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Die nächste Krise?

Das von der FIA für die Saison 2003 verhängte Verbot der Stallregie beeindruckt Teams und Fahrer wenig – droht der Formel 1 ein neuerlicher Skandal?

Michael Noir Trawniczek

„Stallregie, die auf die Manipulation eines Rennergebnisses abzielt, ist verboten.“ – so steht es schwarz auf weiß im seit 2003 erneuerten FIA-Reglement. Dieser neue Passus wurde hinzugefügt, weil es weltweite Proteste gegen die Machenschaften der Scuderia Ferrari im Jahr davor gab:

Das schrille und unsensible Zurückpfeifen eines Rubens Barrichello beim Österreich-GP, zugunsten dem damals überlegenen WM-Leader Michael Schumacher und das beim fünften Saison-GP. Der anschließende Platzwechsel am Podium und dann noch das misslungene „Fotofinish“ ausgerechnet in Amerika – das war für eine Mehrheit der Formel 1-Fans einfach zu viel...

Die FIA reagierte mit eben jenem Verbot der Stallorder. Da kein Rennen manipuliert werden darf, ist auch das letzte Rennen von dieser Regel betroffen. Die Einhaltung dieses Passus ist zwar nur schwer bis gar nicht zu überprüfen – er ist an sich aber absolut kein Gummiparagraph, das Verbot ist eindeutig.

Das scheinen aber einige Vertreter der Königsklasse nicht wahr haben zu wollen. Immer wieder sprechen Teammitglieder und auch Fahrer davon, dass man im Falle, dass einer der beiden Piloten keine mathematische Chance mehr auf den Titel hat, das Prinzip der Teamorder sehr wohl angewendet werden könnte.

Das Wort „Stallorder“ sagt man zwar nicht, aber erst unlängst nannte es beispielsweise Williams-Technikdirektor Patrick Head „Fahrerassistenz“ – er sagte auch, dass diese in den Verträgen der Piloten inkludiert sei. Ralf Schumacher spricht in aller Öffentlichkeit davon, dass er unter Umständen Juan Pablo Montoya „helfen“ werde. Auch von den Konkurrenzteams kamen bereits ähnliche Äußerungen...

Auch wenn ein großer Teil des Publikums Verständnis dafür haben könnte, wenn ein bereits aus dem Titelrennen geworfener Pilot im letzten Rennen seinem Stallkollegen zum Titelgewinn verhelfen möchte, bleibt ein solches Vorgehen ein Bruch gegen das strikte Stallorderverbot. Dass die Beteiligten in der Öffentlichkeit locker vom Hocker darüber sprechen, diese Regel unter gewissen Umständen missachten zu wollen, ist für die ohnehin wankende Glaubwürdigkeit der Königsklasse Gift.

Hier wird von der Kommandobrücke herab eine eindeutige Regel verhöhnt, indem man der Stallorder einfach neue Namen gibt – letztlich ist das eine verbale Missachtung eines Paragraphen, welcher auf massiven Wunsch des Publikums eingesetzt wurde – und somit eine Missachtung des Publikums...

Kein Gummiparagraph - aber de facto nicht kontrollierbar...

Dass die betreffende Regel mehr als nur unglücklich ausgelegt wurde, ist eine andere Frage und ebenso Tatsache. Sie ist einerseits nicht wirklich kontrollierbar. Zugleich wären Ausnahmereglungen wie eben jenes Szenario beim Saisonfinale etc. möglich gewesen.

Dass manche Teammitglieder nichts gegen das Verbot der Stallorder auszusetzen hatten und nun einfach sagen „Wir machen keine Stallorder, sondern bei uns ist das nur eine Assistenz“ – könnte noch schlimme Folgen –für die Beteiligten und für die Formel 1 als Ganzes - haben.

Akut wurde diese Problematik erst jetzt, da im Falle Williams nun durchaus ein solches Szenario beim WM-Finale oder schon früher denkbar ist und noch dazu die Beteiligten eine verbotene Hilfeleistung nicht ausschließen.

Hier droht der Formel 1 eine neue Krise – diese unbedachten Ankündigungen einer verbotenen Manipulation eines Rennergebnisses in Kombination mit auch nur einem leisesten Verdacht auf Stallorder würde Proteste und Einsprüche der jeweiligen Konkurrenten zur Folge haben. Die erwähnten Ankündigungen wären dann belastend. Es droht der grüne Tisch, es drohen endlose FIA-Untersuchungen. Der Sport könnte wieder einmal der große Verlierer sein...

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