
Moto Morini 9 ½ - im Test | 30.12.2007
Der zweite Streich
Mit der Corsaro hat sich die italienische Marke Moto Morini in beeindruckender Manier zurückgemeldet. Nun folgt mit der 9 1/2 der zweite Streich.
mid/wa
Ohne Verkleidung gibt es freien Blick auf den mächtigen Zweizylindermotor. Stolz hängt das Aggregat zwischen den dünnen Elementen des Stahl-Gitterrohrrahmens, der in seiner Struktur an die Corsaro erinnert. Jedoch erkennt man bei genauerer Betrachtung nicht nur am Rahmen manchen Unterschied.
So verzichtet die 9 1/2 auf die schier überbordende Auspuffanlage der Schwester, die mit den beiden voluminösen Endstücken Eindruck schindet. Stattdessen muss ein einzelner Endtopf genügen, der - eher ungewöhnlich - auf der linken Seite angebracht ist.
Dem Sound der Morini tut dies keinen Abbruch, sorgt doch ihr sonores Donnern, das sich bei höheren Drehzahlen zu einem wahren Gewitter auswächst, für gesteigerte Freude. Zwar nimmt der Twin bei hoher Luftfeuchtigkeit eher unwillig seine Arbeit auf - was an die Corsaro erinnert - doch überrascht die Italienerin bald darauf mit ihrem äußerst munteren Gebahren.
86 kW/117 PS stehen als maximale Leistung zur Verfügung, die bei 8.500 Umdrehungen pro Minute, und damit exakt am Beginn des roten Bereichs, erreicht werden. Die Kraft des 1.187 ccm großen Triebwerkes steht mit maximal 102 Nm bei 6.700 U/min potent, aber gut dosierbar zur Verfügung. Bereits ab 2.000 Touren marschiert der wassergekühlte Motor vehement voran. So schön die Leistungsentfaltung auch ist, an der Tankstelle zahlt man mit einem Verbrauch von sieben Litern Super auf 100 Kilometer den Preis - und das auch nur dann, wenn man sich ein wenig zurückhält.
Das Fahrwerk der bis zu 210 km/h schnellen Morini funktioniert bestens und verleitet auf gut ausgebauten Straßen zur Kurvenhatz. Der breite Lenker sorgt in Kombination mit der entspannten Sitzposition für eine sportlich-lockere Haltung. Wer möchte, kann mit der Morini ambitioniert in die Kurven gehen - man kann aber auch einfach durch die Landschaft gleiten.
Die mit ihren 215 Kilogramm Leergewicht nicht ganz so leichte 9 1/2 nimmt einem beim Fahren kaum etwas übel. Dass die massiv wirkende Upside-down-Gabel im Gegensatz zum hinteren, rechts befindlichen Federbein nicht einstellbar ist, ist eine Kalkulationsfrage und stört während der Fahrt nur am Rande.
Sinn und Zweck der 9 1/2 ist es letztlich, dem Fahrer genauso viel sportlichen Fahrgenuss zu bieten, wie dieser haben möchte. Ein "Nutzfahrzeug" unter den Bikes ist die Moto Morini wahrlich nicht. Daher ist mit Alltäglichkeiten wie Gepäckhaken, guter Rangierbarkeit oder sparsamem Verbrauch auch nicht zu rechnen. Ein ABS fehlt ebenfalls. Auch macht es die kurze Sitzbank schwer, eine Sozia von der Reisetauglichkeit zu überzeugen.
Teststeno Moto Morini 9 1/2:
Naked Bike mit wassergekühltem Zweizylinder-V-Motor, 1.187 ccm Hubraum, Leistung 86 kW/117 PS bei 8.500 U/min, max. Drehmoment 102 Nm bei 6.700 U/min, Höchstgeschwindigkeit 210 km/h, elektronische Einspritzung, sechs Gänge, Sitzhöhe 80 cm, Tankinhalt 20,8 l, Leergewicht 215 kg, Zuladung 180 kg, Verbrauch: 7 l/100 km Superbenzin; Preis: 11.995,- Euro.