Hans Peter Voglhuber's Kolumne | 15.02.2002
Fans und Fans
Dieses Mal dreht sich alles um den Formel 1 Fankult, Hans Peter Voglhuber liefert den ein oder anderen Denkanstoß für allzu fanatische Fans.
Hans Peter Voglhuber
Gratwanderung:
Begeisterung für eine Sache ist in Ordnung, solange das Ganze nicht in Fanatismus ausartet
In den 50er und 60er Jahren waren wir glühende Verehrer von allen möglichen Stars aus Musik, Film und Sport. Der Begriff Fan war im deutschsprachigen Raum noch nicht „in“. Damals zählte in erster Linie, ob etwas „geil“ war oder „geil“ aussah und nicht allein eine bestimmte Marke.
Mit den 70ern kam dann der Marken-Wahn. Und seither haben es die Wirtschaft, Medien und auch die Politik geschafft, einen Großteil der Bevölkerung immer mehr in diesen Wahn hineinzutreiben und damit Menschen zu polarisieren. Dieses Polarisieren mag zwar gut fürs Geschäft sein, ansonsten schadet es nur.
Dabei gibt es überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn jemand auf etwas steht, für etwas schwärmt, von etwas begeistert ist. Aber wenn Begeisterung zum alleinigen Lebensinhalt oder zur „Religion“ ausartet, dann ist das einfältiger Fanatismus und nicht selten gefährlich.
Der wahre F1-Fan:
Wer sich als echter Fan versteht, der muss auch die Mitbewerber gelten lassen, ohne Konkurrenz gäbe es schließlich auch keinen Wettbewerb
Womit wir bei der F1-Fangemeinde wären. Der echte F1-Fan lässt neben seinen Idolen und Lieblingsautos auch die Mitbewerber gelten, denn ohne Mitbewerb kann es keinen Bewerb geben. Deswegen muss niemand jeden Fahrer oder jeden Rennstall gleich gern mögen, es hat aber auch niemand das Recht, beleidigend über andere Rennställe, Fahrer oder deren Fans herzuziehen.
Zu dieser unguten Fan-Feindschaft und Polarisierung der Fan-Lager tragen die Rennställe mit ihren oftmals schwer bis gar nicht nachvollziehbaren Werbe- und PR-Aktionen wesentlich bei. Ähnlich wie bei den Hollywood-Filmen wird heute auch in der F1 für die Werbung beinahe ebensoviel ausgegeben, wie für das F1-Produkt selbst.
Die Grenzen von Werbebotschaft und „Fan-Service“ einerseits und massiver Gehirnwäsche andererseits sind diesbezüglich für mich fallweise nicht mehr wahrnehmbar. Schon gar nicht, wenn ich sehe, höre und lese, mit welchem Fanatismus sich dann sogenannte Fans für „ihr“ Team in die Bresche hauen und zumindest verbal regelrecht bekriegen.
Da mutieren die „eigenen“ Fahrer, Konstrukteure und Teamchefs– meist ohne deren Wissen - zu „Du-Freunden“, die Konkurrenz zu Dodeln und Nichtskönnern und die „feindlichen“ Wagen zu Gurken und stotternden Pfeilen. Das ist schade, denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Und so wie im Leben andere Mütter auch schöne Töchter haben, so haben andere Rennställe auch gute Autos und fähige Fahrer.
Wer den Rennsport wirklich schätzt, der interessiert sich auch für die weniger erfolgreichen Außenseiter. Allein die Tatsache, in der Formel1 mitfahren zu können, ist eine Riesenleistung, die mancher kleinkariert denkende „Fan“ offenbar nicht in der Lage ist, zu verstehen. Genau sowenig, wie es offenbar nicht jeder „Fan“ kapiert, dass es normalerweise zwar immer nur einen Sieger geben kann, die auf die Plätze verwiesene Konkurrenz aber deswegen noch lange nicht deppert und schwach sein muss.
Fan, nicht Krieger:
Die Formel 1 besteht aus mehr als nur einem Fahrer oder Team, das sollte man nicht vergessen
Das Glück ist ein Vogerl – auch in der Formel 1. Und Glück braucht es nicht nur bei den Rennen, sondern auch schon bei der Entwicklung eines neuen Wagens. Wenn auch heute alles und jedes berechnet wird, am Ende zeigt sich immer wieder, dass mancherorts trotz vieler Millionen ganz schön danebenkonstruiert wurde.
Der echte F1-Fan setzt sich damit sachlich auseinander. Auch wenn ihm dabei vieles nicht passen sollte. Somit wäre auch die Sache mit der unbedingten „Nibelungentreue“ einmal zu überlegen, nicht nur im Rennsport. Schließlich muss erlaubt sein, was Spaß macht und gefällt, sofern es andere nicht stört oder schadet. Wieso sollte es daher verwerflich sein, einmal das Team zu wechseln? Fahrer, Rennleiter, Konstrukteure und sogar Mechaniker tun das. Mein Leben für Ferrari, für Mercedes oder für sonst was?! Für mich ist das schlichtweg Blödsinn.
Abgesehen davon ist es sicher interessanter, die Fan-Artikel und Rennwagen-Modelle der ganzen Formel1 zu sammeln, als immer nur von einem einzigen Rennstall. Würde ein Modellbauer immer nur ein und dasselbe Modell bauen, würde man an seinem Verstand zweifeln oder dahinter eine ausgebuffte Aktion vermuten. Beim einseitig denkenden Fanatiker-Fan darf gezweifelt werden.
Also! Die Sympathien für Fahrer und Teams sind ohnehin längst vergeben, lasst uns gespannt der neuen F1-Saison entgegenfiebern. Und sollte der persönliche Favorit nicht gewinnen, dürfen wir uns trotzdem freuen. Denn für den echten F1-Fan besteht der Formel1-Zirkus aus mehr als bloß einem Fahrer und einem Team. Schließlich heißt es ja Formel1-Fans und nicht Formel1-Krieger.
Ihr Hans-Peter Voglhuber