzt von deiner Seite her die konkreten Kritikpunkte an der OSK-Politik?
Normalerweise, so wie es in anderen Ländern üblich ist, wäre ja die OSK ein Dienstleistungsbetrieb. Sie kassieren dafür, die Fahrer zahlen jedes Jahr ihre Gebühren, die Teams zahlen ihre Gebühren, die Veranstalter zahlen ihre Gebühren.
Damit müsste die OSK ja eigentlich als Dienstleistungsbetrieb für die Fahrer und für die Veranstalter zur Verfügung stehen. Denn bei jeder Veranstaltung wird von der OSK kassiert - wenn einer oder zwei OSK-Funktionäre kommen und sich dort mehr oder weniger eine angenehme Zeit machen.
Wir haben bereits ein Interview gemacht, als es darum ging, dem bei einem tragischen Arbeitsunfall verstorbenen Andreas Waldherr in einem Feature für die Zeitschrift Rally & more zu gedenken – damals hast du erklärt, dass der Andi eigentlich nicht mehr in Österreich fahren wollte.
Ja. Ich glaube aber, dass der Andi hier nicht der einzige ist – denn wenn ich mir zum Beispiel das Starterfeld bei einer Niederbayern-Rallye ansehe und auch bei anderen Veranstaltungen im Ausland, wo derzeit überall Österreicher fahren – man braucht nur ins Rally & more hinein schauen, wo überall die Österreicher an den Start gehen – dann ist für mich der Standpunkt, den der Andi vertreten hat, vollkommen logisch.
Kann man da quasi von einer Art Landflucht sprechen, dass also die Österreicher derzeit lieber im Ausland fahren?
Ich würde nicht sagen Landflucht – ich würde sagen OSK-Flucht.
Was müsste man deiner Meinung nach an oder in der OSK ändern?
Ich würde zunächst einmal das Präsidium in der OSK austauschen und schauen, dass dort Leute sitzen, die mit dem Motorsport verbunden sind und mit dem Motorsport schon jahrzehntelang zu tun haben.
Das ist bei dem jetzigen Präsidium nicht der Fall?
Naja, teilweise. Und die, die jahrzehntelang mit dem Motorsport zu tun hatten, sind entweder auf das Abstellgleis gestellt worden oder sie sind dann ganz einfach gekündigt worden.
Dann gibt es ja noch einen zweiten großen Kritikpunkt, den man immer wieder hört – und das ist die technische Kontrolle. Da hört man ja seit dem Abgang des Heribert Werginz, dass bei den Kommissaren zu wenig technische Kompetenz vorhanden und dass daher so etwas ähnliches wie Anarchie möglich sei. Wie ist deine Meinung dazu?
Ja, diese Kritik stimmt ja auch. Seit dem Abgang des Herrn Werginz, der sich wirklich beschäftigt hat mit der Materie und seit dem Abgang weiterer Funktionäre – denn er war ja nicht der einzige, der da stillgelegt wurde, es sind ja auch andere technische Funktionäre mehr oder minder auf das Abstellgleis gestellt worden – seither ist es ja so, dass eigentlich nur auf sogenannte ‚Kleine‘ losgegangen wird.
Wenn ich mir folgendes Beispiel zu Gemüte führe: Der Daniel Wollinger wurde bei einer Veranstaltung ausgeschlossen wegen einer Unterschreitung des Mindestgewichts. Da wurde er zweimal gewogen – beim ersten Mal hatte er um vier Kilogramm zu wenig, beim zweiten Mal um zwei Kilogramm zu wenig und dann wurde er ausgeschlossen. Das ist ein Fahrer, der eigentlich nicht in das Spitzenfeld eingreift – und dort traut man sich.
Die Herren sollen einmal zu einem FIA-Lauf gehen und sich das einmal anschauen. Wir haben das jetzt wieder erlebt bei der Barum-Rallye – dort wird beinhart vorgegangen.
Dort wurde unser VW Polo S2000, den ein Ungar pilotiert (mehr dazu weiter unten, d. Red.) ausgeschlossen, weil da auch bei einer Seitenscheibe der Stempel gefehlt hat. Der hat gar nicht starten dürfen!
