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Andi Aigner im motorline.cc-Interview

Andi Aigner konnte bei seinem ersten Baja 500-Wüsteneinsatz gleich einmal Platz 3 belegen – im Interview erzählt er von diesem Abenteuer.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: AGM, armin-schwarz.com, andreasaigner.at

Andi, gratuliere zu diesem tollen Erfolg. Beim ersten Wüstenabenteuer gleich auf dem Podium der Klasse 1 – wie hat’s dir gefallen?

Ja, also gleich einmal diesen Einstand auf dem Podium zu beenden war natürlich sensationell – das haben wir so eigentlich nicht erwartet. Weil ich auch gar nicht gewusst habe, was da wirklich auf mich zukommt. Dann hat mir der Armin Kremer das Auto auf dem zweiten Platz übergeben – na ja und da war der Druck dann auch nicht unbedingt geringer, wenn du das Auto gleich einmal auf Platz zwei liegend übernimmst. Da willst du natürlich schauen, dass du den zweiten Platz halten kannst.

Eine Ungewissheit bestand darin, wie das Auto beieinander sein wird – aber das war noch in einem sehr guten Zustand. Von den Dämpfern her hat man schon gemerkt, dass alles schon ein bisschen weicher war, weil doch bereits über 200 Meilen gefahren wurden mit dem Gerät.

Du hast ja vor dem Rennen kurz getestet, oder?

Ja. Wir sind am Sonntag und am Montag den so genannten Pre-Run gefahren, eine Art Streckenbesichtigung wie bei der Rallye. Da sind wir mit einem viersitzigen Buggy gefahren – da haben wir gemeinsam mit unserem Teamchef Martin Christensen quasi unseren Teil trainiert. Und das war schon sehr beeindruckend – denn auch in dem Besichtigungsfahrzeug ist schon ein großer, dicker Motor drinnen. Das hat auch schon richtig Leistung, wie ein Buggy eben, aber mit vier Sitzen.

Klingt lustig…

Ja, das war ein riesengroßer Fun und auch sehr angenehm zum Fahren. Ich habe mir gedacht: ‚Das geht ganz schön über die Wellen drüber, das schluckt die Wellen richtig gut!’ Das ist eigentlich ein bisschen wie so ein Schiff. Der Martin hat dann gesagt, dass es im Rennbuggy wieder anders sein wird. Darunter habe ich mir relativ wenig vorstellen können.

Am Dienstag sind wir dann umgestiegen ins Rennauto, um noch ein bisschen zu testen. Und da war ich dann, wie soll ich sagen, schon ein bisschen schockiert – weil der Rennbuggy im Vergleich zum Trainingsbuggy doch wie ein Rennauto war. Das kannst du vergleichen, als ob du vom Serien- ins Rallyeauto umsteigen würdest. Das war nochmal um hundert Prozent härter und steifer, es hat richtig eingelenkt, wie ein Rennwagen eben. Da war ich schwer überrascht, dass dieser Buggy so agil ist und er nicht nur über die Wellen, sondern auch ums Eck fährt.

Wie das die Wellen schluckt, ist sowieso sensationell. Schockierend in dem Sinn, dass du erst reinwachsen musst, sind diese Waschbrettwellen - wie aus dem Motocross-Sport, nur um ein, zwei Meter tiefer. Da ist es schwer, dass du nicht langsam drüber fährst, sondern so viel Speed aufnimmst, dass du über die Wellen drüber fliegst und nicht wie beim Motocross quasi oben aufpäppelst. Da darf man halt nur nicht zu langsam werden, denn sonst fängt das Ding richtig zu springen an, da beginnt es dann sich richtig aufzuschaukeln. Das galt es zu überwinden – wenn da eine Kombination kam über 300 Meter mit 1,5 Meter Tiefe, musst du allen Mut zusammennehmen und schnell genug zufahren. Und auch schnell genug drüber fahren und immer am Gas bleiben – denn dann funktioniert das sensationell gut. Das schluckt die Wellen, das ist ein Irrsinn.

Gab es einen heiklen Moment im Rennen? In dem Sinn, dass es zu springen begann?

