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Flaggschiff

Mit dem Führungsschiff lenkt der Admiral seine Kapitäne und steuert als Diplomat die Geschicke seiner Flotte. Ob der Insignia das im Sinne seiner Ahnen hinbekommt, testen wir anhand des 200-PS-Benziners.

Text und Fotos: Johannes Toth

Admiral, Kapitän und Diplomat waren lange Jahre die größten und elegantesten Modelle mit Premium-Anspruch aus dem Hause Opel. Nach einigen eher unrühmlichen großen Modellen aus Rüsselsheim möchte der Insignia – nun bereits in der zweiten Generation – spürbar wieder dorthin. Und ja, das Erbmaterial ist volley übernommen, wird mit modernen Erfordernissen und neuen Ideen ordentlich aufgefettet.

Sowohl Exterieur als auch Interieur haben in der zweiten Generation an Schärfe zugelegt. Im wahrsten Sinn des Wortes. Es gibt weit mehr Ecken und Kanten und Sicken, die den Insignia individueller und aggressiver aussehen lassen. Die Opel-Designer sind hier am Punkt der Zeit angelangt. Wiewohl die Coupé-Linie ihre Opfer fordert. Zum Einsteigen hinten müssen Erwachsene den Kopf einziehen. Einmal drin, ist jedoch genug Platz für Kopf und Beine.

Auf Grund der sehr schrägen Lage des Heckfensters wirkt die Sicht nach hinten ein bisschen wie der Blick aus einer Schießscharte und wir würden uns da auch manchmal einen Heckscheibenwischer wünschen. Der Kofferraum ist für ein 4,9 Meter langes Schiff im Klassenvergleich mit 490 Litern nicht gerade üppig, aber durch die große Klappe gut zugänglich.

Die Armaturen führen uns gefühlvoll in die Zukunft. Kein Cinemascope-Breitbild-Schirm, sondern ein angenehmer Mix aus analog und digital. Wobei die digitalen Teile vielfach konfigurierbar sind. Eine Anzeige darunter ist als eher kurios zu bezeichnen: das Voltmeter. Besonders hervorzuheben ist jedoch die Opel-spezifische Anzeige des Folgeabstands zum Vordermann in Sekunden. Denn ein ausreichender Sicherheitsabstand gewährleistet einen ausreichenden Bremsweg.

Und der wird von den meisten Fahrern unterschätzt, wie die tägliche Beobachtung zeigt. Kaum jemand will sich noch an sein Fahrschulwissen erinnern. Hier eine schnelle Nachhilfe: unter 50 km/h reicht 1 Sekunde, zwischen 50 und 100 km/h sind 2 Sekunden ideal, darüber sollten es 3 Sekunden sein. Alles natürlich nur bei optimalen Fahrbahn- und Sichtverhältnissen, sowie abhängig davon, welche Bremsen der Vordermann hat. Kurz gesagt: Folgen wir mit einem vollbeladenen alten Kombi im November-Nieselregen einem Sportwagen, sollten wir den Sicherheitsabstand noch großzügiger wählen.

Das Lenkrad fühlt sich gut an und lässt sich ergonomisch perfekt bedienen. Beispielsweise ist die optionale Lenkradheizung nicht irgendwo am Armaturenträger links unten verschämt angebracht, sondern auch von der besten aller manchmal selber fahrenden Beifahrerinnen sofort und direkt am Lenkrad zu finden.

Es gibt zwar einen (relativ kleinen) Touchscreen, vieles wie zum Beispiel Lautstärke, Klimaanlage oder der „Zurück-Button“ kann aber noch über eigene Knöpfe bedient werden.

Das ist in der heutigen Welt der Tatsch-Schirme mit ihren zahllosen Untermenüs positiv hervorzuheben. Interessant, dass die Sitzheizung nicht nach jedem Start neu aktiviert werden muss, sondern sie sich ihren Status bis zum nächsten Start merkt und selbstständig wieder in Aktion tritt.

Die Bedienelemente sind logisch angeordnet und einfach zu finden. So gestaltet sich beispielsweise das Abbrechen einer Route des Navigationssystems mit direkter Anwahl sehr simpel. Die Sprachsteuerung funktioniert gut, könnte aber etwas schneller reagieren. Die Navigations-Software war im Testwagen nicht am neuesten Stand. Als wir die neue Autobahn A5 ab Mistelbach Richtung Norden fahren, empfiehlt es uns, umzukehren und befestigte Straßen zu benutzen.

