Hans Peter Voglhuber's Kolumne | 25.04.2002
F1-WM 2002: (Ferrari)-Business as usual...
Die Formel1-Weltmeisterschaft 2002 ist bisher nicht besonders spannend, dafür aber höchst interessant...
Hans Peter Voglhuber
Unermüdlich haben die Rennställe und Autokonzerne im Vorfeld der Formel1-Saison Sprüche geklopft, dass den Fans beinahe die Augen steckengeblieben und die Ohren abgefallen wären. Und wieder wurde einmal weit mehr versprochen, als dann gehalten werden konnte. Groß angekündigte technische Revolutionen erwiesen sich am Ende als doch nicht so groß und revolutionär und manche innovative Weiterentwicklung entpuppte sich als Flop. Dem Großteil des Starterfeldes bleibt schon jetzt nur mehr der olympische Gedanke: „Dabei sein ist alles!“
Schuld daran ist unter anderem das Weltmeister-Team von Ferrari, welches sich erlaubt hatte, dort weiterzumachen, wo es zu Saisonende aufgehört hatte. Nicht nur, dass die Italiener zu Saisonbeginn ein sehr gutes „altes“ Auto an den Start brachten, auch der 2002er-Jahrgang scheint ein guter zu sein. Dass der Renner inzwischen zur roten Göttin hochgespielt wurde, liegt einzig und allein an der Konkurrenz, die bis jetzt meistens hinten nachgefahren ist.
BMW Williams:
immer wieder bremst sich das Team durch lästige Eigenfehler selbst aus
Trotzdem zeigt sich BMW Williams entschlossen, den WM-Titel bereits heuer erringen zu wollen. Und eigentlich hat BMW Williams alle Voraussetzungen, die roten Renner tatsächlich einzufangen. Aber eben nur eigentlich. Denn immer wieder bremst sich das Team durch lästige Eigenfehler oder Ungereimtheiten selbst aus. So etwa in Brasilien, wo Ralf Schumacher eine offensichtliche „familiäre Beißhemmung“ zu haben schien, so brav folgte er seinem großen Bruder bis ins Ziel. Und Montoya ist zwar meistens schnell, aber zuwenig beständig. Der Schumacher-Ferrari vor Juan Pablo Montoya? Ein Mann sieht rot!
Nicht ganz soviel rot sahen bisher die McLaren Mercedes, welche sich bisher unfreiwillig vornehm zurückhielten und daher die Roten aus Maranello nicht ganz so großformatig zu Gesicht bekamen, wie ihre Kollegen von Williams. Dass bei McLaren schon längere Zeit nicht mehr alles im Lot war, kündigte sich bereits in den letzten beiden Jahren an. Es kann sich eben niemand ewig an der Spitze halten. Da weder McLaren noch Mercedes sich derartige „normale“ Talfahrten leisten wollen, schwingen sie wie wild die Technikkeule. Bisher haben sie entgegen ihre Verhältnisse jedoch ganz schön oft danebengehauen.
Positive Überraschung: Renault hat gute Chancen auf den einen oder anderen Stockerlplatz...
Renault ist für mich nicht wirklich überraschend. Denn auch in diesem Team ist die Entschlossenheit deutlich zu spüren, ehest vorn mitzufahren. Für Renault ist es geradezu Pflicht, auf Anhieb halbwegs mitzumischen. Leider hat Jarno Trulli noch nicht zu seiner Form gefunden, ganz im Gegensatz zu seinem doch recht glücklich herumkurvenden Teamkollegen Button. Renault hat in dieser Saison gute Chancen auf den einen oder anderen Stockerlplatz.
Was von Jaguar nicht erwartet werden kann. Die Raubkatzen aus England sind besser platziert, als dies das Material vermuten lässt. Der Jaguar ist eine Krücke und kann somit leicht zum Sargnagel für Niki Lauda werden. Daran sollten auch der neue Aerodynamiker und der neue Windkanal nicht mehr viel ändern können. Ich kann mir gut vorstellen, dass in absehbarer Zeit der Name Jaguar überhaupt aus dem F1-Zirkus verschwindet und mit Ford/Cosworth der nächste „reinrassige“ Markenbolide ins Rennen geschickt wird.
Toyota: Das Vehikel ist konventionell, die Tiefstapeleien Gustav Brunner´s sind peinlich...
Auch bei Sauber lief bisher nicht alles so, wie es auf Grund der Performance dieses Teams möglicherweise hätte laufen können. Trotzdem ist für dieses Team noch allerhand drin. Schade ist nur, dass Peter Sauber sich und sein Team auf gute Plätze programmiert hat. Natürlich ist der Griff nach dem WM-Titel illusorisch, aber andererseits ist man nur „Füllmaterial“ für das Starterfeld.
Minardis WM-Punkte sind der absolute Hit, da sie eine echte Rarität darstellen. Ich bin überzeugt, dass der Minardi mit einem stärkeren Herz und einem stärkeren zweiten Fahrer gar manchen Rennstall ärgern würde.
Toyota hat mich bisher enttäuscht. Aber noch enttäuschender, als dieses durch und durch konventionelle F1-Vehikel sind die beinahe schon peinlichen Tiefstapeleien von Gustav Brunner. Schließlich ist Toyota ein Weltkonzern mit jahrzehntelanger Rennerfahrung und Erfolgen auf der ganzen Welt in den verschiedensten Rennformeln. Ich kann mir gut vorstellen, dass auch den Toyota-Leuten Gustav Brunners geradezu „heilige“ Bescheidenheit einmal zuviel wird.
Jordan: auf das ehemalige Sieger-Team kommen harte Zeiten zu
Arrows ist zwar bisher noch nicht auf Touren gekommen, trotzdem traue ich dem Team übers Jahr gesehen doch mehr zu, als BAR und Jordan. Während jedoch BAR noch nie wirklich auf dem Weg nach oben war, sah es für Jordan eine Zeit lang nicht schlecht aus. Seit der letzten Saison scheint aber ziemlich der Wurm drin zu sein.
Frentzen hatte das erkannt und damit auch nicht hinter dem Berg gehalten. Dass das Austauschen eines kritischen Fahrers für künftige Erfolge zuwenig ist, zeigt sich jetzt. Auf Eddie Jordan dürften jedenfalls harte Zeiten zukommen.
Die Saison 2002 hat in jedem Fall interessant begonnen. Spannend wird diese F1-Weltmeisterschaft aber erst dann, wenn ein Team zu Ferrari aufgeschlossen oder dieses sogar überholt hat.
Ihr Hans-Peter Voglhuber