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Formel 1: Ralf Schumacher

Gescheitert oder einfach nur zu viel Schatten?

Seinen Auftritt in Jerez sehen viele als "unwürdig", seine Karriere scheint zu Ende. Geblieben ist Ralf Schumacher das Image des Erfolglosen - ist er gescheitert?

"Der erfolglose Ralf und Frau Cora" - unter diesem Titel spendierte die Website des Magazins Focus ihren LeserInnen zum Krampustag eine Bildergalerie zum Durchklicken. Nichts Besonderes, ein Bruchteil der 56 Bildchen zeigen einen verzwickt dreinschauenden Ralf Schumacher, die große Mehrheit der Fotos ist den stets wechselnden Outfits seiner Gattin Cora gewidmet. Wie gesagt, nichts Besonderes - dennoch: Der Titel dieses Onlinebilderbuchs, in all seiner Schlichtheit, in aller seiner Brutalität, ist bezeichnend für die problematische Karriere des Ralf Schumacher.

Zu 95 Prozent hat diese Karriere als Grand Prix-Pilot bei den an den Nikolaus- und Krampustagen abgehaltenen Formel 1-Testfahrten in Jerez de la Frontera ein bestürzend unrühmliches Ende gefunden. Die Fachzeitschrift Motorsport aktuell bedachte Ralf Schumacher noch einmal auf dem Titelblatt - mit der geradezu vernichtenden Schlagzeile: "Der würdelose Abgang - auch Hinterbänkler Force India will Ralf Schumacher nicht".

Abgang durch die Hintertür

Im Blattinneren wunderte sich Redakteur Norbert Ockenga, warum dem Bruder von Michael Schumacher bei seiner Abreise aus Jerez keine lange Nase gewachsen sei, wenige Zeilen später stellte er die Frage in den Raum: "Kann man Ralf Schumacher noch glauben?" Noch im Oktober hat der 32-jährige nämlich behauptet, er werde "2008 ganz sicher Formel 1 fahren", diese Aussage bekräftigte Ralf mit den Worten: "Ich weiß gewisse Dinge, die mich ruhig schlafen lassen." Später gab er zu, es habe sich dabei lediglich um "beschwichtigende Worte" für die Medien gehandelt. Und nach dem völlig verpatzten Testtag - zwei Abflüge in der gleichen Kurve, mit Abstand langsamster Force India-Pilot - meinte er plötzlich, er würde "schon seit dem Sommer daran denken", seine Karriere zu beenden.

Widersprüchlich auch jene Aussage des Deutschen, er habe nur deshalb an den Force India-Tests teilgenommen, weil ihn der neue Teambesitzer Vijay Mallya bereits im Sommer um so einen Test gebeten habe. Schumacher ist mit dem indischen Multimillionär, dessen Fluglinie 'Kingfisher' bei Toyota als Sponsor fungiert, gut befreundet. Während Fisichella, Klien, Liuzzi oder Montagny erklärter Weise um das freie Einsatzcockpit des neuen Teams gekämpft haben, sah sich Ralf Schumacher plötzlich nicht mehr in diesem Stechen. Es würde bei seinem Test nicht um eine langfristige Zusammenarbeit gehen, erklärte Schumacher nach seinem katastrophalen Auftritt. Zuvor war er zwei Tage vor Ort, obwohl nicht im Einsatz, stets neben Mallya an der Kommandobrücke - nicht unbedingt das Verhalten von jemandem, der überhaupt kein Interesse an dem freien Cockpit hegt.

Wahrscheinlich erkannte Ralf Schumacher, dass sein Auftritt alles andere als eine Empfehlung war, und so erklärte er am Abend der Bild-Zeitung: "Es sieht derzeit so aus, als wäre das meine letzte Fahrt in einem Formel 1-Auto gewesen." Bei Force India wolle er nicht fahren, es müsse schon "Sinn machen", er werde nicht "blindlings zuschlagen", fügte Schumacher hinzu. Nur wenig später wurde dieser Rückzugsgedanke von seinem früheren Manager Willi Weber, mit dem er sich zerstritten hatte, bestätigt: "Wenn er kein Team findet, wo er sein Talent zeigen kann, sollte er sich das nicht mehr antun." Selbst Bruder Michael nickte: "Das ist sicher vernünftiger, gesünder und schöner, als in einem Team hinterherzufahren, dessen Namen ich derzeit nicht einmal kenne."

Wer will mich?

Dabei gab es zu dieser Zeit noch ein freies Spitzencockpit, jenes von McLaren-Mercedes. Vorsichtig hat sich Ralf im November ins Spiel gebracht, schließlich wäre ein deutscher Pilot für Mercedes eine willkommene Imagepolitur. Er würde sich zutrauen, neben Lewis Hamilton zu bestehen, der Silberpfeil sei "das mit Abstand begehrteste Cockpit", schmeichelte Ralf. Doch Norbert Haug stellte alsbald klar, dass man an den Diensten des 32-jährigen kein Interesse hat.

Wenig erfreulich auch jene Boxengassenumfrage, welche die Bild-Kollegen in Shanghai durchgeführt haben wollen - demnach hätten acht der elf F1-Teamchefs die Frage nach einem Interesse an Ralf mit einem klaren "Nein" beantwortet, zwei von ihnen, Frank Williams und Aguri Suzuki, wollten keinen Kommentar abgeben. Eine Rückkehr zu Williams, wo Ralf Schumacher seine besten Zeiten erleben durfte, steht seit der Beförderung von Kazuki Nakajima zum Einsatzpiloten nicht mehr zur Debatte. Das neue Prodrive-Team wird zumindest 2008 nicht an den Start gehen.

Zweitbester Deutscher

Dass Ralf Schumacher als Formel 1-Pilot quasi zwangspensioniert wird, bereitet dem Deutschen mit Salzburger Wohnsitz mit Sicherheit Schmerzen, schlimmer noch dürfte aber das Image vom erfolglosen Bruder des Siebenfachweltmeisters sein. Siehe "Der erfolglose Ralf und Frau Cora"...

Während Nico Rosberg, Timo Glock oder Adrian Sutil als die möglichen Nachfolger von Michael Schumacher in den Himmel gelobt werden, stellt Ralf Schumacher so etwas wie die leibhaftige Erfolglosigkeit, quasi das Scheitern in Person dar. Nur: Bei Toyota konnte auch kein anderer Pilot Siege einfahren....

Das Problem des Ralf Schumacher hat einen konkreten Namen: Michael Schumacher - in Wahrheit war und ist der Schatten des Rekordbruders einfach zu groß. Dabei ist Ralf Schumacher mit seinen sechs GP-Siegen und seinen 329 WM-Punkten der bislang zweiterfolgreichste von 51 deutschen Piloten in der Geschichte der Formel 1...



Deutsche Piloten in der Formel 1 - Top 10


Pos Fahrer                    GP  WM-Titel  Siege  Punkte
 1. Michael Schumacher       248       7      91    1369
 2. Ralf Schumacher          180       0       6     329
 3. Heinz-Harald Frentzen    156       0       3     174
 4. Nick Heidfeld            132       0       0     140
 5. Jochen Mass              104       0       1      71  
 6. Wolfgang von Trips        27       0       2      56
 7. Hans-Joachim Stuck        74       0       0      29
 8. Nico Rosberg              35       0       0      24
 9. Karl Kling                11       0       0      17
10. Rolf Stommelen            53       0       0      14

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