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Punktgenau

Die Formel 1 wäre um einiges spannender und interessanter, würden nicht nur die ersten Sechs mit Punkten belohnt werden.

Hans Peter Voglhuber

Seit es Punktewertungen gibt, wird an diesen herumgetüftelt. Als Begründung für die zum Teil abenteuerlichen Manipulationen wird das Bestreben angeführt, damit eine Meisterschaft spannender zu machen. Dabei ist nichts spannender als ein ehrlicher Wettkampf.

Abgesehen davon haben die verschiedenen Punktewertungen noch in keiner Sportart am Ende wirklich mehr Spannung hinein gebracht. Wozu also wird dann manipuliert? Doch nur deshalb, damit die Starken noch stärker gemacht werden und die Schwachen noch schwächer. Mit mehr Spannung hat das Ganze in Wahrheit wenig bis gar nicht zu tun.

Mehr Fairness für alle:
Mit einem modifizierten Punktesystem hätten auch Top-Piloten der Underdog-Teams mehr Chancen

Mein Standpunkt ist, dass auch der Letzte in einem Rennen zumindest einen Meisterschaftspunkt bekommen müsste. Schließlich spiegelt das Endergebnis nicht unbedingt auch die Leistung der einzelnen Fahrer wider. Nicht jeder Fahrer sitzt in jenem Auto, das auch seinem fahrerischen Potential entspricht.

Fahrer wie etwa Alesi (bis jetzt Prost), Button, Fisichella und jetzt auch Frentzen (ab jetzt Prost) haben alles andere, als ein ideales Wettbewerbsgerät. Sie alle können Rennen für Rennen immer wieder nur auf möglichst viele Ausfälle von "privilegierten" Lenkraddrehern hoffen. Das macht mit der Zeit müde und lustlos. Der Kampf um die Plätze weit außerhalb der Punkteränge wird so zur mehr oder weniger gut bezahlten Bewegungstherapie. Dementsprechend sind meistens auch die Duelle im hinteren Mittelfeld. Wozu sollen diese Fahrer auch noch auf der letzten Rille dahinwetzen, wenn es dafür sowieso keine WM-Punkte und daher auch keine WM-Wertung gibt?

Doch auch für den Zweitplatzierten muss ein Punkteunterschied von vier Punkten auf den Sieger ganz schön frustrierend wirken. Sofern es sich nicht um einen nach vorn gespülten "Zufallszweiten" handelt, bleibt jedoch diesem wenigstens der Trost, dass er zumindest vom Material her die Möglichkeit hat, im nächsten Rennen den Spieß umzudrehen.

Spätestens ab dem vierten Platz weist das Meisterschaftsklassement eine Punktedifferenz zu den oberen Punkterängen auf, welche die WM erst so richtig uninteressant macht. Nicht selten kommt hinzu, dass sich auf den hinteren Rängen Fahrer platziert haben, die zwar wenig Rennen zu Ende gefahren haben, dafür aber einige punkteträchtige Stockerlplätze (2., 3.) vorweisen können. Anhand der derzeit gültigen WM-Tabelle lässt sich diese Entwicklung leicht belegen.

Das Prinzip:
Jeder bekommt Punkte, vom Erstplatzierten (22 Pkt.) bis zum theoretisch Letzten mit einem Punkt

Es war 1977, als George O´Dell Seitenwagen-Weltmeister wurde, ohne einen einzigen Grand Prix gewonnen zu haben. Zweite und dritte Plätze reichten dem Engländer zum Weltmeister-Titel, da sein ärgster Konkurrent Rolf Biland zwar drei Rennen gewonnen hatte, dafür aber sonst meistens Null-Nummern fabrizierte. Auch Bruno Holzer glückte dieses Kunststück in der B2-B-Seitenwagen-Weltmeisterschaft.

Und wieder war es Rolf Biland, der als mehrfacher Grand Prix-Sieger am Ende doch wieder nicht Weltmeister wurde. Es soll hier keinesfalls den Nicht-Siegern das Wort geredet werden, aber eine faire Punktewertung kann solche Resultate schon einmal hervorbringen. In der Formel 1 ist ein derartiger Meisterschaftsverlauf schon auf Grund der vielen Rennen unmöglich. Bei sechzehn Rennen ist es praktisch auszuschließen, dass am Ende ein Fahrer Weltmeister wird, welcher keinen einzigen Grand Prix gewonnen hat.

Mein Vorschlag für eine neue WM-Punktewertung basiert auf dem einfachsten denkbaren Prinzip: JEDER am Ende eines Rennens gewertete Fahrer erhält WM-Punkte, im schlechtesten Fall 1 WM-Punkt. Bei 22 Startern bekommt der Sieger eben 22 Punkte, der Zweitplatzierte 21, der Dritte 20 usw. bis zum möglichen Zweiundzwanzigsten der 1 WM-Punkt erhält. Damit wird die Leistung eines jeden Fahrers belohnt. Denn um ein Rennen zu Ende zu fahren, kann für einen Mittelständler oder Hinterbänkler oft mehr Anstrengung bedeuten, als für den Sieger.