Mittlerweile haben wir von der FIA die Bestätigung, dass es ein Fehler der FIA war. VW Südafrika hat das bereits im Februar zur Homologation eingereicht, doch das ist bei der FIA irgendwie verloren gegangen oder übersehen worden und man hat sich dafür auch entschuldigt.
Und da wurde wegen des fehlenden Stempels gleich einmal ein Startverbot erteilt?
Ja, wenn es so ist, dann ist es so – das muss man akzeptieren.
Im Zusammenhang mit dem Protest gegen Beppo Harrach bei der Waldviertel-Rallye 2010 gibt es das Gerücht, dass du vorhaben würdest, die OSK zu klagen – stimmt das?
Zuerst hätte die OSK mich klagen wollen, aber ich habe bis heute nichts bekommen. Jetzt werden wir einmal abwarten und schauen, wie sich das weiter entwickelt. Weil im damaligen Regulativ ist ja drinnen gestanden: ‚Wenn ein Ausschluss oder eine Disqualifikation vorgenommen wird, dann sind von der gegnerischen Partei die Kosten zu übernehmen.‘
Dem ist jedoch nicht so – sondern die OSK hätte jetzt mir noch Kosten vorgeschrieben. Wo sich auch der Herr Präsident eingeschaltet hat – auf eine nicht gerade reine Gangart, denn ich bin Teamchef und nicht Porsche Austria.
Wo sich also der Herr Präsident nicht bei mir gemeldet hat, sondern versucht hat, da hinten herum über Porsche Austria zu intervenieren.
Da werden wir also sehen, da müssen wir noch abwarten – aber irgendwann in nächster Zeit wird hier eine Entscheidung fallen.
Das heißt konkret, dass du der OSK vorwirfst, in diesem Fall nicht korrekt vorgegangen zu sein?
Genau. Denn es ist keine Art und Weise, über den Teamchef hinweg beim Hauptsponsor des Teams zu intervenieren wegen diesem Protest. Nämlich von Seiten des Präsidenten!
Wenn er etwas will, dann hat er sich bei mir zu melden und mir das mitzuteilen. Und ich würde ihm dann schon die richtigen Antworten geben.
Wenn wir schon so offen reden: Diesen Protest hat es ja gegeben, weil man angenommen hat, dass beim Auto von Beppo Harrach etwas nicht legal ist. Hat man heute auch noch diesen Verdacht?
Es sind ja bei der Maribor-Rallye Sachen angeschaut worden – da hat angeblich ein Stempel gefehlt bei den Scheiben, bei den Side-Windows, die von der FIA ja nur akzeptiert werden, wenn sie von der FIA homologiert wurden und sie von einer gewissen Firma produziert wurden. Zudem sind auch beim Hilfsrahmen irgendwelche Sachen festgestellt worden.
Aber die OSK-Techniker haben nichts unternommen – obwohl sie darauf hingewiesen wurden. Und der Sportkommissar hat gesagt, er sei dafür nicht zuständig.
Ich weiß nicht: War das jetzt ein Firmenfehler oder hat es wirklich nicht gestimmt? Das glaube ich, steht noch im Raum und ist noch nicht ganz abgeklärt.
In einem motorline.cc-Interview hat Beppo Harrach erklärt, dass sich Ralliart Italien bei ihm entschuldigt hätte, weil es ein Fehler von Ralliart Italien gewesen sei.
Ich kann dazu nur sagen: So weit ich es gehört habe, soll diese Angelegenheit noch nicht ganz abgeklärt sein.
Okay – wie geht es jetzt eigentlich weiter mit eurem Team?
Wir warten jetzt einmal ab, wir werden wahrscheinlich mit dem Diesel-Scirocco bei der Waldviertel-Rallye fahren. Mit dem VW Polo S2000 ist es noch nicht sicher – wir haben jetzt in Ungarn einen Polo S2000 laufen, der jetzt eine Testrallye bestreiten und danach wahrscheinlich die Korsika-Rallye bestreiten wird.
Denkt man darüber nach, in Zukunft auch wieder einen Österreicher in den S2000 zu setzen?
Wir denken darüber nach. Wir warten ab was kommt und wer Interesse zeigt. Dann wird man entscheiden, wen man unterstützt und wen man ins Auto setzt.