"Das Schlimmste, was passieren konnte" | 22.11.2024
"Das Schlimmste, was passieren konnte": Thierry Neuville zittert um den WM-Titel
Für Thierry Neuville hat der WM-Kampf in Japan eine schlechte Wendung genommen: Wegen technischer Probleme muss der Hyundai-Pilot um seinen WM-Titel bangen
Als klarer Favorit nach Japan gereist, muss Hyundai-Pilot Thierry Neuville plötzlich um seinen ersten Titel in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) zittern! Denn der Belgier kämpfte am ersten Tag der Japan-Rallye mit technischen Problemen an seinem Hyundai i20 N Rallye1 Hybrid.
Ein plötzlicher Leistungsverlust bescherte Neuville einen Rückstand von fast acht Minuten auf seinen führenden Teamkollegen und Titelrivalen Ott Tänak. "Das ist natürlich das Schlimmste, was uns an diesem Wochenende passieren konnte", gesteht der 36-Jährige.
"Ich hätte lieber einen Reifenschaden gehabt, als sieben Minuten mit einem technischen Problem zu verlieren, aber das zeigt, dass der Vorsprung, den wir uns im Laufe des Jahres erarbeitet haben, wirklich entscheidend ist", spielt Neuville auf sein Polster von 25 Punkten an. "Hoffentlich zahlt sich diese harte Arbeit aus und wir werden belohnt."
Hyundai vermutet Turbolader-Problem
Das Problem an seinem Hyundai scheint jedoch so groß zu sein, dass die Mechaniker in der Mittagspause am Freitag keine Lösung finden konnten und sich der Rückstand auf die Spitze am Nachmittag weiter vergrößerte.
Das Team ist von dem Problem selbst überrascht, denn die Zuverlässigkeit war in diesem Jahr deutlich besser als in den Vorjahren. Neuville hatte in dieser Saison erst einmal mit technischen Problemen zu kämpfen, als sein Hyundai in Kenia ins Stottern kam und zwischenzeitlich nur noch vom Elektromotor angetrieben wurde.
Hyundai-Teammanager Christian Loriaulx vermutet, dass das aktuelle Problem mit dem Turbolader zusammenhängt, weil Neuville auf der vierten Etappe plötzlich Ladedruck verlor. Er ist aber zuversichtlich, dass der Motor infolge der Probleme keinen Schaden genommen hat.
Hyundai entschuldigt sich bei Neuville
"Thierry [Neuville] hatte für diese Rallye einen brandneuen Turbo und der Rest sind ziemlich bewährte Teile", sagt Loriaulx gegenüber Motorsport.com, einer Schwesterplattform von Motorsport-Total.com im Motorsport Network.
"Wir wissen, dass er Ladedruck verloren hat und dass das Wastegate nicht funktioniert. Wir wissen nicht, ob es die elektrische Spule, die Box oder die Verkabelung dazwischen ist. Wir werden versuchen, das heute Abend herauszufinden und alles ändern, um sicherzustellen, dass wir das Problem beheben."
Loraiulx entschuldigte sich bei Neuville und lobte gleichzeitig die Art und Weise, wie der Belgier mit den Schwierigkeiten umgeht, die im ungünstigsten Moment des Titelkampfes auftreten. "Wir kämpfen alle um alles, und manchmal macht ein Fahrer einen Fehler, manchmal macht das Team einen Fehler. Wir hatten in diesem Jahr eine gute Zuverlässigkeit."
"Das ist wirklich ein Schlag und sehr frustrierend, weil es uns unter Druck setzt und in eine schwierige Situation bringt, und wir möchten uns wirklich bei Thierry dafür entschuldigen", sagt der erfahrene Ingenieur. "Trotz des Problems hat er sehr professionell reagiert, die Ruhe bewahrt und das Auto zurückgebracht, ohne die Nerven zu verlieren."
Entschuldigung macht Neuville "nicht glücklicher"
"Ich hätte es nicht geschafft. Ich hätte gegen das Lenkrad getreten und alle angeschrien, aber wir entschuldigen uns noch einmal", betont Loraiulx. "Es ist noch nicht vorbei, wir müssen positiv bleiben und weiter Druck machen."
Für Neuville ist die Entschuldigung allerdings nicht viel wert. "Natürlich können sie sich entschuldigen, aber das wird die Situation nicht ändern, es wird mich sicher nicht glücklicher machen", gibt der Belgier zu. "Trotzdem müssen wir sehen, wo das Problem liegt."
Neuville ist zuversichtlich, am Samstag wieder in die Punkteränge fahren zu können. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir sagen können, dass das Team für das Problem verantwortlich ist. Wir wissen, dass im Motorsport Dinge passieren können, aber natürlich müssen sie sicherstellen, dass sie das Auto für morgen reparieren können."
Situation für Tänak "noch sehr schwierig"
Für Teamkollege Tänak besteht nun die Chance nach 2019 (damals noch im Toyota) seinen zweiten WM-Titel einzufahren. Für den Esten bleibt die Situation aber unverändert. "Es gibt nichts, worüber ich nachdenken muss. Ich kann nur das tun, was ich tue", sagt der 37-Jährige.
"Es war sehr frustrierend für das Team, weil der Morgen sehr positiv begann, denn Toyota hatte auf der ersten Etappe zwei Autos mit Reifenschäden und alles war unter Kontrolle,. Und dann ist man manchmal überrascht, wie schnell sich die Dinge ändern können und man steht mit dem Rücken zur Wand."
Denn trotz des Duells gegen Neuville muss sich Hyundai auch in der Herstellerwertung behaupten. "Ich musste mit den Toyotas kämpfen, um vor ihnen zu bleiben, um das Team zu schützen, und wir werden sehen, was der morgige Tag bringt", resümiert Tänak. "Es ist immer noch sehr schwierig."