
Es ist fix: Mercury stirbt Ende 2010 | 28.05.2010
Langer Abschied
Umstritten seit Jahrzehnten, und mit Ende 2010 am Ende angelangt: Ford wird seine US-Marke Mercury nach 71 Jahren sterben lassen.
Ford schleift die Messer: Laut Berichten auf Bloomberg.com könnte bereits im Juli das Ende für die Konzernmarke Mercury kommen - Update: Es ist fix - die Produktion der Mercury-Modelle wird Ende 2010 eingestellt, wie der Konzern jetzt bekanntgegeben hat.
Unter dem jetzigen CEO Alan Mulally will der US-Konzern seine Kräfte auf die Revitalisierung der Hauptmarken Ford (in Europa ja bei guter Gesundheit) und Lincoln konzentrieren.
Im Jahr 1939 wurde auf Initiative von Edsel Ford als Bindeglied zwischen den Basis-Autos von Ford und den noblen Lincoln die Marke Mercury gegründet. Echte Highlights in der Markengeschichte sind selten, meistens waren die Mercury besser ausgestattete Versionen der Ford-Modelle.
Vor allem die Familie Ford hat sich lange gegen ein Ende von Mercury gewehrt. Ähnlich wie für Oldsmobile bei GM oder Plymouth bei Chrysler (die sich beide mittlerweile am ewigen Autofriedhof eingeparkt haben) fehlen allerdings schon seit längerer Zeit nachvollziehbare Gründe für die weitere Existenz der Marke.
Altersschwäche
Eine wesentliche Argumentation für ihren Erhalt war das zusätzliche Verkaufsvolumen für Lincoln-Händler. Spätestens seit der großen Finanzkrise der US-Autoindustrie ist dieses Argument aber nicht mehr schlagkräftig: Denn jetzt wurden überschüssige Kapazitäten in der Produktion abgebaut, unproduktive Händler mussten zusperren.
Hierzulande wurden Mercurys nie in großem Stil importiert, etliche Autos der jüngeren Geschichte kennen wir dennoch, wenngleich unter anderem Namen, so den Minivan Villager der frühen 1990er. Er wurde unter dem Markennamen Sauber für kurze Zeit in Österreich vertrieben. Der Villager war auch einer der wenigen Mercury ohne Ford-Widerpart – er beruhte auf einem Nissan.
Derzeit gibt es nur vier Modelle im Portefeuille von Mercury, darunter zwei SUVs und als "Youngtimer" die 1983 vorgestellte, und schon damals nicht innovative, Full-Size-Limousine Grand Marquis. Der viermal groß geliftete Supertanker mit Heckantrieb, Starrachse und V8-Motor ist nach wie vor der Bestseller der Marke; sein Gegenstück bei Ford ist der Crown Victoria, bekannt als Polizeiauto und als Taxi.
Nachdem der "Crown Vic" jetzt in Pension gegangen ist, droht dem Grand Marquis demnächst dasselbe Schicksal. Ende 2011 wird jedenfalls die kanadische Produktionsstätte des Wagens zusperren. In Kanada gibt es die Marke als solche bereits seit 1999 nicht mehr. Und der durchschnittliche Käufer eines Grand Marquis ist 70 Jahre alt...
Letztes Lebenszeichen: Marauder
Auf Basis des Grand Marquis entstand 2003-2004 als letzter wirklich interessanter Wagen der Marke der Marauder. Er war als "muscle car" im klassischen Sinn ausgelegt und wurde von einem 302 PS starken 4,6l-Motor angetrieben; dazu gab es einige Upgrades im Hinblick auf martialisches Auftreten und einem Anflug von Straßenlage.
Der Marauder war das letzte Lebenszeichen echter Kreativität bei Mercury, und eine kommerzielle Enttäuschung. Nach knapp 11.000 Stück war Schluss. Seit damals läuft die Marke quasi auf Autopilot vor sich hin.
Im vergangenen Jahrzehnt sind die gesamten Verkäufe um drei Viertel gesunken, 2009 waren es nur noch knapp 93.000 Autos - vor dreißig Jahren waren es noch rund eine halbe Million. Für 2011 wurde bereits eine Version des neuen Ford Focus unter dem Namen Mercury Tracer angekündigt. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.