Kawasaki Versys - Allround-Bike im Test | 07.05.2007
Die Vielseitige
Mit der neu entwickelten ER-6n ist Kawasaki im vergangenen Jahr direkt ins Herz der Kundschaft gefahren. Dies setzt man jetzt mit der Versys fort.
mid/wa
Angetrieben wird das Bike wie die ER-6n vom kräftigen Zweizylindermotor. Wer nun vermutet, die Versys sei lediglich eine fahrwerksseitig modifizierte ER-6n, der irrt. Denn in der Versys leistet das Triebwerk lediglich 47 kW/64 PS, die bei etwas niedrigen 8.000 Touren erreicht werden. Auch das maximale Drehmoment fällt geringer als in der ER aus, die 61 Nm liegen allerdings schon bei 6.800 U/min an.
Vor allem im Bereich zwischen 3.000 und 6.000 Umdrehungen liefert der extrem kompakt bauende Motor erfreulich viel Schub. Realisiert wurde dies unter anderem durch Ein- und Auslassnocken mit kleineren Öffnungswinkeln, einem Interferenzrohr im extrem kurz bauenden Auspuff sowie einer neu abgestimmten Einspritzung. Ein erfreulicher Nebeneffekt - die Versys begnügt sich mit Normalbenzin, während die ER-6n Super möchte.
Vor allem im Bereich zwischen 80 und 120 km/h wirkt der quirlige Zweizylinder nun deutlich potenter. Der nach Euro-3-Norm eingestufte Motor lässt sich bis in den bei 10.500 U/min beginnenden roten Bereich jubeln, was allerdings im Alltag kaum nötig ist.
Denn wo die ER-6n mehr sportliche Gene aufweist, spielt die Versys lieber den für alle Schandtaten zu habenden Allrounder, der gerne auch mit 2.000 Umdrehungen durch die Landschaft tuckert, aber auch hochtourige Autobahnrunden klaglos wegsteckt. Da zudem der Verbrauch selbst bei längeren Vollgasfahrten - die Spitzengeschwindigkeit liegt laut Hersteller bei 185 km/h und laut Tacho bei 200 km/h - bei sehr moderaten 5,2 Litern Benzin auf 100 Kilometer liegt, kann der überarbeitete Antrieb als rundum gelungen bezeichnet werden. Angesichts des 19 Liter fassenden Tanks sind Reichweiten von über 350 Kilometern möglich.
Solche Etappen können auch groß gewachsen Menschen auf der handlichen Versys gut in Angriff nehmen. Mit ihrer Sitzhöhe von 84 cm, der entspannten Sitzposition und dem moderaten Kniewinkel spielt sie bereits ins Lager der Reiseenduros hinein - zumal der kleine, einstellbare Windschild auch bei hohem Tempo eine enorme Effizienz an den Tag legt. Daher auch der ungewöhnliche Name Versys, der sich von vom Begriff "Versatile System" ableitet.
Tatsächlich macht die wendige Kawasaki dieser Vielseitigkeit alle Ehre. So erlaubt der recht hoch montierte Lenker in Kombination mit dem optisch wie technisch gelungenen Gitterrohrahmen, der gut ansprechenden Upside-down-Gabel und dem Leergewicht von 209 Kilo ein ausgezeichnete Handling. Davon profitieren einerseits die Einsteiger, die sich auf der kleinen Kawasaki rasch zurechtfinden, wie auch der erfahrene Biker, der sich wundert, wie flott es mit der Versys auch auf schlechten Pisten ums Eck geht. Allerdings ist es nicht so einfach, die mögliche Schräglagenfreiheit im öffentlichen Straßenverkehr wirklich auszuschöpfen.
Wer also auf der Suche ist nach einem erschwinglichen und zugleich fahrdynamischen Alltagsbike mit langen, verstellbaren Federwegen, der wird mit der Versys seine Freunde haben, auch wenn die Bremsen gerne ein wenig bissiger sein dürften und ein paar Gepäckhaken eine feine Sache wären. Ein ABS-System ist für 800 Euro Aufpreis erhältlich.