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Formel1 – was heißt denn hier Formel?

Hans-Peter Voglhuber wünscht sich ein offeneres Reglement, bei dem die Ingenieure auch Technik-Experimente wagen dürfen und ein neues Punktesystem.

Hans-Peter Voglhuber

Für Noch-FIA-Präsident Max Mosley scheint es ein großes Bedürfnis zu sein, der Nachwelt etwas „Bleibendes“ zu hinterlassen. Die Vorstellung von einer langfristigen gültigen und vernünftig reglementierten „Mosley-Formel1“ ist jedoch zu schön um wahr zu sein.

Seine Vorschläge und bis dato durchgesetzten Regeln lassen nicht wirklich ein gut durchdachtes Konzept für eine erfolgreiche Zukunft der Formel1 erkennen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das Formel1-Reglement enorm verändert wird, wenn Mosley erst einmal abgetreten ist.

Mir sagt der Begriff Formel1 zweierlei: erstens, dass es sich um eine Renn-Formel handelt und zweitens, dass es sich dabei um die Krönung des Automobil-Rennsports handeln sollte. Tatsächlich ist die heutige Formel1 eine technisch kastrierte Rennformel, welche auf dem besten Weg ist, irgendwann für immer in der Versenkung zu verschwinden.

In früheren Zeiten war die Formel1 stets der Ausdruck von menschlicher Kreativität, Genialität und technischer Vielfalt. Da gab es Formel1-Boliden mit vier Vorderrädern, mit vier Hinterrädern, mit Turbinenantrieb, mit Allradantrieb, mit verstellbaren Aerodynamikteilen, mit 6-,8-,12- und 16-Zylindermotoren und, und, und. Heute scheint das Nonplusultra der Formel1 eine generelle Einführung von haltbaren V 8-Zylindermotoren zu sein!

Sicherheit: Nicht bei den Autos sondern den Streckenbegrenzungen muss man ansetzen

Und wenn ich die ersten „neuen“ 2005er-F1-Boliden ansehe, fällt mir dazu nur ein – in der Formel1 nichts wirklich Neues! Die Renner wurden langsamer gemacht? Wohl nur vorläufig, denn bis zur Jahresmitte sind wahrscheinlich die meisten Teams sowieso wieder nahe bei ihren Vorjahreszeiten, wenn nicht noch schneller.

Das Argument Sicherheit ist in diesem Zusammenhang reine Augenauswischerei, weil der Rennsport diesbezüglich schon immer jenseits von Gut und Böse war. Dieses von mir nicht nachvollziehbare Verhalten hat sich gerade erst bei den tödlichen Unfällen von Paris – Dakar gezeigt. Plötzlich war man allseits zutiefst betroffen, weil bei diesem - schon immer - immens gefährlichen Motorsport-Event wieder Teilnehmer gestorben sind.

Während früher Formel1-Piloten bei Unfällen mit wesentlich geringeren Geschwindigkeiten starben, weil es keine Sicherheitscockpits, keine Sicherheitstanks, keine Auslaufzonen usw. gab, so sind die Fahrer heute in erster Linie durch die enormen Aufprallgeschwindigkeiten gefährdet.

Daher muss besonders den Sicherheitsvorkehrungen auf den Rennstrecken noch viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. So könnten zum Beispiel für besonders gefährliche Hochgeschwindigkeitspassagen Sicherheitsnetze beitragen, wie sie etwa auf Flugzeugträgern eingesetzt werden, da bei Highspeedcrashes die großen Auslaufzonen und Reifenstapel sicherlich zuwenig Sicherheit bieten.

Back to the roots: Die Formel 1 muss wieder eine würde Rennformel werden

Diese Netze, welche ja eigentlich nur aus senkrechten elastischen Seilen oder Bändern bestehen, müssten etwa nach dem ersten Drittel der Auslaufzone wirksam werden und den Abflug eines Boliden zumindest soweit abbremsen, dass der Rennwagen in den folgenden Reifenstapel entweder gar nicht mehr oder nur mehr mit sehr geringer Geschwindigkeit einschlägt.

Eine maximierte Sicherheit auf den Rennstrecken sollte es möglich machen, der Formel1 wieder jene technische Freiheit zurückzugeben, die ihr Stück für Stück genommen wurde. Zu dieser Freiheit gehört für mich zum Beispiel die freie Wahl des Antriebs, des gesamten Fahrwerks und der Aerodynamik, wie auch Anzahl und Größe der Räder und Reifen.

Die Formel1 sollte endlich wieder eine echte Rennformel werden, die einige wenige, dafür aber klare Basisdaten aufweist und den Rest den Rennwagenbauern überlässt.

Derart vorgeschriebenen Basisdaten für einen künftigen Formel1-Boliden könnten zum Beispiel sein:

Less limits: Das Reglement muss mehr Spielraum für technische Experimente geben

maximale Breite des Wagens, der Antrieb muss ein Vier-Takt-Otto-Motor sein, wobei Hubraum, Zylinderanzahl, Turbolader und PS-Anzahl keine Rolle spielen sollten, da es ja ohnehin nichts nützt, unbegrenzt Leistung in die Boliden zu packen, weil Treibstoffverbrauch, Reifen und nicht zuletzt die Physik, sprich Fliehkraft, Grip etc. jeder überdimensionierten Triebwerksleistung automatisch Grenzen setzen. Weiter sollten verbindlich vorgeschrieben werden: ein bei jährlichen Crashtests geprüftes Sicherheitscockpit, Sicherheitstanks und eine genormte Feuerlöschanlage.

Verboten werden sollten Startautomatik, Traktionskontrolle und der Einsatz der Telemetrie im Rennen.

Um die Technik vollends ausreizen zu können und eine Formel1-Saison noch spannender und interessanter zu machen, sollten bei Formel1-WM-Läufen Boliden einer neu zu schaffenden Formel X (Experimental) starten dürfen. Für die Formel X- Boliden sollten zwar die Basisdaten der Formel1 gelten, es sollten jedoch alle nur erdenklichen Triebwerke – etwa Wankel oder Turbinen - eingesetzt werden dürfen. Ab acht ständig startenden Formel X-Boliden könnte es eine eigene WM-Wertung geben.

Schlussendlich sollte auch das Punktereglement insofern geändert werden, dass es zum Beispiel bei 24 Startern für den 1. Platz 24 Punkte, den 2. Platz 23 Punkte usw. gibt. Jeder Fahrer, der einen WM-Lauf beendet, käme so zu WM-Punkten, was nur recht und billig wäre. Und die Spitzenteams würden es sich künftig gründlich überlegen, ob sie derart dumme Spielchen á la Spielberg zulassen würden.

Da ich jedoch nicht daran glaube, dass es zu derartigen einschneidenden Änderungen in der Formel1 kommen wird, versuche ich weiterhin der aktuellen Formel1 Interessantes und Spannendes abzugewinnen.

In diesem Sinn wünsche ich allen Formel1-Fans eine spannende und hoffentlich katastrophenfreie Formel1-Saison 2005.

Ihr Hans-Peter Voglhuber

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