
WTCC: Shanghai | 03.11.2013
„Bescherung“ in Shanghai
Yvan Muller schenkt im ersten Rennen seinem Teamkollegen Max Chilton den Sieg für dessen zweiten WM-Rang. Honda triumphiert im zweiten Lauf.
Yvan Muller (RML-Chevrolet) stand unmittelbar vor seinem 37. Laufsieg in der WTCC. Doch er hat darauf verzichtet: Der viermalige Weltmeister schenkte den ersten Platz her und überließ ihn auf den letzten Metern seinem Teamkollegen Tom Chilton (RML-Chevrolet). Alles, um Chilton dabei zu helfen, im Endspurt der Saison noch den zweiten Platz in der Fahrerwertung der WTCC zu übernehmen.
Die weiteren Positionen im ersten Schanghai-Rennen gingen übrigens ebenfalls an Chevrolet-Piloten: James Nash (Bamboo) wurde Dritter vor Alex MacDowall (Bamboo) und Pepe Oriola (Tuenti). Rob Huff (Münnich-SEAT), der just vor dem Rennen als künftiger Lada-Fahrer bestätigt wurde, erzielte Rang sechs vor Gabriele Tarquini (Honda) und James Thompson (Lada), die die Top 8 abrundeten.
Die weiteren Punkteränge gingen an Tom Boardman (STR-SEAT) und Norbert Michelisz (Zengö-Honda), während Tiago Monteiro (Honda), Tom Coronel (ROAL-BMW) und Franz Engstler (Engstler-BMW) auf den Plätzen elf bis 13 knapp leer ausgingen. Pech auch für die Gastpiloten: Rickard Rydell fuhr anfangs in den Top 5, fiel aber noch zurück auf Rang 14. Thed Björk (Polestar-Volvo) schied aus.
Doch der Reihe nach: Pünktlich zur Fahrt in die Startaufstellung hatte es am Shanghai International Circuit geregnet, sodass die Rennleitung die Parole "wet track" vorgab. Doch nicht alle Piloten hatten Regenreifen an ihren Autos, als sich das Feld hinter dem Safety-Car ins Rennen begab. Freie Fahrt gab's nach zwei Runden. Und dann begann die Show von Oriola und Rydell auf feuchter Strecke.
Der jüngste WTCC-Sieger aller Zeiten und der WTCC-Rückkehrer hatten sich im Gegensatz zu ihren Konkurrenten für Regenreifen entschieden, was in der Anfangsphase die richtige Wahl zu sein schien. Oriola preschte gleich in der ersten fliegenden Runde an Chilton und auch an Muller vorbei, die kaum Gegenwehr leisten konnten. Etwas weiter hinten machte Rydell ähnlich gute Fortschritte und kam voran.
Ab Rennhälfte kippte jedoch das Kräfteverhältnis. Nun kamen die Slick-bereiften Piloten besser und besser in Fahrt, fuhren die kleine Lücke zu Oriola rasch zu. In der Spitzkehre machte Muller kurzen Prozess mit Oriola, auf der kurzen Geraden zur Zielkurve ging auch Chilton vorbei. Und damit schien die Entscheidung an der Spitze gefallen zu sein, zumal sich Muller und Chilton sukzessive absetzten.
Dann tat Muller, was kaum jemand für möglich gehalten hatte: Der viermalige Weltmeister ließ Chilton nicht nur aufschließen, sondern in der Zielkurve sogar außen an ihm vorbeifahren. So kam Chilton zu seinem zweiten WTCC-Laufsieg und zu wichtigen 25 Punkten im Kampf um den zweiten Platz in der Fahrerwertung, RML feierte einen souveränen Doppelsieg. Allerdings in ungewohnter Reihenfolge.
Hinter dem RML-Duo tat sich auf den letzten Metern noch einiges: Oriola konnte den dritten Rang nicht bis zur Zielflagge halten und musste sich noch Nash und MacDowall geschlagen geben. Rydell fiel hingegen sogar noch aus den Top 10 heraus und wurde schließlich als 14. gewertet, im "deutschen Sandwich" zwischen Franz Engstler (Engstler-BMW/13.) und Marc Basseng (Münnich-SEAT/15.).
Honda triumphiert in Lauf 2
"Die beiden anderen Honda-Fahrer haben ja schon gewonnen. Deshalb wollte ich noch umso mehr ebenfalls siegen." So kommentiert Tiago Monteiro (Honda) seinen ersten WTCC-Laufsieg für den japanischen Hersteller, den er auf dem Shanghai International Circuit erzielt hat. Für Monteiro war es ein Start-Ziel-Erfolg, nachdem er das zweite Rennen von der Pole-Position in Angriff genommen hatte.Gabriele Tarquini (Honda) folgte seinem Teamkollegen über die komplette Distanz von zehn Runden zwar wie ein Schatten, startete aber nie einen ernsthaften Versuch, Monteiro zu überholen. Norbert Michelisz (Zengö-Honda), der den Dreifach-Sieg für Honda als Dritter komplettierte, musste sich indes fast ständig nach hinten orientieren und sich der Angriffe von Rob Huff (Münnich-SEAT) und Yvan Muller (RML-Chevrolet) erwehren.
Die beiden Weltmeister sahen das Ziel auf den Positionen vier und fünf, vor dem bestplatzierten Privatier, James Nash (Bamboo-Chevrolet). Pepe Oriola (Tuenti-Chevrolet), Tom Coronel (ROAL-BMW), Stefano D'Aste (PB-BMW) und Tom Chilton (RML-Chevrolet) staubten die restlichen WM-Punkte ab, während Marc Basseng (Münnich-SEAT/18.) und Franz Engstler (Engstler-BMW/28.) leer ausgingen.
Doch der Reihe nach: Gleich beim Start fiel die Entscheidung auf den vorderen Positionen, denn Monteiro bog als Erster in die erste Kurve ein, Tarquini und Michelisz im Schlepptau. Und fast sofort begann Huff damit, Michelisz unter Druck zu setzen. Schon auf der ersten Rennrunde gab es etliche stehende Räder und einige Überholmanöver. Vor allem Coronel machte beachtliche Fortschritte.
Auch Fredy Barth (Wiechers-BMW) und Engstler hatten die Startphase gut erwischt. Sie hielten sich am Ende der Top 10 auf, fielen über die Distanz jedoch wieder aus den Punkterängen heraus. Im Falle von Barth aufgrund einer Kollision: Der Schweizer und Darryl O'Young (ROAL-BMW) wurden sich in der Spitzkehre nicht über die Vorfahrt einig, sodass kurz darauf beide am Streckenrand standen.
Weiter vorn ging es hingegen ohne Lackaustausch: Muller schnappte sich Nash, um anschließend gemeinsam mit Huff daran zu arbeiten, Michelisz in einen Fehler zu treiben. Doch der Honda-Pilot hielt dem immer größer werdenden Druck mit Bravour stand. Coronel kämpfte derweil mit stumpfen Waffen: Kurz an Nash vorbei, wurde er sofort zurück- und dann auch noch von Oriola überholt.
Gemischt auch die Rennbilanz der Gastpiloten: Rickard Rydell (Nika-Chevrolet) stellte sein Auto nach sieben unauffälligen Runden im breiten Mittelfeld vorzeitig ab, Thed Björk (Polestar-Volvo) sah als 15. immerhin das Ziel. Damit blieb er sogar vor den beiden Lada-Piloten James Thompson (17.) und Michail Koslowskii (19.) sowie vor Barth, der abschließend als 21. über die Ziellinie kam.