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Elektro-Shuttle

Der elektrische Antriebsstrang vom Leaf, die Karosserie vom Kastenwagen NV200. Wir testen den elektrischen, fünfsitzigen Nissan e-NV200.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Sabine Sommer

„Können Sie sich vorstellen, an der Tankstelle nichts bezahlen zu müssen?“, fragt Automobilhersteller Nissan auf seiner Website – und trifft damit voll ins Schwarze. Denn es gibt wohl nur wenige Menschen, die sich das nicht gerne vorstellen wollen.

Es handelt sich dabei aber nicht nur um eine rhetorische Frage, denn Nissan verspricht im gleichen Absatz: „Besitzer eines Nissan e-NV200 Evalia können bei bestimmten Nissan-Händlern ihr Fahrzeug in knapp 30 Minuten aufladen – kostenlos. Möglicherweise befindet sich auch in ihrer Stadt eine solche Gratis-Ladestation.“ Nun: Ladestation ist nicht Ladestation – und vor allem Schnellladestationen muss man gezielt suchen – doch dazu später.

Sicher ist: Der Nissan e-NV200 Evalia ist nach dem Leaf das zweite reine Stromauto des japanischen Herstellers, der Leaf ist zurzeit das meistverkaufte Elektroauto weltweit – sein Stromantriebsstrang wurde mit dem bereits bekannten Kastenwagen NV200 kombiniert.

Während die zweisitzige, verblechte Elektro-Variante für Handwerker und Lieferanten gedacht ist, sollen Personentransportunternehmer und auch Privatpersonen die von uns getestete Version „Evalia“ in Anspruch nehmen, die es derzeit nur in der Topausstattung „Tekna“ gibt.

In dieser sind inkludiert: Leichtmetallfelgen, elektrisch einstellbare Außenspiegel, Fahrer- und Beifahrersitz beheizbar, beheizbares Multifunktionslenkrad, ESP, Klimaautomatik, schlüsselloser Zugang, Multimedia-System mit 7-Zoll-Touchscreen, Navigation, Sprachsteuerung, Bluetooth, USB- und Audioeingang (iPod-kompatibel), Licht- und Regensensor, Fernsteuerung von Laden und Klimatisierung via App.

Gleich um 16 Zentimeter ist der elektrische NV200 länger als die herkömmliche Ausführung, was daran liegt, dass im Vorderwagen das Ladegerät untergebracht werden musste. Das Interieur wirkt für einen Kastenwagen ziemlich luxuriös, viele Elemente wie etwa die Mittelkonsole oder den Tacho kennt man bereits aus dem Leaf.

Bis zu sieben Personen können transportiert werden, was den Evalia als idealen Shuttle-Bus etwa für Hotels empfiehlt. In der fünfsitzigen Variante, wie wir sie getestet haben, stehen satte 3,1 Kubikmeter Ladevolumen zur Verfügung, wenn die hinteren Sitze umgeklappt werden, mit fünf Passagieren sind es immer noch 2,3 Kubikmeter. Und: Mit nur 52 Zentimetern besitzt der Wagen die niedrigste Ladekante der gesamten Klasse.

Der Elektromotor verfügt über 109 PS, wie schon beim Leaf wird der Motor per Knopfdruck gestartet – dass er bereits läuft, ist lediglich an den Armaturen zu erkennen.

Da der Kastenwagen rund 1,5 Tonnen wiegt, spürt man zwar immer noch sein beachtliches Drehmoment von 254 Nm, dennoch bewegt er sich naturgemäß weniger spritzig vom Fleck, als wir das beim Leaf erleben durften. Von 0 auf 100 km/h braucht man schon mal 14 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist mit 123 km/h deutlich geringer als beim Leaf.

Das höhere Gewicht hat aber auch einen Vorteil: Weil die Batterie für einen tiefen Schwerpunkt sorgt, liegt der Wagen in Kurven weitaus stabiler, als es bei anderen Autos über 1,8 Meter Fahrzeughöhe der Fall ist.

