
25 Jahre BMW Forschung und Entwicklung | 27.03.2010
Aus Freude am Tüfteln
Motorline.cc hat einen Blick hinter die Kulissen der BMW Forschungs- und Entwicklungsabteilung geworfen, ein spannender Streifzug durch 25 Jahre.
Im Jahr 1985 wurde die BMW Technik GmbH gegründet, das Aufgabengebiet lässt sich dem damaligen Vorstandsprotokoll entnehmen: „Die kürzlich gegründete BMW Technik GmbH hat die Aufgabe, frei von den Zwängen eines konkreten Serienanlauftermins neuartige, in die Zukunft gerichtete und originelle Fahrzeug-Gesamtkonzepte und Teilkonzepte zu entwickeln. Dabei werden jedoch stets serientaugliche Lösungen angestrebt.“
Was soviel heißt wie: Tobt Euch aus, aber so, dass BMW am Ende des Tages auch etwas davon hat. Das Aufgabengebiet der mittlerweile 200 Mitarbeiter ist äußerst umfangreich und breit gestreut, wie Motorline.cc bei einem Infotag in München miterleben durfte.
Eines der Kerngebiete ist das Thema „Efficient Dynamics“, sprich der effiziente Umgang mit Treibstoff sowie die Erforschung alternativer Antriebe. Nach wie vor steht das Thema „Wasserstoff“ hoch im Kurs, wenngleich aufgrund der mangelnden Infrastruktur beim Tanken vorerst keine weitere Fahrzeugflotte wie vom Vorgänger des 7er geplant ist.
Weltpremiere: BMW 1er Brennstoffzellen-Hybrid
Eine Weltpremiere gab’s ebenfalls zu sehen, einen 1er BMW als Brennstoffzellen-Hybridfahrzeug. Dass darin große Hoffnungen liegen, konnten die Verantwortlichen nicht verbergen. Das System beinhaltet einen herkömmlichen Vierzylinder-Benzinmotor sowie einen Elektroantrieb für den Stadtverkehr.
So weit, so gut, der Clou an der Sache ist die erwähnte Brennstoffzelle, die wie ein Kleinkaftwerk arbeitet und Wasserstoff zur Stromerzeugung für den Elektromotor nutzt. Durch den hohen Wirkungsgrad sind so mehrere hundert Kilometer rein elektrisch im Stadtverkehr möglich, Überland kommt weiter der Verbrennungsmotor zum Einsatz.
Engstellen-Assistent
Aber auch an neuen Assistenzsystem wird eifrig gearbeitet. So konnten wir bei unserem Besuch in München bereits einen Prototypen des Engstellen-Assistenten testen. Die Situation kennen wohl alle Autofahrer. Bei einer Autobahnbaustelle fahren Lastwagen mit Tempo 60 km/h auf der rechten Spur, PKW dürfen 80 km/h fahren.
Nun sind aber viele Autofahrer unsicher, ob der Platz zwischen Mittelleitwand und LKW groß genug ist um gefahrlos zu überholen. Der Engstellenassistent misst nun mittels Laser nach, ob der Platzbedarf ausreichend groß ist und zeigt dies auch optisch an. Darüber hinaus wird der Fahrer auch dank eine Lenkimpulses darauf hingewiesen, dass er entweder dem LKW oder der Leitplanke zu nahe kommt.
Nothalte-Assistent
In Entwicklung ist auch ein Nothalte-Assistent. Sollte der Fahrer z.B. auf der Autobahn einen Herzinfarkt erleiden, übernimmt der Assistent die Kontrolle über das Fahrzeug. Dabei wird auf den Abstand zu anderen Autos geachtet, ein Bremsvorgang eingeleitet und das Fahrzeug auf dem Pannenstreifen zum Stillstand gebracht.
Gleichzeitig werden die Einsatzkräfte vom Notfall informiert. Während der Engstellen-Assistent bereits in absehbarer Zeit zur Serienreife gebracht werden könnte, ist der Nothalte-Assistent aber noch Zukunftsmusik. Bereits Realität ist der Track-Trainer.
Verschiedene in das Fahrzeug eingespeiste Parameter erlauben auf vordefinierten Strecken – z.B. Rennstrecken – ein vollautomatisiertes Fahren. Diese Autos kommen beim BMW Fahrertraining bereits zum Einsatz und helfen den Fahrern beim Finden der idealen Linie.
Car to Car Kommunikation
In der Zukunft angesiedelt ist die Car2Car-Kommunikation. Dabei können nicht nur in Verbindung mit Verkehrsampeln individuelle, grüne Wellen geschaltet werden, auch Gefahrensituationen werden rechtzeitig erkannt. Und auch eine präventive Warnung z.B. vor Glatteis ist möglich.
Erkennen die Sensoren vorausfahrender Fahrzeuge Straßenglätte, so werden die Fahrer dahinter über die Gefahr informiert. Das System ist aber natürlich nicht auf BMW-Fahrzeuge beschränkt, sondern soll in Zukunft alle Verkehrsteilnehmer vernetzen.
