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MP4-19: Wo sind die Schwachstellen?

Das innovative Konzept von McLaren-Gehirn Adrian Newey bringt nicht den gewünschten Erfolg. Im Gegenteil: Man erntet den Spott der Medien.

Es erinnerte an jenes Knistern aus früheren Tagen, welches entstand, wenn ein Colin Chapman in der Badewanne von neuen Ideen übermannt und wenig später eine brandneue futuristische Lotus-Rakete enthüllt wurde. McLaren-Gehirn Adrian Newey erhielt den Auftrag, einen völlig neuen Rennwagen zu zeichnen, sich an die Grenzen des modernen Rennwagenbaus heranzutasten. Nur so könne man das erfolgreiche Ferrari-Konzept überflügeln, dachte man...

Der MP4-18, Vorgänger und Basis für den aktuellen MP4-19, war schon vor seiner Enthüllung Kult. Newey sprach von einem „völlig neuen Konzept“, von einem Auto, welches sich gänzlich von allen anderen abheben würde. Dann wurde er endlich gesichtet – der silberne Bolide wartete tatsächlich mit einigen revolutionären Details auf, auch wenn das gegenwärtige Regelwerk eine wirkliche Revolution gar nicht zulässt. Newey lehnte sich weit aus dem Fenster, neue Aerodynamik, Kleinst- und Leichtestbauweise. Der 18 war dann auch zu filigran, schaffte keinen Renneinsatz. Der ausgebesserte 19 war die Hoffnung von Dennis und Co. Man wollte Ferrari außen vor überholen.

Nach den ersten drei Saisonrennen steht man vor einem Trümmerhaufen. Schon im Winter zeichnete sich ab, dass auch der 19 zu gebrechlich sein würde. Einen pfeilschnellen aber filigranen Boliden hätte man noch als Preis für die Extrembauweise verkaufen können – aber: Der MP4-19 ist auch nicht wirklich schnell. Die Fahrer klagen über ein nervöses Auto.

Unsere Kollegen von GP2004 liefern einen Bericht ihrer „Spione aus Bahrain“ – demnach soll der 19 in mittelschnellen Passagen einen Mangel an aerodynamischer Stabilität aufweisen. Die innovative Hinterradaufhängung verlange ihren Preis – man hätte mit einer vergleichsweise hart eingestellten Aufhängung zurande zu kommen. Wegen des Leichtbau-Aluminium Getriebes könne man, was die Aufhängungspunkte betrifft, nicht ausreichend variieren. Lichtblick: McLaren hat nun eine neue Hinterradaufhängung getestet.

Hinzu kommt ein Problem mit den Bremsscheiben. Die unberechenbaren Carbon Industries-Scheiben sollen den Wagen noch nervöser machen. Die gutmütigeren Hitco-Scheiben könne man nicht verwenden, da sie überhitzen würden. Zugleich aber attestiert Einsatzpilot David Coulthard gegenüber BBC: „Eine Stärke des 19 ist sein Verhalten beim Bremsen. Wir verlieren die Zeit im Kurvenausgang.“

Ein großes Problem ist der Motor – was in den ersten drei Saisonrennen nicht zu übersehen war. Das Aggregat soll trotz Haltbarkeitsregel nur rund 90 Kilogramm wiegen und zudem stärker sein als der Vorgänger. Doch es geht nicht nur um die V10-Zylindermaschine, es geht auch um deren Peripherie. Auch hier scheint sich die Leichtbauweise zu rächen. Einer der Sargnägel ist die Kühlung. Man könne die Hitze nicht ausreichend aus dem eng gebauten Heck ableiten. Der schnellste und leichteste Motor nützt wenig, wenn er aufgrund mangelnder Kühlung kein Rennwochenende überlebt.

Angeblich sei die Hitze im Wagenheck auch Schuld daran, dass man das neue Karbongetriebe noch nicht im Rennen einsetzen kann. In Paul Ricard hat man an zwei Tagen 330 km mit dem neuen Getriebe absolviert. Doch bei einer Temperatur über 120 Grad würde es delaminieren.

Alles in allem dürfte sich Adrian Newey also auch beim MP4-19 ein wenig zu weit aus dem in der gegenwärtigen Formel 1 recht kleinen Fenster gelehnt haben. Wohl deshalb hat man auch schon eine B-Version des Renners in der Pipeline. Doch während man der filigranen Rakete so etwas wie abstimmungstechnische Gutmütigkeit und Standfestigkeit einzuimpfen versucht, enteilt die Scuderia Ferrari mit ihrem konventionellen und ausgereiften F2004-Konzept in Richtung WM-Titel.

Die Innovation wurde also nicht belohnt. Auch der eigenständige Williams FW26 brachte noch nicht den durchgreifenden Erfolg, denn das Ziel der Weiß-Blauen heißt WM-Titel. Schade, denn die Folge wird sein, dass man in den Designbüros wieder konventioneller zu denken beginnen wird. Es drohen für das Jahr 2005 wieder zahlreiche Ferrari-Kopien.

Abseits der Technikfragen herrscht bei McLaren nun scheinbar auch personell der Unfrieden. Immer häufiger sickern Unstimmigkeiten zwischen den verschiedenen Abteilungen durch. Von einem „Köpferollen“ wurde gesprochen. Auch wenn es sich dabei um die branchenüblichen Gerüchte handelt, kommt man doch auch wieder zu jener Erkenntnis, die besagt: Technikprobleme sind immer auch die Folgen von menschlichen Unstimmigkeiten...

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