In Sachen Fahrwerk ist der e-NV200 ein „Zwitterwesen“: Vorne verrichten aufgrund des geringen Motorgewichts die MacPherson-Federbeine des Leaf ihren Dienst, hinten jedoch kommt jene Torsions-Starrachse mit Blattfedern zum Einsatz, die auch bei den Verbrennungsvarianten des NV200 implementiert ist - weshalb sich der Fahrkomfort in Grenzen hält, die Zuladung aber enorm ist.

Das einstufige Automatikgetriebe kann im Drive (D)- oder im Break (B)-Modus betrieben werden, letzterer verstärkt die Rekuperation – bei Bergabfahrten wird somit mehr Energie zurückgeholt. Auch der Eco-Modus ist uns bereits vom Leaf bekannt, er macht den e-NV200 zwar deutlich lahmer, dafür wird weniger Strom verbraucht und die Reichweite steigt.

Diese wird von Nissan beim Evalia mit 167 Kilometern beziffert. Doch Nissan gibt auch an, dass pro 100 Kilo Ladegewicht die Reichweite um je drei Prozent sinkt. Dazu kommen noch Faktoren wie die Außentemperatur oder der Betrieb der Klimaanlage hinzu.

Bei unseren Testfahrten kamen wir im Schnitt auf eine Reichweite von 137 Kilometer. Der durchschnittliche Verbrauch wird mit 16,5 Kilowatt auf 100 Kilometer angegeben, wir haben laut Bordcomputer 17,6 Kilowatt verbraucht.

Bei einem Preis von rund 30 Cent pro Kilowattstunde kommt man auf rund fünf Euro pro 100 Kilometer, was rund 40 Prozent weniger Verbrauchskosten als beim Diesel-Modell des Evalia bedeutet. Was die Servicekosten betrifft, liegt der Stromer zudem deutlich günstiger.

Im Internet gibt Nissan allein für den Raum Wien satte 297 Ladestationen an – auf der serienmäßigen Navigation wimmelt es nur so von Steckdosensymbolen - was aber auch daran liegt, dass sich in die Karte der Ladestationen jedermann mit einer Haushaltssteckdose als freiwilliger Spender eintragen kann.

Mit einer solchen dauert es zehn Stunden, bis der Wagen aufgeladen ist. Serienmäßig gibt es einen Ladeanschluss bis 3,3 Kilowatt, optional gibt es einen 6,6 Kilowatt-Anschluss, womit die Ladezeit nur noch vier Stunden beträgt.

Soll es deutlich schneller gehen, wird dies an einer Chademo-Gleichstrom-Schnellladestation in 30 Minuten auf 80 Prozent Ladekapazität erledigt - auf 100 Prozent wird deshalb nicht aufgeladen, weil das die Lithium-Ionen-Batterie schädigen könnte. Ein Novum ist jedoch die automatische Kühlfunktion beim Quick Charging – hier wird die Batterie mit Luft aus der Klimaanlage gekühlt.

Der von uns getestete fünfsitzige Nissan e-NV200 Evalia Tekna kommt auf 33.025 Euro, wenn die Batterie angemietet wird. Der Mietpreis beträgt in den ersten zwölf Monaten bei einer Laufleistung bis zu 10.000 Kilometern monatlich 111,16 Euro, ab 25.000 Kilometern Laufleistung kommt man im ersten Jahr auf monatliche 151,20 Euro.

Ab 36 Monaten und über 25.000 Kilometern zahlt man 127,20 Euro monatlich. Kauft man die Batterie, kostet der e-NV200 Evalia Tekno 38.925 Euro. Der optionale 6,6 Kilowatt-Anschluss kommt auf 1.056 Euro.

Plus
+ geringe Verbrauchs- und Servicekosten
+ großes Ladevolumen
+ niedrige Ladekante
+ wenig Fahrgeräusche
+ Batterie kauf- oder leasbar

Minus
- eingechränkte Reichweite
- hoher Kaufpreis

Resümee
Der elektrische Kastenwagen Nissan e-NV200 Evalia eignet sich als Fünfsitzer wegen seines relativ luxuriösen Interieurs optimal für Shuttle-Dienste und ist bei entsprechenden Lademöglichkeiten wie etwa in der Großstadt die denkbar günstigste Variante - im Betrieb, nicht aber in der Anschaffung.

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