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DTM: Kommentar

Respekt, Ralf!

Ralf Schumacher hat den Planeten F1 verlassen, um als unprätentiöser "DTM-Lehrbub" auch in Zukunft sein Glück als Rennfahrer zu suchen...

Michael Noir Trawniczek
Fotos: DTM

Formel 1-Grand Prix von Italien 2007. Das Fahrerlager im königlichen Park von Monza, Medientischrunde bei Toyota. Ein zerknittert wirkender Ralf Schumacher (den Gesichtsausdruck kennt man, es gab die letzten Jahre über zahlreiche Fotos des "zerknitterten" Ralf Schumacher) erklärt wieder einmal, warum es sich im Qualifying nicht ausgegangen ist, warum er gleich im ersten Heat hängen blieb, während Stallkollege Jarno Trulli auf Startplatz neun vorstürmen konnte.

Die deutschen Kollegen hängen an seinen Lippen, wenn es, wie immer in letzter Zeit, um seine Zukunft geht. Welche Rennserien er sich sonst vorstellen könnte, würde man gerne wissen - doch "Schumi 2" antwortet zum 1543. Mal stereotyp: "Ich werde auch 2008 in der Formel 1 sein!" Ralf kennt die Formel 1, er ist längst ein Teil von ihr geworden - und er kennt die Medienmechanismen der "Königsklasse". Er weiß, dass er mit jedem Rennwochenende an Wert und Image verliert. Er lässt es über sich ergehen, zumindest erhält man diesen Eindruck.

Gelandet

Jetzt ist er draußen, jetzt ist er gelandet, hat den Planeten Formel 1 verlassen, um gegen den Rat seines Bruders in der DTM weiterhin sein Glück als Rennfahrer zu suchen. Anderer Planet, anderer Ralf. Seine Aussagen sind überhaupt nicht patzig, ganz im Gegenteil. "Ich habe deshalb immer betont, dass ich auch 2008 in der Formel 1 fahren würde, weil ich diesen ganzen Fragen aus dem Weg gehen wollte", gibt er heute salopp zu.

Die Begründung für sein DTM-Abenteuer ist nachvollziehbar: Er wolle einfach weiterhin Rennen fahren, wie schon vor elf Jahren, als er ein Renncockpit bei Jordan einem Testcockpit bei McLaren-Mercedes vorzog. "Vielleicht wäre meine Karriere bei McLaren anders verlaufen - aber ich wollte unbedingt Rennen fahren. Und das will ich heute kein bisschen weniger", sagt er.

Und er gibt Sätze von sich wie: "In meinen letzten drei Jahren in der Formel 1 war ich weitestgehend erfolglos und da hörte es sich für mich schon fast fremd an, als Norbert Haug bei unseren Gesprächen erwähnte, dass ich kurz vor dieser Zeit auch schon mal zwei Formel-1-Grand Prix innerhalb von nur acht Tagen gewonnen hatte."

Der bislang siegreichste deutsche F1-Pilot nach der Lichtgestalt Michael Schumacher hat im Gegensatz zu seinem Bruder nicht viel zu verlieren, die schnelllebige Gesellschaft hat ihn längst zu einem Gescheiterten abgestempelt - und er hat kein Problem damit, so scheint es: "Natürlich ist mir vollkommen klar, dass weder Medien noch Zuschauer den größten Rennfahrer aller Zeiten in mir sehen, das ist auch gar nicht meine Zielsetzung."

Er wolle in der DTM auch keinesfalls Mika Häkkinen als großer Star der Serie nachfolgen, erklärt Ralf Schumacher. Im Jahreswagen von Mercedes möchte der 32-jährige zunächst "einfach lernen". Es sei für ihn ohnehin nicht möglich, von Beginn an um Siege zu kämpfen, sagt der Wahl-Salzburger: "Ich muss jetzt einmal schauen, dass ich im 'Gebrauchtwagen' mit den vergleichbaren Konkurrenten gut klarkomme."

Entwaffnung & Prügel

Entwaffnung ist angesagt - Ralf Schumacher gibt sich, so scheint es, ganz bewusst als "DTM-Lehrbub", um jenen den Wind aus den Segeln zu nehmen, die nur darauf warten, über ihn herzufallen - dass dies trotzdem passieren wird, scheint ihm auch klar zu sein: "Das wird sicherlich schwierig und ich mag auch die einen oder anderen Prügel einstecken. Ich muss mich da einfach rein denken, ich muss das lernen. Ich fange da von Null an, es sind neue Rennstrecken, eine komplett neue Umgebung, ein ganz anderes Fahren und da möchte ich mir selbst Zeit lassen. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und da stehe ich auch dazu."

In gewisser Weise hat Ralf Schumacher "die Hosen runter gelassen", er hat der Motorsportwelt mit recht selbstkritischen Worten erklärt, warum er sich in das Abenteuer DTM stürzt: weil er einfach weiterhin Rennen fahren möchte. Diesbezüglich sollte man ihm Glauben schenken - das Geld allein hätte er anderswo, als Werbeträger beispielsweise, auch einstreifen können, zudem hat er bereits genügend Reichtum angesammelt. Ralf Schumacher muss nicht bewundert werden, aber er hat Respekt verdient - für seine Entscheidung, in der DTM anzutreten. Und für die Art und Weise, wie er an dieses neue Kapitel seiner Karriere herangeht.

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