Formel 1 Launches 2007: Renault | 24.01.2007
"Wollen mit jedem Auto an die Grenzen gehen!"
Rob Bell, der Technikchef von Renault, spricht im Interview über die Planungsphase und neue Denkansätze bei der Konstruktion des neuen Boliden, des R27.
Foto:Renault F1
Bob, was kannst Du uns über den neuen Renault F1 R27 erzählen?
Der R27 ist eine enorme Weiterentwicklung des Designs mit dem wir 2005 und 2006 die Weltmeisterschaft gewonnen haben. Ich bin sehr stolz darauf wie das Team an diesem Projekt gearbeitet hat: Wir haben zwei Jahre mit bemerkenswertem Erfolg genossen, aber das hat in keinster Weise zu Selbstzufriedenheit geführt, sondern das Team ist heiß darauf, weiter zu gewinnen und das sieht man auch am neuen Auto.
Rein optisch sieht das Auto ganz anders aus als sein Vorgänger...
Mit jedem neuen Auto wollen wir beim Design an die Grenzen gehen - und das haben unsere Aerodynamiker beim R27 wieder getan, auch wenn es schwer war. Das ist nun die dritte Saison mit dem selben Aerodynamik-Reglement und wie immer, wenn man unter gleich bleibenden technischen Regeln etwas Neues finden möchte, versucht man möglichst selten, irgendwelche Dinge zu wiederholen - je länger sich die Regeln nicht verändern, umso schwerer wird es, Fortschritte zu machen.
Unser Technik-Team ist diese Aufgabe angegangen mit einer Kombination aus neuen Denkansätzen und umfangreicher Arbeit im Windkanal. Dieser Prozess war nicht einfach und es wird noch härter werden, aber wir mögen solche Herausforderungen.
Renault wird 2007 das erste Mal mit Bridgestone-Reifen fahren, wie hat sich dieser Wechsel ausgewirkt?
Einfach gesagt, hat sich das doppelt ausgewirkt. Als wir die neuen Bridgestone-Reifen unserem Windkanal-Modell angepasst haben, haben wir festgestellt, dass wir unsere Aerodynamik noch einmal überarbeiten müssen - und es wird ein fortlaufender Prozess sein, dieses Paket zu optimieren.
Zweitens haben wir die dynamischen Charakteristika des Autos verändert, damit die Reifen optimal arbeiten können, wir haben einige Parameter neu eingestellt, zum Beispiel die Gewichtsverteilung. Bridgestone war uns gegenüber immer sehr offen und wird bauen an der Rennstrecke eine enge Zusammenarbeit mit ihnen auf. Aber wir bleiben auf dem Teppich und wissen, dass wir bis zum ersten Rennen und auch später noch einiges an Erfahrung sammeln müssen.
Renault hat 2006 gegen Ferrari und die Meisterschaft gekämpft und 2005 gegen McLaren. Wie schätzt du das Kräfteverhältnis in der Saison 2007 ein?
Ich denke, das wird eine sehr enge und spannende Saison. In den vergangenen Jahren hingen die unterschiedlichen Leistungen der Teams vor allem von den unterschiedlichen Reifen ab - diesen Faktor gibt es jetzt nicht mehr. Durch die Homologierung kann man auch beim Motor keinen signifikanten Leistungsvorteil herausholen.
Meiner Meinung nach hat das zwei Dinge zur Folge: Erstens wird der Leistungsunterschied zwischen den Teams kleiner und der Wettkampf enger. Aber zweitens wird das erst das wahre Können der einzelnen Teams zeigen und Organisationen wie uns als Rekordweltmeister die Möglichkeit geben, sich aus der Masse hervorzuheben.
Wird es am R27 größere Neuentwicklungen geben?
Ja, 2007 fahren wir mit einem einem Getriebe ohne Zugkraftunterbrechung. Das ist in der Formel 1 keine neue Technologie, einige Teams benutzen das System bereits. Aber wir haben bis 2007 gewartet, bis das System vollkommen zuverlässig ist und wir damit den größten Vorteil gegenüber unseren Konkurrenten bekommen.
Das Getriebe hat seit November mehrere tausend Test-Kilometer absolviert im Übergangsauto absolviert und eine gute Leistungssteigerung gebracht. Und was noch mehr zählt: In einer Saison, in der sich jedes einzelne Team nur noch schwer weiter verbessern kann, ist es für uns, verglichen zu den Teams, die bereits mit einem solchen System fahren, ein Riesenschritt nach vorne.
Man sagt ja oft, dass man in erfolgreichen Zeiten so wenig wie möglich verändern sollte - aber das Team hat einen neuen Fahrer und einen neuen Reifenlieferanten. Ändert das etwas an der Saisonvorbereitung?
Es hat daran, wie wir die neue Saison angehen, gar nichts geändert. In jedem Topteam gibt es 2007 massive Veränderungen, neue Fahrer, neue Strukturen im technischen Bereich und in manchen Fällen auch neue Reifen, und die wahre Qualität eines Teams zeigt sich darin, wie erfolgreich es mit solchen Veränderungen fertig wird.
Renault war in den vergangenen Jahren immer gut darin, sich den Veränderungen anzupassen und im Jahr 2007 vermischt sich bei uns Kontinuität mit Erneuerung: Neben dem erfahrenen Grand-Prix-Sieger Giancarlo Fisichella und dem bewährten technischen Management haben wir Heikki Kovaleinen und ein umstrukturiertes Rennteam, in dem eine Reihe junger Ingenieure neue, höhere Aufgaben übernommen haben.
Wir sind entschlossen, weiterhin Rennen zu gewinnen und um Meisterschaften mitzukämpfen. Wenn wir diese Ziele erreichen wird das ein weiterer Beweis für die Klasse des Teams sein.
Was erwartest du dir also für das kommende Jahr?
Ich denke, dass wir uns sehr optimistisch fühlen. Als Team möchten wir unseren Piloten die beste Ausrüstung geben, um Rennen zu gewinnen - und das beste Umfeld. Ich denke, dass uns das 2007 gelungen ist. Unsere Motivation ist größer als je zuvor und wir erwarten eine sehr spannende Saison.