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Formel 1: Kommentar

Das elende Klagelied der Verschwender…

…soll endlich verstummen! Die Flut der Sparnotwendigkeits-Nachrichten ist nicht mehr auszuhalten – Handlung ist nun angesagt, ohne den Sport zu kastrieren…

Michael Noir Trawniczek, noir@motorline.cc

In einer nicht mehr enden wollenden Nachrichtenflut teilen uns die Entscheidungsträger der weltgrößten Automobilrennserie nun schon seit Jahren mit, wie wichtig es sei, Geld einzusparen und wie schlimm es um die Formel 1 bestellt sei.

Die akute Finanzkrise und der Honda-Ausstieg haben dieses Klagelied in ungeahnte, peinlich berührende Tonhöhen getrieben – es fehlt eigentlich nur noch die Spendenaktion für verarmte Formel 1-Manager oder am besten gleich für die gesamte Automobilindustrie…

Die FIA betet seit Jahren die gleiche Leier von der Sparnotwendigkeit und beschließt ebenfalls seit Jahren fortwährend Regeländerungen, welche die Kosten erneut in die Höhe schrauben. Die „sündteuren Sparmaßnahmen“…

Die Formel 1-Teams respektive die Automobilhersteller oder sonstige Konzerne haben bislang diese Spargedanken recht halbherzig nachgebetet und in Wirklichkeit das gnadenlose Wettrüsten bis zum Letzten ausgereizt.

Bislang wurden noch jedes Jahr in Monaco irgendwelche Diamanten in Autos oder Sturzhelme verschraubt, die Motorhomes wurden immer höher und luxuriöser, die Gehälter der Stars unter den Piloten und Technikern stiegen ins Unermessliche, die Windkanäle schossen aus dem Boden, Rennstrecken mit Monumentalbauten wurden quasi extra für die Formel 1 in den Ländern der neu zu erschließenden Märkte aus dem Boden gestampft und Prodrive lieferte unlängst die Antwort auf das palastartige McLaren Technology Center…

Und jetzt dieses Dauerfeuer, dieses endlose Klagelied, dieses Klagelied der Verschwender – ich für meinen Teil, ich kann es nicht mehr hören! Ja, es ist schön, wenn jetzt angesichts des Wassers, das den Herstellern nun angeblich bis zum Halse steht, so etwas wie Einigkeit unter den Formel 1-Teams herrscht und wenn nun also tatsächlich gespart wird. Aber bitte – kann man das nicht einfach rasch und effizient in die Wege leiten? Ohne dieses Gejammer?

Das nämlich steht einer Sportart, die weltweit 600 Millionen Menschen vor die Bildschirme lockt, nicht wirklich gut. Diese Menschen wollen gute, spannende Rennen sehen, sie wollen interessante Boliden bestaunen und letztlich wird die Formel 1 wie Niki Lauda treffend formuliert hat, sicher nicht – und schon gar nicht in Monaco - auf alten Reifen rumsitzen. Das passt auch nicht zur Formel 1. Sie wird auch weiterhin ein Symbolbild für Luxus bleiben…

Anfang 2007 wollte Honda mit dem sponsorlosen Earthdream-Auto zur Rettung der Welt beitragen. Jetzt kam der plötzliche Formel 1-Ausstieg. Dabei hat das Honda-Team im Jahr 2006 erstmals seit der Übernahme von BAR einen Gewinn erwirtschaftet, in der Höhe 1,3 Millionen Euro. Der Tabaksponsor lieferte im Jahr 2006 Sponsorengelder in der Höhe von 42 Millionen Euro. 2007 hat man auf Sponsoren verzichtet - es stellt sich die Frage, ob die Finanzkrise nicht auch ein willkommener Anlass war, das Projekt abzudrehen. So wie auch zahlreiche andere Konzerne auf den Zug aufspringen und gekürzte Werbe-Etats einsilbrig mit dem Wort „Finanzkrise“ begründen…

Wie auch immer - die Formel 1 sollte nicht den gleichen Fehler begehen wie die amerikanischen Automobilkonzerne, deren steinreiche Manager im Privatjet zu jenem Meeting flogen, bei dem sie quasi Steuergelder in Milliardenhöhe erbettelten, um nicht in Konkurs gehen zu müssen.

Ein Konzernboss kassiert in der Automobilindustrie schon mal ein Jahresgehalt von rund 35 Millionen Euro. Das Durchschnittsgehalt eines deutschen CEO soll bei 247.000 Euro liegen, in Österreich betrugen im Jahr 2007 die Jahresgehälter der Führungskräfte der 3. Ebene im Schnitt 85.000 Euro. Der Durchschnittsgehalt eines CEO in Amerika beträgt das 100fache eines Normalgehalts…

Daher folgender Appell: Liebe Damen und Herren Verschwender, es ist schön, dass Sie zu einer Einsicht gezwungen wurden – bringen Sie Ihre Finanzlage in Ordnung – und zwar nicht auf dem Rücken der Ärmsten! Das heißt: Drastische Kürzung der Managementgehälter anstelle von Massenkündigungen! Es ist viel zu tun, es ist viel zu kehren – vor der eigenen Tür! Jetzt können die Entscheidungsträger der Industrie beweisen, dass sie ihr Wahnsinnsgehalt zumindest zur Hälfte wert sind, indem rasch eine wirklich brauchbare Lösung erarbeitet wird. In den USA musste man die Konzerne quasi dazu zwingen, endlich Sprit sparende Autos zu produzieren…

Auf die Formel 1 bezogen ist festzustellen: Liebe Entscheidungsträger, nützen Sie die Einigkeit, setzen Sie die nötigen Sparmaßnahmen, stoppen Sie die Geldvernichtung – jedoch auf sinnvolle Art und Weise - ohne dabei den Sport völlig zu kastrieren! Formel 1 kann auch ohne Verschwendung innovativ sein. Sie war es früher – mit einem Minimum des heutigen Aufwands – auch. Was heißt auch – sie war um ein Vielfaches innovativer. Jetzt sind wirklich die „Superhirne“ gefragt – und das elende Klagelied der Verschwender soll endlich verstummen. Arbeit ist angesagt,

findet Ihr leicht genervter

Michael Noir Trawniczek

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