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Mühlsteinrallye: Bericht Lindner
Christa Feichtner

Neue alte Welt

Auch nach seinem Umstieg auf ein älteres, aber dafür motorisch hochkarätiges Escort-Modell ist Hans-Georg Lindner in der Historischen-Szene des österreichischen Rallyesports eine jener Sportlergrößen, die es zu schlagen gilt. Die Mühlstein-Rallye in Oberösterreich, die der erklärte Hecktrieb-Spezialist aus Salzburg-Land mit seiner langjährigen Stamm-Copilotin Gina Schütter in Angriff genommen hat, war dafür ein aussagekräftiger Beweis. Einziger Schönheitsfehler: Ein zu starker Drift in Richtung eines Grabens, der wohl Platz Eins kostete.

Bild: H.-G. Lindner privat

Während der Mühlstein-Rallye 2023, dem offiziell dritten Lauf der diesjährigen Austrian Rallye Challenge, sind bei den Vertretern der Historischen einige neue und auch altbekannte Helden aufeinandergetroffen. Einer davon ist Hans-Georg Lindner, der zwar nicht wie die übrigen Konkurrenten seiner Kategorie um Punkte in der ARCH-Wertung mitgefahren ist, sich nichtsdestoweniger jedoch trotzdem ein Bild davon machen wollte, wie es um seine aktuelle Wettbewerbsfähigkeit steht. Der Praxistest zeigte ein sehr klares Bild – zur Freude seines gesamten Teams wie auch seiner Fans.

Vor Allem der Verlauf, aber auch das Endergebnis des selektiven Laufes im Mühlviertel haben gezeigt, daß Hans-Georg Lindner seinen brachialen Abgang bei der Lahti Historic Rally in Finnland im vergangenen Jahr gut überwunden hat. Und erst recht seinen Umstieg auf das nunmehr verwendete Escort-Modell, ein klassischer Vertreter der ersten Baureihe, der durch den BDA-Motor einen besonders heißblütigen Charakter aufweist. So ging das programmatische Duell mit dem Mitfavoriten Gert Göberndorfer im Opel Ascona B auf der ersten Prüfung (Baumgartenberg – Mitterkirchen I) zwar zugunsten des Steirers aus. Der Rückstand des Salzburgers von lediglich einer Sekunde ließ jedoch erahnen, daß eine erfolgreiche Gegenoffensive des Escort-Teams keinesfalls auszuschließen wäre. In der Tat beflügelte das Ergebnis der zweiten Prüfung (Schwertberg – Perg I) den Ehrgeiz von Hans-Georg Lindner zusehends, die er als knapp schnellster Vertreter der Historischen beenden konnte. Damit konnte er nun den Opel von Gert Göberndorfer mit einem leichten Vorsprung hinter sich lassen und sich auch geringfügig stärker vom Audi Quattro von Patrik Gaubinger absetzen.

Unverändert war jedoch der Konkurrenzdruck sehr stark, was in der Praxis das Risiko eines Ausritts meist deutlich erhöht. In einer Kurve auf der dritten Prüfung, die wieder über Baumgartenberg – Mitterkirchen führte, stürzte das Escort-Team zu sehr in den kritischen Bereich – und der Wagen in einen Graben. Er fand zwar recht schnell wieder auf die Strecke zurück, aber ein daraufhin vorbeigezogener, etwas langsamerer Mitbewerber mit einem Mitsubishi konnte nicht schnell genug Platz machen. Das reichte aus, um mehr als eine halbe Minute und mehrere Plätze zu verlieren. Und unter den Historischen-Teilnehmern auf den dritten Platz zurückzufallen.

Die noch ausständigen Prüfungen wurden nach einer Reparatur des Auspuffs, der bei dem Zwischenfall beschädigt worden war, so gut als möglich genützt, um Zeit aufzuholen. Auf der vierten Prüfung konnte sich zwar Patrik Gaubinger hauchdünn durchsetzen, aber der Zeitgewinn von neun Sekunden gegenüber Gert Göberndorfer war doch ein wenig ermutigend. Etwas gedämpft wurden die Hoffnungen für Hans-Georg Lindner und Gina Schütter, als Gert Göberndorfer auf dem vielbeachteten Rundkurs Saxen – Grein mit über vier Sekunden Zeitgewinn zurückschlug. Auf Schwertberg – Perg III konnte das gemischte Ford-Duo beide Konkurrenten zeitmäßig besiegen, die inzwischen ihr eigenes Duell gefochten hatten. Ebenso auf der siebenten und letzten Prüfung, die wieder über die anspruchsvollen Strecken in der Umgebung Saxen – Grein führte. Die Hoffnung, eventuell als lachende Dritte aus der Auseinandersetzung an der Historischen-Spitze hervorzugehen, erfüllte sich dennoch nicht: Der Vorsprung des Audi- und des Opel-Teams war zu groß, und auch deren Beständigkeit.

Als Positivum bleibt der Eindruck von dem diesmal wieder sehr bunten Leben im sportlichen Geschehen der Historischen, das sich überdies sehr spannend gestaltet hat. Fraglos hat das Mißgeschick auf der dritten Prüfung das Ergebnis sehr stark beeinflußt, ohne den Ausrutscher in den Graben wäre bei sonst identischem Verlauf ein erster Platz in der Kategorie der Historischen zu schaffen gewesen. Aber mit solchen Überlegungen wollen sich aufrechte Menschen des Sports eigentlich gar nicht beschäftigen. Sondern eher die Erfolgserlebnisse als Motivation für kommende Starts mitnehmen. Man hat „das Spiel gemacht“, wie man es in der Fußballsprache sagen würde. Und weil Rallyesport ebenso ein Mannschaftssport ist, muß man auch Gina Schütter für ihre allzeit perfekte Ansage danken. Wie auch den Servicetechnikern Kurt, Manzi und Christian.

Welche Rallyes als nächster Schritt in Angriff genommen werden, läßt sich aus derzeitiger Sicht noch nicht vollständig verläßlich beantworten. Mit „Ein Ziel wäre die EHRC Historic Acropolis Rally!“ (Termin Anfang November) hat Hans-Georg jedoch schon ein wenig eine mögliche Absicht bekundet. Möglich ist wie so oft sehr viel. Aber eben noch nichts fix.

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