Im Fahrbetrieb fühlt sich der Insignia sehr angenehm und agil an. Die Dämpfer sind straff, ohne hart zu sein. Sie stecken künstliche Fahrbahnaufdoppelungen anständig weg. Das Sechsstufen-Automatikgetriebe ist nicht hypermodern, macht aber alles gut und wählt die richtigen Schaltzeitpunkte. Die Gänge werden rucklos durchgereicht, wobei es neben der normalen Getriebeeinstellung noch Tasten für Tour – ein durchaus freundlichere Bezeichnung für „Eco“ – und Sport gibt. Außerdem kann über Schaltwippen am Lenkrad in das Schaltverhalten eingegriffen werden.

Wenn wir dabei den kleinen 1,6 Liter Motor hochdrehen, wirkt er schon mal ein bisschen rau und angestrengt. Für eine elegante Coupé-Limousine vergreift er sich damit im Ton. Aber das kommt halt vom Downsizing. Der Motor hat jedoch trotz der kleinen Kubatur 200 PS und 280 Nm Drehmoment. Das reicht für eine Beschleunigung des 1,5-Tonners in 8,2 Sekunden auf 100 km/h.

Praktisch ist die Auffindfunktion für Garagen oder nächtliche Großparkplätze. Wenn diese aktiviert wird, dann setzt ein wildes Blinken und aufgeregtes mehrmaliges Auf- und Abblenden ein. Der Insignia wedelt sozusagen mit dem Schwanz, wenn das Herrl kommt.

Den günstigsten Insignia Grand Sport gibt es mit 140-PS-Benzinmotor um 31.409 Euro. Für unseren Testwagen in "Dynamic"-Ausstattung mit dem stärksten Benziner und Automatikgetriebe sollte man 43.049 Euro bereitliegen. Freilich geht mit ein paar Sonderausstattungen immer ein bisserl mehr.

Als da empfehlenswert wären: die Lederausstattung um 1.945 Euro mit sehr guten ergonomischen Aktiv-Sitzen, die vielfach elektrisch verstellbar sind und auch über eine Massagefunktion verfügen.

Zum Aussteigen kann der Fahrersitz automatisch retour fahren, wenn der Motor stoppt. Nach dem bequemen Einsteigen muss aber über die Memorytaste – sozusagen händisch – der Sitz wieder nach vorne gefahren werden. Damit ist diese Einstellung ziemlich entwertet. Liebes Opel-Team: bitte umprogrammieren!

Sehr stolz ist man in Rüsselsheim auf das IntelliLux-LED-Matrix-Licht der adaptiven Scheinwerfer um 1.491 Euro. Die können ein weites Sichtfeld partiell ausleuchten und machen ordentlich hell, haben aber in unserem Test nicht immer richtig auf- und abgeblendet. Unerlässlich, weil sehr bequem und sicher: um 927 Euro ist die Frontkamera mit adaptivem Tempomat an Bord. Dieser gleicht die Fahrgeschwindigkeit und den Abstand an die Geschwindigkeit des Vordermannes an.

Außerdem ist hierbei noch die Gefahrenbremsung inkludiert, die in Notsituationen mit einem roten eingeblendeten Balken in der Windschutzscheibe plus eindringlichem Ton warnt, die Bremsanlage vorbereitet bzw. im Worst Case sogar eigenständig bremst. In unserem Test funktionierte der rote Balken mit Warngepiepse auch bei Radfahrern.

Bleibt nur mehr die Frage nach dem Durchschnittsverbrauch. Opel gibt 6,5 Liter auf 100 km an. Durch unsere Einspritzdüsen gluckerten bei kalten Temperaturen und einigen Kurzstrecken 7,9 Liter. Vorbildlich: beim Tanken muss sich niemand mehr die Hände mit einem Schraubverschluss schmutzig machen. Der Metall-Tankdeckel verschließt gleichzeitig den Einfüllstutzen.

Plus
+ großzügiges Raumangebot
+ klares Innenraumdesign mit schlüssiger Bedienbarkeit
+ fährt sich im Klassenvergleich freudvoll agil
+ knackiges Design, besonders mit dem OPC Line Sport-Paket
+ die mit dem deutschen Gütesiegel AGR ausgezeichneten Sitze fahren sich sehr angenehm

Minus
- Schalter für Innenbeleuchtung ist im Dunkeln schwer zu ertasten
- zum Öffnen des Kofferraumdeckels sind zwei Handgriffe nötig – bei verschmutztem Auto doppelt unangenehm

Resümee
Der Opel Insignia Grand Sport ist ideal für alle, die nicht das Image der drei Premium-Deutschen benötigen, aber trotzdem ein ansprechendes europäisches Fahrzeug lenken wollen. Damit ist er zum einen sicher eine gute Alternative für den Privat-Fahrer. Zum anderen auch für Fuhrparkchefs, die ihre Mitarbeiter zwar qualitätvoll auf die Reise schicken, sie aber gleichzeitig dezent auf den Hof rollen lassen wollen.

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