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Hans Peter Voglhubers Kolumne

Ein Salut für Kimi Raikkönen - die F1-Schachweltmeisterschaft ist zu Ende

Für Hans-Peter Voglhuber war Massas "Verbremser" in Brasilien "ein Beschiss am Publikum", aber auch die FIA bekommt gehörig eingeschenkt...

Hans-Peter Voglhuber

Dass Felipe Massa sauschnell sein kann, wusste die F1-Fangemeinde schon seit geraumer Zeit, aber dass er auch ein begnadeter „Verbremser“ ist, steht erst seit dem WM-Finale fest. Offensichtlich sind gerade die brasilianischen F1-Piloten bezüglich des „Königmachens“ besonders talentiert, wie man ja früher auch beim Duo Schumacher / Barrichello feststellen konnte. Der „Verbremser“ von Massa beim letzten Grand Prix der Saison war geradezu genial. Zur rechten Zeit, am rechten Ort und lang genug, dass Ferrari dann bei den Boxenstopps nicht mehr allzu viel „korrigieren“ musste.

Das sollte keineswegs die Gesamtleistung von Kimi Räikkönen schmälern. Bei all dem Pech, das er in der Vergangenheit gehabt hat, könnte man diesen WM-Titel durchaus als ausgleichende Gerechtigkeit bezeichnen. Leider haftet diesem im Grunde verdienten Titel genauso der Geruch der Manipulation an, wie dies schon früher bei einigen WM-Titeln der Fall war.

Die „ehrliche“ Aussage von Ron Dennis, dass er Verständnis für die Ferrari-Taktik hat und McLaren–Mercedes in dieser Situation wohl genauso gehandelt hätte, ist zwar lobenswert, aber sie ist auch gleichzeitig eine Bankrotterklärung des Rennsports, wo immer der Beste, der Schnellste gewinnen sollte. Derartige „Taktik“ im Rennsport ist nämlich der volle Beschiss am Publikum.

Mir kann es egal sein, denn ich habe auf Kimi Räikkönen gesetzt und von meinem Chef, sprich meiner Lebensgefährtin, eine Flasche Sekt gewonnen. Allerdings hatte ich dabei ein anderes Szenario im Kopf gehabt, als das, welches schlussendlich zum WM-Titel von Räikkönen geführt hat.

Als positiv kann angemerkt werden, dass die WM wenigstens teilweise wegen der fallweise gravierenden Fehler der Teams und der Fahrer so besonders spannend geworden ist. Den alles entscheidenden Rest besorgte allerdings wieder die FIA.

Apropos FIA; - diese machtvolle Kabarettistentruppe wird sich noch selbst entsorgen, wenn sie so weitermacht. Allein was die FIA in der sogenannten Spionageaffäre aufführte, war eine schlechte Schmierenkomödie. Aus meiner Sicht wäre, wenn ich einmal den üblichen Gepflogenheiten der FIA folge, der Ausschluss von McLaren-Mercedes die logische Folge gewesen.

Das aber hat die FIA nicht gewagt, denn dann hätte die Posse „Ferrari allein zu Hause“ gespielt werden müssen und das wäre der Totalabsturz der Formel1 gewesen. Mit der Streichung der Konstrukteurspunkte und der wahnwitzigen Geldstrafe zeigte die FIA wohl Muskeln, aber kein Hirn. Es ist mir unbegreiflich, dass McLaren-Mercedes diesen Brocken geschluckt hat. Das nenne ich wahre Narrenfreiheit.

Ich meine, dass Werks- und Industriespionage die FIA gar nichts angeht. Das ist ausschließlich, ganz wie im richtigen Leben, ein Fall für Zivilgerichte, was heißt, dass Ferrari die McLaren-Mercedes-Truppe vor einem ordentlichen Gericht hätte verklagen müssen. Die FIA wäre gut beraten, dass sie sich besser um ein vernünftiges F1-Reglement kümmert, anstatt immer noch unsinnigere Regeln aufzustellen.

Womit wir bei der Spritgeschichte wären. Sollten Williams und BMW tatsächlich und klar gegen die Spritregel verstoßen haben, müssten die betroffenen Wagen jeweils um zehn Plätze zurückgereiht oder überhaupt disqualifiziert werden. Damit wäre Hamilton Weltmeister. Wahrscheinlich wird jedoch die FIA in bewährter Manier ihren eigenen Spielregeln wieder untreu werden und die Teams entweder freisprechen oder inkonsequenterweise mit einer Geldstrafe belegen.

Dass Ron Dennis Protest eingelegt hat ist nicht nur sein gutes Recht, sondern seinem Team gegenüber sogar absolute Pflicht. Dennoch kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es ihm nach den ganzen Ferrari-Spionagetroubles ein ganz besonderes, persönliches Bedürfnis ist, auf diesem Weg Ferrari noch einmal in die Suppe zu spucken, wenngleich er sich wahrscheinlich sicher ist, dass der Protest am Endergebnis nichts mehr ändern wird.

Trotz aller Rechtmäßigkeit finde ich die ganze Geschichte zum Kotzen. Würde die FIA erst gar nicht so perverse Regeln aufstellen, könnte sie sich, den Teams und den Rennsportfans viel Ärger ersparen. Der Regulierungsdrang der FIA-Leute scheint mir schon pathologisch zu sein.

In der Gesamtheit gesehen darf sich Lewis Hamilton zumindest als moralischer Weltmeister sehen, obwohl er selbst auch dazu beigetragen hat, dass er eben nicht der jüngste F1-Weltmeister aller Zeiten geworden ist. Im letzten und entscheidenden Rennen wurde er leider ein Opfer von Murphys Gesetz, was in etwa besagt, wenn es schief geht, dann geht alles schief, was nur schief gehen kann.

Auf Aussagen wie „er ist ja noch jung, er kann noch oft Weltmeister werden“ wird der Youngster wohl gut verzichten können, denn das sind lediglich dahingeplapperte Worthülsen, welche von Politikern stammen könnten. Im konkreten Fall hörte ich diesen Spruch allerdings von Herrn Stuck, welcher sich diesbezüglich insofern leicht redete, weil er selbst während seiner F1-Zeit nie in eine derartige Lage gekommen war.

Über Fernando Alonso mag man denken was man will, seine fahrerische Klasse macht auch ihn zu einem Ausnahmekönner. Dass er diesmal den Ferraris nicht Paroli bieten konnte, lag sicher am allerwenigsten an ihm. Alonsos Schwächen liegen wohl eher im menschlichen Bereich.

Sollte der Spanier tatsächlich McLaren-Mercedes verlassen, dann wäre das seiner Karriere ganz sicher nicht förderlich, denn auch nächstes Jahr sollte der Weltmeister wieder aus dem roten oder silbernen Team kommen, wobei jedoch BMW ebenfalls eine kleine Chance haben könnte.

In diesem Sinne wünsche ich - wenn auch leicht verfrüht – allen F1-Fans ein schönes Weihnachtsfest, einen guten unfallfreien Rutsch ins kommende Jahr und jede Menge Vorfreude auf eine hoffentlich spannende und lupenreine F1-WM 2008, auf dass der grüne Tisch unbenützt bleibe.

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