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Die Höhle der Löwin

Für viele galt der CX als letzter echter Citroen überhaupt. Das Auto des Jahres 1975 schaffte es jedenfalls, viele markentypische Eigenheiten 15 Jahre lang zu erhalten.

So authentisch war selten zuvor ein Werbespot. Grace Jones wohnt in einer unterirdischen Kommandozentrale in der Wüste. Und was fährt sie? Natürlich einen vollausgestatteten Citroen CX. Klingt absolut plausibel. Und wer die alte Exzentrikerin kennt, der kann sich schon gut vorstellen, dass sie auf diesen außegewöhnlichen Franzosen voll abgefahren ist. Denn beide waren wie zu ihrer Zeit völlig anders als der Rest. Ein wenig gewöhnungsbedürftig vielleicht, aber durchaus interessant. Zu der Zeit, als die Werbung über die Sender ratterte, war der CX schon gut zehn Jahre alt. Dass er dennoch alles andere als altbacken wirkte, zeigte einmal mehr, wie Citroen seinerzeit ihre Autos entwarf: Futuristisch und nach eigenen Vorstellungen. Und beides sollte lustigerweise genau mit der Markteinführung des CX enden.

Der Nachfolger der DS-Baureihe wurde nämlich just zwei Monate nach der Fusion von Automobiles Citroën und Automobiles Peugeot im August 1974 vorgestellt. Citroen war finanziell ziemlich ausgeblutet, die Übernahme also unvermeidlich. Da das neue Auto aber bereits fertig war, konnten die neuen Eigentümer nicht mehr ihre Gleichteilestrategie zur Kostensenkung anwenden, weswegen wir es hier also wohl mit dem letzten echten Citroen überhaupt zu tun haben, der noch rein nach der alten Markenphilosophie konstruiert werden durfte.

Abseits des gewohnt-spacigen Designs übernahm er den Vorderradantrieb seiner Vorgängerin genauso wie die hydropneumatische Federung und die Zweikreis-Hochdruck-Scheibenbremsen mit Servounterstützung. Zusätzlich gab es noch noch vorne geneigte quer eingebaute Vierzylindermotoren, um die Gewichtsverteilung zu optimieren. Die Monocoque-Karosserie war über 16 elastische Gelenke mit einem Achsrahmen verbunden, der die Geräusche und Vibrationen der Vorder- und Hinterachse sowie des Motors und des Getriebes filterte. Alle für das Fahren wichtige Bedienelemente für Scheinwerfer, Blinker, Scheibenwischer und Hupe waren mit den Fingerspitzen erreichbar, ohne dass die Hände vom Lenkrad genommen werden mussten. Alle Verkleidungs- und Innenraumkomponenten hatten keine störenden Überstände, und zudem gab es erstmals ausziehbare Vordersitzgurte. 1975 kamen dann noch die berühmte Diravi-Servolenkung des SM dazu, die je nach Geschwindigkeit mehr oder weniger Unterstützung freigab.

Weil Citroen damals noch Citroen sein durfte, ging es mit ähnlicher Schlagzahl aber weiter mit den Innovationen, die heute selbstverständlich wirken mögen, zu ihrer Zeit aber mehr als außergewöhnlich waren:
- 1975: Klimaanlage, elektrische Fensterheber an allen vier Türen, zwei innenliegende Außenspiegel, Nebelschlussleuchten
- 1976: halbautomatisches Schaltgetriebe
- 1977: Benzin-Einspritzmotor, Fünf-Gang-Getriebe, elektrisches Schiebedach, Nebelscheinwerfer, transistorisierte elektronische Zündung und Leichtmetallräder
- 1978: Sicherheitsgurte auf den Rücksitzen und automatische elektromagnetische Türschlösser
- 1979: elektrischer Ölmessstab am Armaturenbrett
- 1980: ein in den Scheibenwischer integriertes Scheibenwässerungssystem, ein Kraftstoffverbrauchssparer und ein Automatikgetriebe
- 1981: Niederquerschnittsreifen und Tempomat
- 1982: Zentralverriegelung mit Kofferraumklappe und Tankklappe
- 1983: Dieselmotor mit Turbolader und eine automatische Innenraumtemperaturregelung
- 1984: Benzin-Einspritzmotor mit Turbolader
- 1985: Antiblockiersystem, Vereisungsdetektor, Glühbirnenanzeige, Türöffnungssignal, elektrisch beheizbare Außenspiegel mit getöntem Glas, akustisches Warnsignal bei eingeschalteter Beleuchtung, Zentralverriegelung mit Infrarot-Fernbedienung und synchronisierter Aktivierung der Innenbeleuchtung
- 1986: automatische Heckscheibenentfrostung
- 1987: Dieselmotor mit Turbolader und Luft-Luft-Wärmetauscher, Wegfahrsperre

Kein Wunder also, dass der CX zur eigenen Marke mutierte und eine große Fan-Gemeinde anhäufte. Es gab ihn im Laufe der Zeit nicht nur als Schrägheck. Auch ein Kombi wurde aufgelegt, sogar verlängerte Ambulanzmodelle kamen dazu. Und neben exzentrischen Schauspielerinnen griffen auch Rallyefahrer vor allem für Langstrecken-Events gerne zur französischen Limousine, die nicht nur ihre Langlebigkeit schätzten, sondern vor allem auch ihren Komfort. Insgesamt liefen zwischen 1974 und 1991 rund 1.042.460 CX von den Bändernin Aulnay, wobei 913.375 Limousinen, 29.380 Langversionen, 129.085 Kombis und 900 Enterprise entstanden. Der Nachfolger namens XM hatte also ein wahrlich schweres Erbe ausgefasst, zumal nun der Hausherr Peugeot sehr genau auf die Produktions- und Entwicklungskosten blickte. Dass es heute kaum mehr CX im Straßenbild gibt, liegt einzig und allein an einem Faktor, mit dem Fahrzeuge aus dieser Epoche generell zu kämpfen haben: dem Rost. Die Technik ist in den Griff zu kriegen. Der braune Gilb in der verwinkelten Konstruktion vor allem am Unterboden aber nur sehr schwer. So bleibt zumindest die Erinnerung an ein heldenhaftes Automobil, das nicht nur zeigte, was Citroen wirklich ausmacht. Sondern auch ein wenig Frankreich.

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