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Hans Peter Voglhubers Kolumne

Kernschmelze - Kommt der F1-Supergau?

Hans-Peter Voglhuber stellt sich die Frage, wer nach Honda als nächstes Team die Reißleine zieht und ob es zum großen Supergau in der Formel 1 kommt.

Hans-Peter Voglhuber

Honda hat die Reißleine gezogen und damit möglicherweise eine „Kernschmelze“ in der Formel1 ausgelöst. Es scheint nur mehr eine Frage der Zeit zu sein, wann das nächste Konzern-Team vom harten „Formel1-Kern“ (Mercedes, BMW, Toyota, Renault, Ferrari, Williams) „wegschmelzen“ wird, was in den nächsten ein, zwei Jahren zum Supergau in der Formel1 führen könnte.

Zwar hat die Weltfinanzkrise mit den virtuellen Luftgeschäften an den Börsen in den USA begonnen, aber Fakt ist, dass der Automarkt weltweit gesättigt ist und die Produktionsraten der Automobilkonzerne die Kaufkapazitäten heute weit übersteigen.

Den Leuten von Honda ist der Ausstieg aus der Formel1 sicher sehr schwer gefallen, schließlich bedeutet dies für die Japaner den sportlichen Offenbarungseid und einen äußerst schmerzlichen Prestigeverlust. Es sind zwar in der Geschichte der Formel1 immer wieder berühmte Teams wie etwa Cooper, BRM, Lotus, etc. abgetreten, dennoch bedeutet der Abgang des traditionsreichen Honda-Teams einen besonderen Verlust für die Formel1.

Es bleibt zu hoffen, dass sich für Honda doch noch ein ernsthafter, potenter Käufer findet. Vielleicht legt sich ja einer der russischen Milliardäre anstatt eines Fußballclubs einmal ein Formel1-Team zu. Und wenn alle Stricke reißen, dann sollte Honda zumindest als Motorenlieferant weiter in der Formel1 verbleiben. Das täte der Formel1 aber auch Honda selbst gut.

Doch auch die anderen Formel1-Teams dürften inzwischen ordentlich schwitzen. Allen voran McLaren Mercedes; - hat doch Mercedes mit der DTM ein weiteres, äußerst kostspieliges Betätigungsfeld. Nicht viel weniger dramatisch dürfte sich die Situation bei BMW und bei Toyota darstellen.

Trotzdem lautet die Parole dieser Konzerne zumindest vorläufig noch: wir machen weiter! Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ist Werbung ganz besonders wichtig, obwohl speziell in der Formel1 die Effizienz der Werbung angesichts des riesigen finanziellen Aufwandes inzwischen zu Recht bezweifelt werden darf. Hinzu kommt, dass in Zeiten wie diesen Megasponsoren so rar sein dürften, wie Maiglöckchen im August.

Was RBR und Toro Rosso anlangt, so habe ich den leisen Verdacht, dass der Exitus des Toro Rosso-Teams eine schon länger beschlossene Sache ist. Dass zwei Formel1-Teams ohne Großsponsoren für Red Bull auf Dauer nicht tragbar wären, war vorhersehbar. Und, dass im Fall des Falles Toro Rosso dran glauben muss, war wohl auch von Anfang an klar. Allerdings, dass Toro Rosso dem „großen Bruder“ um die Ohren fahren würde, damit hatte man in der Zentrale von RBR nicht gerechnet.

Also musste nun Vettel zu RBR wechseln und Gerhard Berger stieg bei Toro Rosso aus, womit das erfolgreichere „B-Team“ zwei seiner wichtigsten Leistungsträger verloren hat. Dass Toro Rosso diesen Aderlass nicht schadlos überstehen wird, liegt auf der Hand und da sich für Toro Rosso wahrscheinlich kein Käufer finden wird, könnten spätestens am Ende der Formel1-WM 09 die wichtigsten menschlichen und technischen Ressourcen von Toro Rosso zum „Einser-Team“ RBR transferiert werden und Toro Rosso wäre Geschichte.

Auch Sir Frank Williams dürfte schon besser geschlafen haben. Schließlich handelt es sich bei Williams nicht nur um ein renommiertes Team mit erfolgreicher Vergangenheit, sondern auch um ein Team mit entsprechendem Finanzbedarf. Sollte sich nächstes Jahr die wirtschaftliche Situation nicht bessern, könnte ein weiteres Seuchenjahr wie es das heurige war, für das Williams-Team den Abstieg ins Nichts einleiten.

Sorgen, die Force India in diesem Ausmaß nicht unbedingt haben muss. Zum Einen kann es nächstes Jahr ohnehin nur besser werden und zum Andern scheint die Geldbeschaffung für dieses indische „National“-Team nicht ganz so schwierig zu sein. Doch auch hier ist angesichts der weltweiten Krise grundsätzlich alles möglich.

Das Toyota-Team wird zwar durch den Abgang des nationalen Rivalen Honda zumindest in puncto Prestige profitieren können, aber längerfristig wird auch bei Toyota nix fix sein. Und auch bei Renault und Ferrari dürften die Zeichen auf Sturm stehen.

Zweifellos war die Weltfinanzkrise der Auslöser für die derzeitigen Turbulenzen in der Formel1. Aber, dass die Formel1 mit ihren teilweise schon wahnsinnigen Auswüchsen sich mit Riesenschritten dem Abgrund nähert, stand für mich schon lange fest.

Fantasiegagen für die Fahrer, irrwitzig aufgeblähte Teams für die nur die Anzahl der Windkanäle zählt, High-Tech-Fahrerlager, welche jeder Weltausstellung zur Ehre gereichen und ein Technologieaufwand, wie ihn bestenfalls Flugzeughersteller betreiben, müssen zwangsläufig einmal zum finanziellen Kollaps führen.

Das wird auch Bernie Ecclestone zur Kenntnis nehmen müssen. Die Zeiten, wo er mit diktatorischer Härte Preis und Veranstaltungsorte bestimmen konnte, dürften zu Ende gehen, sodass auch der große Formel1-Zampano künftig seine Forderungen wird zurückschrauben müssen.

Nichtsdestotrotz wird die Formel1 weiterwerkeln wie gehabt. Die Teams betreiben so viele Windkanäle wie nur möglich, für jedes Schräubchen sitzt ein Ingenieur vor dem Computer und ihre Motorhomes haben auch 2009 die Größe mobiler Feriensiedlungen von Scheichs. Frei nach dem Motto: Nobel geht die Formel1-Welt zugrunde.

Lediglich an den Supergagen mancher Fahrer könnte sich in der nächsten Zeit etwas ändern. Schließlich stehen schon die nächsten ultraschnellen Racing-Kids Helm bei Fuß, welche – zumindest am Anfang – auch für ein Butterbrot fahren würden. Es wird zwar nichts so heiß gegessen wie es gekocht wird, doch diesmal dürften sich noch manche ihren Mund ordentlich verbrennen.

Aber Humor ist, wenn man trotzdem lacht. In diesem Sinne erwarte ich zwar skeptisch, aber nicht ganz ohne Optimismus die Formel1-Saison 2009 und hoffe, dass diese vor weiteren Pleiten und Urteilen am grünen Tisch verschont bleiben wird.

Ihr Hans-Peter Voglhuber

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