Ja, in so einer Dünenpassage am Meer unten hat es einmal richtig zu springen begonnen – aber nicht geradeaus, sondern eher seitlich. Wenn das Heck zwei Meter nach links und zwei Meter nach rechts zu springen beginnt, ist das ein bisschen ungut. Aber da gehst du einfach vom Gas und nimmst den Speed raus und schaust, langsam wieder die Geschwindigkeit aufzubauen.

Hast du viele Teilnehmer überholen müssen?

Gott sei Dank hat sich das Feld bei uns schon ein bisschen auseinander gezogen – aber als wir in der Wechselzone die Autos auf den Plätzen eins und zwei übernommen haben, ist einer der Profitrucks an uns vorbeigefahren und der war ein bisschen mühselig. Der fuhr gerade in einem solchen Tempo, dass du im Staub näher rangekommen bist. Überholen war aber dann doch nicht einfach, so sind wir relativ lang in seinem Staub gefahren.

Du bist auch einmal festgesteckt?

Ja. Da habe ich mich selbst festgefahren, das war eine etwas unglückliche Situation. Wir hatten immer wieder Motoraussetzer, da hat er das Gas einfach nicht mehr angenommen. Das konntest du nur beheben, indem du die Zündung aus- und wieder eingeschaltet hast. Das kam immer wieder mal vor, das war aber kein so großes Problem – das Problem bestand aber darin, dass dann auch die Servolenkung für diesen Moment weg war.

Da ist es dann auch in einer engen Stelle passiert, wo es dahinter gleich wieder steil bergauf ging. Ich habe beim Runterfahren die Zündung wieder aus- und einschalten müssen und habe kurz runter geschaut, sodass ich die richtigen Knöpfe drücke und in dem Moment bin ich mit dem Vorderrad ein bisschen runter gerutscht weil dort die Straße unterbaut war. Das war aber auch kein Thema, da ist halt einfach das Rad ein bisschen unten gewesen, ich bin ohnehin gleich gestanden, denn das war mit 5 km/h oder so.

Dann bin ich zurück gefahren, um zu reversieren und Schwung für den Hügel zu holen. Doch dann bin ich – meine Schuld – zu weit zurückgefahren und dabei habe ich mich festgefahren beziehungsweise mich in einen Graben gesetzt. Und wenn du mit dem Hinterteil feststeckst und ein Rad ist in der Luft, dann hast du ein Problem.

Und wie habt ihr dieses Problem gelöst?

Man hat bei der Baja immer so genannte Chase-Teams an der Strecke verteilt, die sonst auch schauen, ob an den Autos etwas kaputt ist oder die Autos auftanken und so weiter. Da hatten wir das Glück, dass ein solches Team zwei oder drei Meilen entfernt war – die sind dann einfach mit ihrem Cheep rein gefahren und haben die große Schnur angehängt an unserem Buggy. Die haben uns dann nach rund 15 bis 20 Minuten, bis sie uns gefunden haben, raus gezogen. Und dann fährst du ganz normal wieder weiter. Das ist Abenteuer pur.

Wenn man die zwanzig Minuten abzieht, warst du ja gleich schnell wie dein Teamkollege Armin Schwarz? Oder sogar noch schneller?

Naja, also das wäre sich vielleicht ausgegangen. Es wäre vielleicht noch eng geworden. Weil der Armin und der Martin haben dann auch noch einen Platz verloren an einen von hinten Aufkommenden, weil sie dann noch ein bisschen nachlassen haben. Aber es galt auch das Auto zu schonen – doch es hätte noch eng werden können, das kann man schon sagen.

Das heißt: Die Sache liegt dir.

Die Sache war echt spaßig und ich bin gut zurecht gekommen. Was ich noch bemerkt habe ist, dass das Zusammenspiel mit dem Beifahrer noch ein bisschen flüssiger werden muss. Weil wir da echt nur nach GPS-Noten fahren – das war am Anfang noch sehr ungewohnt.

Wenn du mit dem fünften Gang auf eine Kuppe zufährst und der Beifahrer sagt ‚fairly straight’ und das bedeutet so viel wie ‚müsste ungefähr geradeaus sein’ und du weißt also nicht, ob es dahinter leicht rechts oder vielleicht leicht links weitergeht, dann ist das schon sehr gewöhnungsbedürftig.

