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Wendlinger über Imola 1994 und seinen eigenen Unfall

Als wäre ich gar nicht dabei gewesen...

Karl Wendlinger erzählt, wie er das furchtbare Imola-Wochenende 1994 erlebt hat und woran er sich nach seinem schweren Unfall in Monaco erinnern kann.

Fotos: Motorsport Images, XPB

Das Jahr 1994 hat die Formel 1 geprägt. Das schwarze Rennwochenende in Imola war nicht der einzige Grand Prix, an dem ein schrecklicher Unfall passierte. Im vierten Saisonrennen in Monaco verunfallte Karl Wendlinger im Sauber schwer. Heute noch kann er sich nicht an das Wochenende und den Unfall selbst erinnern. Die tödlichen Unfälle von San Marino waren für ihn keine Warnung.

"Wenn ich jetzt zurückdenke, dann habe ich das Wochenende so erlebt, als wäre ich gar nicht dabei gewesen. Weil man das alles nicht wahrgenommen hat. Oder man wollte es nicht wahrnehmen", blickt der Tiroler im Interview mit 'auto motor und sport' auf Imola 1994 zurück.

Wendlinger war damals 25 Jahre alt, er fuhr nach Stationen bei Leyton House und March für das Team von Peter Sauber. Er kam nach einem Ausfall beim Rennen in Aida nach Imola. Durch den Unfall von Rubens Barrichello im Freitagstraining hat er sich bestätigt gefühlt: "Eigentlich hat man dann gesagt: 'Na ja, dem ist nichts mehr passiert. In der Formel 1 kann eh nichts mehr passieren. Es ist alles so sicher mittlerweile.'"

"Du hast dir gedacht: 'Mir passiert nichts"

Dadurch habe er auch nicht weiter über die Gefahren nachgedacht. Als nur einen Tag später sein Landsmann Roland Ratzenberger im Qualifying getötet wurde, musste der Österreicher den Unfall live im Fernsehen mitverfolgen. "Ich habe das im Auto sitzend gesehen mit dem Monitor vor mir."

"Und, so blöd das jetzt klingt: Eigentlich hat man gesehen, dass er tot ist. Aber ich wollte es nicht wahrhaben." Wendlinger beschreibt sehr offen, wie traurig er sich gefühlt habe. Doch habe er seine Gefühle nicht ausdrücken können.

Er hat sich dazu entschieden, das Rennen am Sonntag zu fahren. Ohne ungutes Gefühl stieg er in den Sauber C13 ein. "Aber du hast dir einfach gedacht: 'Ich fahre weiter und mir passiert nichts'." Den Unfall von Ayrton Senna selbst hat der Tiroler nicht gesehen, nur zuerst die gelbe, dann die rote Flagge.

Auf Start-Ziel hielt er an, sein Renningenieur Tim Wright kam zu ihm. Nach dem Williams-Boliden gefragt, meinte er: "Ja, es war Senna, aber er scheint okay zu sein." Ob diese Aussage psychologische Taktik war oder tatsächlich ohne weitere Information getätigt wurde, weiß Wendlinger bis heute nicht. Er holte nach dem Restart den starken vierten Rang.

Nur wenige Tage nach dem schwarzen Wochenende ging das Sauber-Team nach Frankreich, um dort zu testen. Wendlinger flog außerdem zum Begräbnis von Ratzenberger nach Salzburg und dann wieder zurück in seine Wahlheimat Monaco, um sich auf den Klassiker im Fürstentum vorzubereiten.

"Alles, was mit dem Rennauto, dem Fahrerlager und der Rennstrecke an dem Wochenende zu tun hat, weiß ich nicht mehr. Kann ich mich nicht daran erinnern", erzählt er über das Monaco-Wochenende bei 'auto motor und sport'.

Erinnerungen kamen erst nach zehn Tagen

Seine letzte Erinnerung: Ein Fußballspiel. "Ja, das war Mittwochabend, Austria Salzburg gegen irgendeine Mailänder Mannschaft habe ich mir angeschaut und bin schlafen gegangen." Tags darauf im Freien Training verlor er die Kontrolle über den Sauber, er krachte mit 177 km/h in die Leitplanken nach dem Ausgang des Tunnels.

Aufgrund seiner Gehirnverletzungen, die er beim Aufprall erlitt, wisse er bis heute nicht, warum der Unfall passiert ist. Zunächst wollte Wendlinger gar keine Erklärung hören, um schlimme Erinnerungen zu vermeiden. "Aber irgendwann hätte man mal gerne gewusst, warum es passiert ist."

Der Österreicher wurde zunächst in Nizza, danach in Innsbruck behandelt. Nach mehreren Tagen im Koma wurde er schließlich wieder wach. Seine erste Erinnerung? "Die war in Innsbruck in der Klinik, da war ich aber schon mindestens zehn Tage munter, wenn nicht mehr."

Obwohl er schon davor munter gewesen sei und auch gesprochen habe, weiß Wendlinger auch heute nichts mehr davon. Erst in Innsbruck habe er "peu a peu" von seinem Unfall erfahren. "Ich habe gewusst, dass Ayrton Senna gestorben ist, aber wusste nicht einmal, wer Roland Ratzenberger war - zu der Zeit."

Nur das Langzeitgedächtnis habe einwandfrei funktioniert. Wie es zum Unfall kam, habe er auch später mit dem Team nicht restlos aufklären können. Aus den Telemetrie-Daten habe er kaum etwas herauslesen können. "Ich kann es mir nur so erklären, dass ich über die Bodenwellen in der Bremsphase die Kontrolle über das Auto verloren habe."

In der heutigen Zeit hätte es ihn wohl auch "durchgeschüttelt", jedoch wäre bei den Sicherheitsstandards wohl nichts "Gravierendes" passiert. Sergio Perez verunfallte ebenso im Sauber 2011 an selber Stelle, er kam mit einer Gehirnerschütterung davon. Auch Jenson Button 2003 überstand an jener Stelle einen Unfall.

Wendlinger versuchte 1995 mit Sauber ein Comeback in der Formel 1, konnte allerdings an seine Leistungen von vor dem Unfall nicht anknüpfen und beendete seine Rennkarriere in der Königsklasse mit dem Rennen in Australien.

© Motorsport-Total.com

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