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Der Citroen 2CV wird 60

Das Auto des Monsieur Boulanger

Vom anspruchslosen Werkzeug zum Globetrotter und Kultobjekt: Vor sechs Jahrzehnten schüttelte die weltberühmte Ente erstmals ihre Federn.

Hier sehen Sie Bilder aus 60 Jahren Citroen 2CV!

Gemeinsam mit der „Cité des sciences et de l’industrie“ („Stadt der Wissenschaften und der Industrie“), dem größten Wissenschaftsmuseum Europas, feiert Citroën den 60. Geburtstag des 2CV - der „Ente“, wie sie optisch und lautsprachlich abgeleitet oft genannt wird (2CV = deux chevaux; deuche = Ente).

Auszug aus dem Lastenheft: Der 2CV soltle imstande sein, “einen Kartoffelacker zu überqueren, ohne die auf dem Rücksitz in einem Korb befindlichen Eier zu zerbrechen“. Der Zugang war jener des Weglassens: Wie kann man aus weniger mehr machen? - Das wird heute im Zeichen des Energiesparens immer relevanter.

Der 2CV hat vieles vorweg genommen, was in der Automobilindustrie heute noch bzw. schon wieder Geltung hat: das Bemühen, so gut als möglich die echten Bedürfnisse seiner Benutzer zu erfüllen; den Preis des Fahrzeugs so gering wie möglich zu halten; ein Fahrzeug mit angemessener Leistung, angemessenem Gewicht und vor allem mit geringem Verbrauch zu bieten; kurz: ein Auto für das Volk zu sein - aber kein „Volkswagen“, s'il vous plaît!

Mitte der 1930er...

„Front populaire“ („Volksfront“) verpflichtet: der „Volks-Wagen“ entspricht ganz dem Zeitgeist. In den Entwicklungsbüros arbeitet man heimlich an der Idee eines leichten, wirtschaftlichen Fahrzeuges. Es soll ein Auto ganz anderen Zuschnitts und ganz anderer Herstellungsart sein, billiger als die bisherigen Fahrzeuge jener Epoche.

Bei Citroën arbeitet Pierre Boulanger am Projekt „TPV“ (toute petite voiture = ganz kleines Fahrzeug). Die Marke träumt von einem Automobil, das so wirtschaftlich zu produzieren, zu nutzen und zu erhalten ist, dass es zu einem Preis verkauft werden kann, der die gesamte Konkurrenz herauszufordern imstande ist.

Das minimalistische Fahrzeug in Kürze: vier Plätze, 50 km/h schnell, 5 Liter auf 100 km, günstige Herstellung und günstiger Unterhalt. Fiat hat gerade seinen 500 Topolino auf den Markt gebracht, es gilt also, sich zu beeilen.

Gut versteckt!

Die offizielle Typisierung erfolgt am 23. August 1939 auf den Namen 2CV A. Einige Tage später jedoch setzt die Ausrufung des Zweiten Weltkrieges dem Programm ein jähes (aber nur vorläufiges) Ende. Der 2CV A wird vor unerwünschten Blicken versteckt – vor allem vor jenen der deutschen Besatzer, die ihrem eigenen Volkswagen gerade den letzten Schliff verpassen.

Er wird so gründlich versteckt, dass er erst im Jahr 1968, im Zuge von Bauarbeiten auf dem Versuchsgelände der Ferté Vidame, durch einen Zufall wiederentdeckt wird. Bei diesem 2CV A handelt es sich nicht um einen Prototypen, sondern um ein Serienmodell.

Insgesamt vier von hundert Exemplaren sind wieder im Besitz von Automobiles Citroën und werden in der Citroën-Sammlung konserviert. Einer davon ist in der „Cité des sciences“ zu sehen.

10 Jahre später...

...präsentiert Citroën beim Pariser Automobilsalon 1948 den 2CV erstmals offiziell der Öffentlichkeit. Für diese Verzögerung gibt es mehrere Gründe: den Krieg und den Mangel an Rohstoffen, aber auch die Überalterung der Maschinen sowie die Pläne der Regierung, welche jedem Hersteller eine bestimmte Kategorie an zu produzierenden Fahrzeugen zuweist.

Trotz des Spottes der Journalisten, die seine Leistungen anzweifeln und sich über seine spartanische Ausführung und die einheitlich graue Farbe lustig machen, begeistert sich die Öffentlichkeit in der Nachkriegszeit dermaßen für dieses kleine Auto, dass die Lieferzeit manchmal fünf Jahre erreicht.