Außenstelle im Silicon Valley
Die BMW Forschung und Technik GmbH, wie sie seit 2003 heißt, verfügt auch über eine Außenstelle in den USA. Im Technologiezentrum Silicon Valley in Palo Alto versucht eine Gruppe an Ingenieuren dem Puls der Zeit möglichst nahe zu sein.
Dort werden unter anderem Smartphone-Applikationen programmiert oder andere IT-Trends auf ihre Nachhaltigkeit untersucht. Dort wurde zum Beispiel auch die Integration des iPod in die Fahrzeugelektronik entwickelt, die es dem User möglich macht, mittels iDrive & Co direkt auf die Musikdaten zuzugreifen. Auch das Head-Up-Display wurde dort entwickelt.
Erstes Werkstückk: BMW Z1
Das Augenmerk der BMW Forschungsabteilung liegt aber nicht nur bei einzelnen Fahrzeug-Komponenten. Gleich das erste Werkstück der neu gegründeten Abteilung wurde eine Legende, der BMW Z1 Roadster. Dass es komplette Autos in die Serie schafften, sollte allerdings eine Ausnahme bleiben.
Vielmehr stellte Die Abteilung eine Vielzahl an Konzeptstudien auf die Räder, von denen es immer wieder einzelne Komponenten bis zur Serienreife schafften. Um die Kreativität zu fördern, gab es so genannte U-Boot-Projekte. Jeder Mitarbeiter hatte umgerechnet 2.500,- Euro zur Verfügung, die er in sein persönliches Projekt stecken konnte.
War das Budget aufgebraucht, musste das U-Boot auftauchen. Und dann wurde entschieden, ob das Projekt weiter verfolgt werden sollte oder nicht. Um ein Haar hätte es ein weiteres dieser Projekte in die Serie geschafft. Der BMW Z21 Just 4/2 wurde 1995 auf der Tokio Motorshow erstmals gezeigt.
BMW Just 4/2: X-Bow-Vorfahre
Wirft man heute ein Blick auf die zwei gebauten und fahrfertigen Autos, so könnte es sich vom Konzept her um einen Vorgänger des KTM X-Bow handeln. Damals setzte man auf einen leichten Alurahmen, freistehende Räder, kein Dach und keine Windschutzscheibe. Der nur 550 kg leichte Roadster wurde von einem 100 PS starken Motorradmotor angetrieben, sechs Sekunden auf Tempo 100 km/h und 180 km/h Spitze klangen vielversprechend.
Allerdings stand ausgerechnet zu dieser Zeit auch das Debüt des BMW Z3 Roadster ins Haus und aufgrund der zu erwartenden Absatzzahlen bekam der Z3 damals auch den Zuschlag vom Vorstand. Im Fundus der BMW Forschung und Technik GmbH finden sich auch einige Kuriositäten wie etwa die Coupé-Version des BMW Z1 oder den Z18.
BMW Z18: Gelände-Roadster
Der Z18 ist ein Fahrzeug, dessen Nische bis heute noch nicht erschlossen wurde, die des offenen SUV’s. Der Geländeroadster erinnert optisch etwas an ein Boot, Allradantrieb und ein 355 PS starker Achtzylinder versprachen abseits der Straße jede Menge Spaß. Zudem überraschte die Variabilität, Zweisitzer, Viersitzer oder Pickup in nur einem Fahrzeug.
Zweifelsohne wichtigstes Fahrzeug der Forschungs- und Entwicklungsabteilung war der Z22. 70 technischen Neuheiten und 61 eingetragene Erfindungen kamen am Ende heraus, anfangs überwog vielerorts aber die Skepsis. Alleine das Konzept war eine große Herausforderung. Man wollte ein Fahrzeug mit den Außenmaßen eines 3er BMW mit dem Radstand eines 7er und dem Innenraum eines 5er.
Z22: Wichtigster Technologieträger
Was zunächst nach der Quadratur des Kreises klingt – und auch etwas an den neuen BMW 5er GranTurismo erinnert – trieb den Ingenieuren den Schweiß auf die Stirn. Highlights waren Features wie Steer-by-wire und Brake-by-wire (Übertragung mittels elektrischer statt mechanischer Impulse), Head-Up-Display, Kameras statt Rückspiegel uvm.
Aber auch der gesamte Fahrzeugaufbau war Neuland. Der Rahmen wurde von der Fahrgastzelle getrennt, zum Einsatz kamen ultraleichte Verbundwerkstoffe aus dem Flugzeugbau. Diese erwiesen sich anfangs allerdings als völlig Crash-ungeignet, da er grob splitterte. Der kohlefaserverstärkte Kunststoff wurde allerdings weiter entwickelt und perfektioniert.
Und obwohl dieses umfangreiche Konzeptauto bereits vor rund zehn Jahren gebaut wurde, so wird nach wie vor auf einzelne Entwicklungen wie z.B. Steer-by-wire zurückgegriffen. Man darf also gespannt sein, welche Entwicklungen die nächsten Jahre so bringen, die Abteilung Forschung und Technik ist jedenfalls mit Sicherheit ein äußerst spannender Arbeitgeber.