Stehvermögen:
Die Piloten, die oftmals das Ziel erreichen, aber bisher nur wenige Punkte holten, bekämen deutlich Aufwind

Die Unterschiede zwischen dem tatsächlichen WM-Stand und meinem Vorschlag sind klar ersichtlich. Während sich bei den ersten zwei Plätzen nur der Punkteabstand verringert, wird Ralf Schumacher von Barrichello - zu recht, wie ich meine - vom dritten Platz verdrängt und wird auf Grund seiner seltenen Zielankünfte auf den sechsten Platz zurückgereiht. Alesi im positiven und Montoya im negativen Sinn haben die größten Platzierungssprünge gemacht. Keinesfalls soll Montoya seine Klasse abgesprochen werden. Aber das bisher Erreichte ist eben zuwenig für einen besseren WM-Stand. Alesi hingegen wird mit dem gegenwärtigen Punkte-System weit unter seinem Wert gereiht.

Immerhin ist er in allen bisherigen zwölf Rennen angekommen. Und das sollte auch honoriert werden. Ähnlich ist es bei Raikkonen und Button, während Burti sogar von einer Null-Nummer auf den 13. Gesamtrang vorrücken würde. Hakkinen würde allerdings vorläufig noch zu den großen Verlierern gehören, da auch seine Punkteanzahl nur auf wenigen Spitzenplätzen beruht. Womit wir wieder beim eigentlichen Thema wären. Was würden zu so seiner Wertung wohl die davon betroffenen Spitzenteams und Spitzenfahrer sagen?

Motivation:
Dadurch, dass man für jede Platzierung Punkte sammeln kann, wären die Fahrer besonders angespornt

Der Formel 1 täte mein Wertungsvorschlag jedenfalls gut. Die Punkteabstände würden geringer, die WM wäre nicht schon nach zwei Drittel der Rennen beinahe entschieden und alle Fahrer, speziell die der schwächeren Teams, würden dadurch motiviert, noch mehr Gas geben, als das bisher manchmal der Fall war, da sie ja jetzt in jedem Fall WM-Punkte einfahren könnten. Mehr Kampf im ganzen Starterfeld, heißt mehr Spannung für die Zuschauer und bedeutet schlussendlich eine interessantere Formel 1. Und kosten würde so eine Neuregelung nur einen Bruchteil von dem, was sonst verschleudert wird, um die Formel 1 "spannender" zu machen.

Ich möchte noch zwei weitere Möglichkeiten vorschlagen, um zusätzliche WM-Punkte zu bekommen:

ein zusätzlicher WM-Punkt für die Poleposition ein zusätzlicher WM-Punkt für die schnellste gefahrene Runde im Rennen Der WM-Punkt für die schnellste gefahrene Rennrunde dürfte aber nur vergeben werden, wenn der Fahrer das Rennen auch ordnungsgemäß zu Ende gefahren hat, wobei die Endplatzierung keine Rolle spielt (auch Mittelständler haben schon eine schnellste Runde auf den Asphalt geknallt).

Da das Qualifying ein wesentlicher, die schnellste Rennrunde zumindest ein interessanter Bestandteil eines jeden GP-Wochenendes ist, haben meines Erachtens derartige Zusatzpunkte durchaus ihre Berechtigung. Derartige WM-Zusatzpunkte - insgesamt 32 Punkte bei 16 Rennen! - könnten am Ende den Ausgang der Weltmeisterschaft entscheidend beeinflussen. Es ist zu erwarten, dass bei einer solchen Regelung jeder Fahrer und jedes Team versuchen würde, bei jedem Training und bei jedem Rennen noch einmal ein Extraschäuferl nachzulegen.

Ihr Hans-Peter Voglhuber

Die WM-Stände im Vergleich

aktueller WM-Stand
Voglhuber's WM-Stand
Pos.
Fahrer.
Pkt.
Fahrer
Pkt.
1.
Schumacher M.
84
Schumacher M.
216
2. Coulthard 47 Coulthard 181
3. Schumacher R. 41 Barrichello 181
4. Barrichello 40 Alesi 165
5. Hakkinen 19 Raikkonen 130
6. Montoya 15 Schumacher R. 124
7. Villeneuve 11 Verstappen 124
8. Heidfeld 10 Heidfeld 120
9. Trulli 9 Villeneuve 119
10. Raikkonen 9 Panis 114
11. Frentzen 6 Button 111
12. Panis 5 Hakkinen 109
13. Irvine 4 Burti 103
14. Fisichella 4 Trulli 100
15. Alesi 4 Fisichella 89
16. Button 2 Frentzen 85
17. Verstappen 1 Irvine 78
18. de la Rosa 1 Alonso 61
19.     Montoya 61
20.     Marques 52
21.     de la Rosa 52
22.     Bernoldi 49
23.     Zonta 16
24.     Mazzacane 12

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