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Nichts für den Stammtisch

Bei Moto Guzzi wird nach der Aprilia-Rettung wieder gebaut: unter anderem die neue Nevada Classic 750 ie, die die Italiener jetzt vorgestellt haben.

Ulf Böhringer/mid

Wer den Namen Moto Guzzi hört und ihn als Motorradmarke identifiziert, der weiß in der Regel zwei Dinge: Dass es sich dabei um ein italienisches Traditionsunternehmen handelt, und dass die luftgekühlten V2-Motoren zum allein seligmachenden Bauprinzip erhoben hat. Weniger bekannt dürfte dagegen sein, dass die Firma seit dem Jahr 2000 zum Aprilia-Konzern gehört.

In diesem Jahr ist dann Produktion und Entwicklung ins Stocken geraten, weil Aprilia in Zahlungsschwierigkeiten geraten war. Nachdem die Banken 30 Millionen Euro Überbrückungskredit zur Verfügung gestellt haben, ist dann auch bei Moto Guzzi die Produktion wieder angelaufen. Dennoch wird intern derzeit über einen möglichen Verkauf der Marke unter anderem an Ducati verhandelt.

Gebaut werden bei Moto Guzzi nicht nur die sportiven V11-Modelle und die betagten California-Versionen, sondern auch die Mittelklassemaschine Breva 750 ie. Als weitere Version ist jetzt die Nevada Classic 750 ie präsentiert worden. Dieser Touring-Cruiser stammt optisch von der seit 1991 im Programm befindlichen Nevada-Reihe ab, besitzt aber zahlreiche Bauteile der noch jungen Breva.

Dazu gehört auch das Herzstück der neuen Nevada: Das luftgekühlte V2-Aggregat besitzt 744 Kubikzentimeter Hubraum und leistet 36 kW/48 PS bei 6 800 U/min. In der Praxis besticht der mit elektronischer Einspritzung, geregeltem Katalysator und Lambdasonde optimal abgasgereinigte Zweizylinder durch sein kultiviertes und elastisches Wesen.

Schon bei 2 000 Umdrehungen zieht das Triebwerk willig durch und stellt mit steigender Drehzahl linear zusätzliche Kräfte bereit. Dabei ist der Treibstoffkonsum bescheiden: Die ersten 100 Test-Kilometer auf Land- und Bergstraßen wurden mit einem Verbrauch von 5,5 Litern Super absolviert. Auch das von der Breva stammende Getriebe gefällt durch präzise und leichte Schaltbarkeit.

Weniger überzeugend als der Antrieb präsentierte sich das Fahrwerk: Die mit konventionellem Doppelschleifen-Stahlrahmen ausgerüstete Nevada quittiert in Schräglage mit Autobahntempo überfahrene Wellen und Fugen mit deutlichem Wackeln. Auch die nicht besonders sanft ansprechenden Federelemente raten, auf schlechten Straßen die Geschwindigkeit ein wenig zu reduzieren. Ältere Herren jenseits der 50, eine wichtige Zielgruppe, werden von den ins Rückgrat fahrenden Stößen vermutlich nicht begeistert sein.

Die Bremsen - vorne und hinten gibt es jeweils eine Scheibe - sind gut dosierbar und gefallen durch gute Wirkung. Ein optionales ABS soll es im Hause Guzzi erst mit Markteinführung der 1100er Breva im kommenden Frühjahr geben. Ob es dann auch für die 750er Breva und Nevada zu haben ist, steht in den Sternen.

Einen Heidenspaß macht die kleinste Guzzi auf Landstraßen: Sie lässt sich leicht in Kurven einlenken und hält zuverlässig Kurs. Dabei ist die Schräglagenfreiheit für einen Semi-Cruiser mehr als beachtlich: Nur mit Mühe bringen engagierte Fahrer die Fußrasten zum Kratzen. Zudem ist die Sitzposition bequem, und mit dem optional erhältlichen Windabweiser lässt sich der Winddruck deutlich reduzieren.

Andererseits ist die Nevada per se kein Highspeed-Bike: Ihre wahre Bestimmung ist ganz offensichtlich genussvolles Gleiten. Ohnehin sind es nicht stammtischtaugliche Beschleunigungs- und Höchstgeschwindigkeitsdaten, mit denen Nevada-Fahrer Eindruck machen können: Sie wissen, dass sie ein zurückhaltend-zierliches, aber mit vielen inneren Werten ausgestattetes Motorrad haben.

Keine schlechte Voraussetzung dafür, dass die Guzzi-Nachfrage steigt und der Adler im Moto-Guzzi-Firmenemblem endlich wieder zu einem Höhenflug ansetzt...

Technische Daten

Antrieb: 90-Grad-V2-Viertaktmotor, 744 ccm, 36 kW/48 PS bei 6 800/min, G-Kat, Fünfgang-Getriebe, Kardan

Fahrwerk: Doppelschleifen-Stahlrohrrahmen, Telegabel vorne, Alu-Schwinge hinten mit zwei Federbeinen

Bremsanlage: je eine Scheibenbremse vorne und hinten

Reifen: Speichenräder, 100/90x18 vorne, 130/90x16 hinten

Gewicht (fahrfertig): 200 Kilogramm

Sitzhöhe: 76 Zentimeter

Tankinhalt: 14 Liter

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