
Ennstal-Classic 2013 | 17.07.2013
Auf den Stoderzinken mit Andi Aigner
Eine Spritztour mit dem PWRC-Weltmeister des Jahres 2008, Andi Aigner – im Ferrari 365 GT4 über die Bergprüfung Stoderzinken.
„Ich hole dich von der Schule ab!“ – Spritztour mit dem PWRC-Rallye-Weltmeister des Jahres 2008, Andi Aigner. Die „Schule“ ist tatsächlich eine solche, bei der Ennstal-Classic dient sie als Headquarter - und da kommt er schon, der rote Ferrari 365 GT4 aus dem Jahr 1972, mit dem Aigner wie im Vorjahr die Ennstal-Classic bestreiten wird auf geht’s, auf dem Programm steht die Mazda Bergprüfung Stoderzinken, mit der die 21. Auflage der Ennstal-Classic am Donnerstagmorgen eröffnet wird.
Auffällig ist der röhrende Sound des 4,4 Liter V12-Aggregats, angenehm das offene Schiebedach des flachen Boliden. Wir nähern uns dem Start der 8,5 Kilometer langen Bergprüfung – derzeit noch eine öffentliche Straße, am Donnerstagmorgen jedoch wird sie, als eine Ausnahme, gesperrt sein. Andi Aigner lacht: „Dass die Strecke gesperrt ist, werden viele nützen – denn so kannst du den maximalen Fahrspaß erleben, die Bergstraße ist wunderschön, da kannst du es auch ein bisschen fliegen lassen, man muss nicht mit Gegenverkehr rechnen.“
Im Gegensatz zu den herkömmlichen Wertungsprüfungen geht es auf der Bergprüfung Stoderzinken nicht um einen Schnitt von 50 km/h, sondern um das mehrmalige Erreichen einer Sollzeit.
Auf der engen Bergstraße zeigt mir Andi Aigner in der Praxis, worauf es beim Schnittfahren ankommt: „Normalerweise würde ich hier die Kurven schneiden – als Rallyepilot bist du ja bestrebt, die kürzeste Linie zu fahren. Doch wenn ich das mache, stimmt die Metrierung nicht mehr – daher muss ich die Kurven richtig ausfahren.“
50 km/h – gar nicht langsam
Andi fährt jetzt einen Schnitt von 50 km/h, auf der verschlungenen Bergstraße wirkt das alles andere als langsam. Im Rallyeboliden fährt Aigner ausschließlich nach U/min, einen funktionierenden Tacho wird man in einem Rennauto vergeblich suchen. So orientiert sich Aigner auch beim Schnittfahren auf den Tourenzähler und natürlich auf den Tripmaster, ein Wegstreckenmessgerät.Wir nähern uns einer ziemlich engen Haarnadelkurve, Andi sagt: „Hier kannst du keine 50 fahren, das verträgt die Kurve einfach nicht – das heißt, du musst dann direkt im Anschluss an die Kurve versuchen, das wettzumachen. Nur: Das Zeitfenster der Lichtschranken kann über einige Kilometer hinweg offen sein, die Lichtschranken können aber auch auf ganz kurzen Passagen aufgestellt sein. Wenn du dann eine enge Kehre und ein kurzes Stück Gerade als Fenster hast, kannst du dort gewaltig Strafpunkte ausfassen.“
Traumhafte Kulisse
Je länger wir fahren, desto schöner wird die Aussicht. Aigner wird beinahe sentimental, wenn er sagt: „Das ist meine Heimat – dass ich so gerne bei der Ennstal-Classic mitfahre, hat sicher auch mit dieser traumhaften Kulisse zu tun. Die Leute kommen aus aller Welt, um auf diesen wunderschönen Bergstraßen fahren zu können.“
Viel zu bald sind wir auch schon wieder am Ziel angelangt – dort, auf einem großen Schotterparkplatz, sammeln sich die Autos, wir stellen den Ferrari ab, um Fotos zu machen. Doch da kommt Rauch aus den Kühleinlässen, wir klappen die Motorhaube auf, der V12 kocht, das siedend heiße Kühlwasser sprudelt aus dem Verschluss…
Der V12 kocht
Aigner rätselt: „Vielleicht wurde er nicht ganz zugeschraubt?“ Ein Mitbewerber kommt herbei und sagt: „Ihr solltet den Motor wieder zünden, damit die Wasserpumpe wieder arbeitet und ihr solltet sofort den Berg hinabrollen, sodass der Fahrtwind den Motor wieder abkühlt.“Wir bedanken uns und steigen wieder in den Ferrari. Während der V12 seinen kühlenden Fahrtwind erhält, plaudern wir über die aktuelle Lage im Rallyesport. Aigner soll heuer für Subaru den Production Cup der ERC (Rallye-Europameisterschaft) gewinnen und führt derzeit auch die Tabelle an. Ob er schon wissen würde, welches Auto er 2014 in welcher Meisterschaft lenken wird?
Aigner lächelt: „Nein, da ist es noch viel zu früh – aber ich bin das gewöhnt. Schön ist es, wenn man zu Weihnachten das Programm fürs kommende Jahr weiß, aber auch das ist nicht immer der Fall.“ Ein auf Sicherheit bedachter Familienvater würde unter solchen Arbeitsbedingungen, unter dieser latenten Unsicherheit mit Sicherheit leiden. Aigner nickt: „Für viele Menschen wäre das nicht akzeptabel – aber ich kann damit gut leben. Umso mehr muss man die schönen Momente genießen – so wie jetzt, hier, bei der Ennstal-Classic.“
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