Aber wir haben ganz bewusst auf einen Rallye-Schrieb verzichtet, weil der Beifahrer damit noch gar keine Erfahrung gemacht hat. Und es ging dabei um das Zusammenspiel und um das Aufbauen des Vertrauens und da sagten wir, er soll das machen, was er kann und ich werde mich schon irgendwie zurechtfinden. Eigentlich bin ich also auf Sicht gefahren und konnte trotzdem eine vernünftige Pace gehen.

Klingt alles so, als ob du Geschmack daran gefunden hättest und das nicht der letzte Wüsteneinsatz gewesen wäre…

Ja, das hängt natürlich von den Partnern ab – aber das ist auf alle Fälle eine gute Geschichte. Es sind tausende von Leuten dort, die Stimmung ist sehr gut und es sind zahlreiche TV-Teams von den US-Sendern vorhanden. Der Fernseh-Output ist sicher sehr, sehr gut.

Die Atmosphäre ist toll, die Stimmung unter den Fahrern ist gut. Und wenn man sich die ganz großen Jungs wie den Robby Gordon anschaut, die mit den Profitrucks schon richtig fliegen und wenn man in Betracht zieht, dass wir Zehnte gesamt wurden und wir 12 oder 13 von den 850 PS starken Profitrucks schlagen konnten, passt das ganz gut. Und ich denke, dass du mit so einem Class 1-Unlimited-Buggy ziemlich weit vorne landen kannst.

Hand aufs Herz: Von der Herausforderung des Fahrens her – kommt das ran an das Fahren mit einem World Rally Car?

Es ist schon etwas anderes. Mit dem Buggy fährst du 220 Meilen am Stück, das sind 300 Kilometer – da kannst du gar nicht so fahren wie mit einem WRC, wo du auf einer 30 Kilometer langen Prüfung vom ersten bis zum letzten Meter mit 110 Prozent puscht. Das haut bei der Baja nicht hin, da wirst du dich irgendwo verkühlen und das Auto würde das über die volle Distanz auch nicht aushalten.

Es ist schon etwas anderes aber es hat ein ganz eigenes Flair und es macht vom Fahren her Spaß. Ich bin gefahren von halb drei am Nachmittag bis halb neun, das ist eine irrsinnig lange Zeit und das macht natürlich auch den Reiz aus.

Was sind die nächsten Stationen des Andi Aigner?

Ich hoffe, dass es demnächst mit unserem Rallye-Projekt klappt. Und wir schauen auch, wie es mit der Baja weitergeht - denn ich glaube, dass das Team recht happy war mit meiner Performance. Da lassen wir uns in dieser Richtung alle Wege offen. Und im Rallyesport sowieso – das hat weiterhin Priorität.

Wobei es halt sehr schwierig ist im Moment. Da hoffen wir halt auch, dass die FIA bald einmal klare Entscheidungen trifft. Denn so wie es derzeit ist, sehe ich wie ein Atkinson, ein Galli oder ein Andersson schwarz für die Zukunft des Rallyesports. So wie es derzeit läuft, kann das nicht funktionieren.

Bei der Ennstal Classic bist du auch dabei – da können dich die Fans aus nächster Nähe sehen…

Ganz genau, da bin ich auch dabei, das ist auch ein Fixpunkt in meinem Kalender. Das wird sicher ein Riesenspaß, das Ambiente ist immer sehr, sehr nett und man trifft immer viele nette Leute. Das macht immer einen Spaß, als Gast von Michael Glöckner und Helmut Zwickl.

Gibt es auch wieder ein Treffen des Andi Aigner-Fanklubs?

Das gibt es wieder, und zwar am 27. Juni. Da freue ich mich schon sehr darauf, das wird sicher wieder ein großes Fest. Wir werden verschiedene Autos dabei haben und auch Motorräder – bunt gemischt durch den Motorsport, von historisch bis neu. Man kann diese Renngeräte bewundern und aus nächster Nähe betrachten. Ob wir auch fahren können, ist noch nicht sicher, aber auf alle Fälle werden die Renngeräte ausgestellt und zu bewundern sein.

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