Im Jahr 1951 kommt der Lieferwagen (Typ A) heraus, im Jahr 1956 bringt Citroën den 2CV AZL, eine Luxusversion mit großer, rechteckiger Heckscheibe und Stoffverdeck. 1966 wird der 2CV AZAM vorgestellt, eine noch weiter verbesserte Variante.

Varianten

Im Jahr 1970 wird die Palette noch einmal erweitert: mit dem 2CV 4 und 2CV 6 – beide können die 100 km/h-Marke überschreiten. Unmittelbar danach werden die „Rallye Raids“ organisiert, wie z.B. die berühmte Raid Paris-Kabul.

Eine Luxus-Variante des 2CV war der (oder die) Dyane mit integrierten Scheinwerfern und modernisierter Karosserie, quasi die Antwort auf den schärfsten Gegner des 2CV: Den 1961 vorgestellten Renault 4. Die Dyane (bis 1983) und ihre Kombiversion Acadiane (bis 1987) wurden vom „Urvater“ 2CV überlebt.

Auf Plattform des 2CV basierten der Ami 6 und Ami 8, größere Modelle mit extravagantem Styling. Für alle Offroader gab es die zweimotorige, allradgetriebene 2CV-Version Sahara (1958 bis 1966) und später den spartanischen Freizeitwagen Méhari. Der bekam allerdings erst 1979 seinen Allradantrieb.

Im Jahr 1981 schließlich kommt der 2CV „Charleston“ auf den Markt. Er ist mit seiner markanten Zweiton-Lackierung (zumeist in Weinrot oder Grau mit schwarzem Kontrast) das bekannteste der „2CV-Starlettes“.

Daneben gab es Marketing-Coups wie das Sondermodell „James Bond“ in Gelb (mit künstlichen Einschusslöchern!) im Zuge des Auftrittes eines 2 CV im Film „For Your Eyes Only“.

Am Schluss konnte nicht einmal mehr James Bond helfen: Gesetzliche Vorschriften wie Abgasbestimmungen, Crashtest- und andere Sicherheitsnormen läuten – wie auch für Käfer, Renault 4 & Co. - das Ende der 2CV-Ära ein.

Im Feber 1989 wird die französische Produktionslinie des 2CV geschlossen, und am 27. Juli 1990 um 16 Uhr läuft der 5,114.959. und letzte 2CV vom Produktionsband der portugiesischen Fabrik Mangualde.

2CV in der Werbung

„Die Straße ist schlecht? Wen interessiert das! Der 2CV braucht keine Straße, er kann auch auf Hohlwegen fahren, und mit ihm kommt man überall dort hin, wo andere keine Chance haben.“

„Vier echte Plätze, und für jeden Platz eine eigene Tür. Im 2CV hat jeder das Recht, so zu sein, wie er ist, sei er nun groß … oder dick …“

„Alle Gepäckstücke finden im hinteren Kofferabteil Platz, und in 6 Sekunden ist die hintere Sitzbank ausgebaut, sodass sich noch mehr Stauraum bietet. Die herausnehmbaren Sitze vorne und hinten sind besonders wertvoll für all jene, die gerne campen oder picknicken gehen: wo auch immer man ist, stets hat man komfortable, tragbare Kanapees dabei …“

„Mit 5 Litern Verbrauch auf 100 km ist der 2CV das sparsamste Fahrzeug der Welt. Er verlangt dafür nichts im Gegenzug: das ganze Jahr kann er im Freien schlafen …“

„Zuletzt – und das ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil – hält sich dieses kleine Auto ganz hervorragend auf dem Gebrauchtwagenmarkt.“


(Citroën-Werbebroschüre „La Liberté - Die Freiheit im 2CV“)

2CV: Die Show

Highlights der spektakulären Ausstellung in der „Cité des sciences et de l’industrie“: Fahrzeuge, die an der Decke des Museums aufgehängt sind, ein mechanisch animiertes Defilee der charakteristischsten Modelle, eine Bühne zu Ehren der historischen Exemplare, eine Sammlung von Miniatur-2CV, Archivfilme, Dokumentationen, Werbespots aus den verschiedenen Epochen sowie Augenzeugenberichte der Ingenieure und Designer.

In dieser von der Szenerie her sehr zeitgemäßen Ausstellung verraten Serienmodelle und Sonderserien den neugierigen Besuchern ihre größten Innovationsgeheimnisse. Die Sentimentalen unter ihnen werden sich im charakteristischen Takt des Motorgeräusches wiegen, während die Enthusiastischen nach Lust und Laune vom Rücksitz eines Demonstrationsmodells springen können.

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