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Die Chance lebt!?
Ernüchternder Auftakt der F1-Saison

Hans-Peter Voglhuber über das langweilige Auftakt-Rennen, die Troubles von Renault, Williams und McLaren sowie eine Analyse der anderen Teams.

Hans-Peter Voglhuber

Was in Melbourne anlässlich des ersten Formel1-GP in diesem Jahr geboten wurde, hat meine Befürchtungen leider bestätigt. Die Angst, endlich einmal „echte“ Neukonstruktionen auf die Räder zu stellen, blinder Glaube an Windkanal und Computer, eine eklatante Ideen- und Einfallslosigkeit der einzelnen Teams und ein schwaches Reglement sind meines Erachtens die Hauptgründe für diese langweilige Darbietung.

Da mögen die „Kriegsnamen“ wie etwa „Orca“ oder „Hammerhai“ noch so grimmig klingen, auf der Piste zählt die Performance und die war außer bei Ferrari bei allen Teams noch ziemlich dürftig.

Mit Ferrari und Renault erwiesen sich die schönsten Boliden auch sich wieder einmal als die schnellsten. Und hätte der Renault in seinem Heck einen Ferrari-, BMW- oder Hondamotor gehabt, wäre es für die „Red Twins“ Schumacher–Barrichello zweifellos etwas spannender und anstrengender geworden.

Die Ferrari-Verfolger: Renault, Williams und McLaren haben Probleme

Wie es aussieht, ist der Renault aerodynamisch und auch seitens des Chassis gleich gut wie der Ferrari, wenn nicht sogar um einen Tick besser. Was den gelb-blauen Boliden allerdings noch fehlt, sind noch etliche zusätzliche Pferde im Heck. Es ist zu hoffen, dass die von Renault angekündigten Motorausbaustufen sowohl an Power als auch an Zuverlässigkeit soviel bringen, dass Ferrari schlussendlich ernsthaft gefordert werden kann.

Die bayrisch-englische Interessengemeinschaft BMW-Williams hat mit ihrer rollenden Bulldogge wieder ein echtes Kraftpaket auf die Räder gestellt. Doch zum Beißen muss die deutsch-britische Hässlichkeit die Ferrari erst einmal erwischen und das scheint – bedingt durch ein offensichtlich nicht optimales Chassis – zumindest im Moment noch nicht möglich. Die Chancen stehen aber auf alle Fälle nicht so schlecht, dass sich im Lauf der Saison die blau-weißen Bullys nicht doch noch zu überaus ernsthaften Gegnern auswachsen könnten.

Eine Hoffnung, die ich angesichts der eher bescheidenen Performance von McLaren-Mercedes nicht unbedingt teile. Ich denke, dass die Ehe zwischen McLaren und Mercedes ziemlich am Ende ist und es für beide Partner sinnvoller wäre, jeweils allein weiterzumachen. Ich habe den Eindruck, dass McLaren von der Mercedesführung immer mehr vereinnahmt wird, was sich jedoch kontraproduktiv auszuwirken scheint.

Scheidung: Wäre eine Trennung von McLaren und Mercedes der richtige Ausweg?

Eine Scheidung von Mercedes könnte McLaren daher nur gut tun, vorausgesetzt, dass das Team angesichts der enormen Investitionen die in den letzten Jahren getätigt wurden, überhaupt noch allein (über)lebensfähig wäre.

Das Mercedes-Team bekäme die Chance, zu beweisen, dass es auch mit einem reinrassigen Stern in der Lage wäre, eine Formel1-WM gewinnen zu können. Sicher scheint mir derzeit nur, dass der aktuelle Dienstwagen von McLaren Mercedes ganz bestimmt nicht das Gerät ist, welches sich Räikkönen und Coulthard für eine erfolgreiche WM-Saison von ihren Arbeitgebern wünschen.

„Evolution statt Revolution“ war seit geraumer Zeit die Devise von Gustav Brunner bei Toyota. Dass den weiß-roten Rennern in Australien dann sogar eine nicht eben überragende Raubkatze mit einem Formel1-Neuling im Cockpit vorfuhr, sollte dem Konstrukteur zu denken geben.

Evolution, also eine Weiterentwicklung, ist durchaus vernünftig, wenn das Grundmodell gut und erfolgreich war, was vom Toyota-F1 ja nun wirklich nicht behauptet werden kann. Dieses Auto sah schon alt aus, als es noch neu war. Dass das 2004er Modell trotzdem aus dem Vorjahreswagen heraus „behutsam“ weiterentwickelt wurde, war verschenkte Zeit und hinausgeschmissenes Geld.

Toyota: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt

„First cut is the deepest“ - Toyota müsste sich endlich dazu aufraffen, den Schnitt zu wagen und einen völlig neuen Boliden zu bauen. Mit dem derzeitigen Auto – künftige Weiterentwicklungen inklusive - werden sie wohl nie eine F1-WM gewinnen.

Der Honda-Treibsatz des BAR-Renners scheint ziemlich gut und enorm stark zu sein. Dazu kommt eine klar erkennbar verbesserte Aerodynamik, sodass heuer noch einige gute Ergebnisse durch die BAR-Boliden eingefahren werden sollten.

Dasselbe gilt für das Sauber-Team. Leider scheint auch hier das Triebwerk erheblich besser als der Wagen zu sein, sodass außer Achtungserfolgen wenig mehr zu erwarten ist.

Jaguar wird sich auch heuer wieder wie die Jahre zuvor mit dem Mittelfeld herumbalgen und manchmal mit einem Achtungserfolg aufblitzen. Alles andere wäre für mich eine Überraschung. Nicht überrascht wäre ich, wenn auf Grund ihrer Mittelmäßigkeit den Raubkatzen in absehbarer Zeit der öffentliche Auftritt im Formel1-Zirkus für immer verwehrt werden würde.

Jordan hingegen dominiert klar! – die beiden Minardi. Obwohl die Jordan-Renner übers Jahr vielleicht doch noch die eine oder andere achtbare Platzierung haben könnten – nicht zuletzt dank Nick Heidfeld – ist der Niedergang dieses Teams unübersehbar.

Und obwohl ich immer ein Freund der kleinen Teams war und auch noch bin, denke ich doch, dass die Zeitabstände zwischen den Minardi und dem restlichen Feld schön langsam zu groß werden. Wenn die Verantwortlichen die Formel1 nicht ins Mittelmaß des Motorsports abgleiten lassen wollen, müssen sie dafür sorgen, dass es innerhalb des Starterfeldes wieder zu einem halbwegs akzeptablen Kräfteverhältnis unter den Teams kommt.

Jetzt, nach dem ersten GP wissen die Teams ungefähr, wie konkurrenzfähig sie im Moment sind oder auch nicht. Dass der australische GP nicht das Maß der gesamten F1-WM ist, ist bekannt. Trotzdem muss die Ferrari-Jagdgesellschaft sich erheblich anstrengen, wenn sie den roten Rennern aus Maranello den WM-Titel abjagen will. Kriegsnamen wie „Orca“ oder „Hammerhai“ sind dafür zu wenig; - aber wie gesagt, die Chance lebt!

Ihr Hans-Peter Voglhuber

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