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Vom Stromausfall bis zum fliegenden Besen

Lange sah es nach einem Durchmarsch des Manthey-Grello, aus. Am frühen Sonntag kam der Rowe BMW M4 98 immer näher, um am Mittag dran zu sein. Je nach Überhol-Situationen auf der rund 25 Kilometer langen Strecke konnte man am Mittag die beiden Kontrahenten quasi mit einem Handtuch zudecken. Abstand: Teilweise eine Autolänge. Die Zeitstrafe nach einem Zwischenfall brachte die endgültige Entscheidung im eigentlichen Herzschlag-Finale auf der Strecke.

Bernhard Schoke

Es war der von den meisten Experten so nicht erwartete Ablauf. In der Anfangsphase des Rennens am Samstagsnachmittag sahen die zahlreichen Fans an der Strecke das „große Hauen und Stechen“. Die GT3-Armanda pflügte durchs Feld der rund 140 Renner aus den bekanntermaßen zahlreichen Klassen. Es wurde mit dem berüchtigten Messer zwischen den Zähnen gefahren. Bereits in der dritten Runde standen bei hochsommerlichen Bedingungen in der Eifel die ersten Überrundungen auf dem Programm. Und dann folgte eine Überraschung für alle Beteiligten im Bereich des Fahrer: Rote Flagge.

Wir haben ein Problem!
Auslöser war nicht – wie eigentlich zu diesem Zeitpunkt anzunehmen – ein großer Zwischenfall auf der Strecke, sondern im Fahrerlager. Konkret: Die Rennleitung mit der Zeitnahme hatte keinen Strom einschließlich der von Teilen der Boxen und der Kommandostände direkt an der Pitlane. Hektische Szenen beherrschten die Szenerie. Die Ursache wurde erst dort – eingefangen von den TV-Kameras, die nicht betroffen waren, gesucht, bis klar wurde: Wir haben ein richtiges Problem.

Demzufolge hatte Rennleiter Walter Hornung keine andere Wahl als das Rennen mit rot zu unterbrechen. Denn ohne Strom geht bekanntermaßen nichts – auch am Nürburgring. Die Spezialisten suchten in Folge heftig nach der Ursache, während die Gerüchte mächtig die Runde machten. Die Ursache war dann außergewöhnlich – und – mal wieder dem Eifelwetter geschuldet. Durch die hohen Temperaturen liefen überall die Klimaanlagen „volle Pulle“ und sorgten so – eigentlich nachvollziehbar – für Überlast mit folgendem Stromausfall. Als sich dies abzeichnete, gingen die Verantwortlichen auf Nummer sicher und simulierten die Problemstellung nochmals um sicher zu sein, die wirkliche Ursache gefunden zu haben. Danach wurden die verbliebenen Renner erneut auf der Start- und Zielgeraden aufgestellt, um nach einer neuen Einführungsrunde erneut ins eigentliche Renngeschehen geschickt zu werden.

Es folgte die Show des „Grello“ bis der BMW nachhaltig ins Geschehen eingriff. Ebenso wie das Wetter in der Eifel. Die Mittagstemperaturen sorgten für zahlreiche spektakuläre Zwischenfälle, die dann das Rennen in den betroffenen Bereichen etwas einbremsten. So schrumpfte der Vorsprung des Grello auf nahezu Null. Und um 12.34 Uhr setzte dann Augusto Farfus auf der Döttinger Höhe zum Grello-Überholvorgang an, kam vorbei und setzte sich ab. Eine heiße Schlussphase begann.

Entschieden wurde das Rennen nicht auf der Strecke, sondern quasi am grünen Tisch, sprich von den Sportkommissaren. Ein Zwischenfall, als Thomas Preining einen Konkurrenten so „touchierte“, dass dieser auf dem Dach landete, ohne das der Pilot zu Schaden kam und Thomas Preining und das Manthey Team eine 100 Sekunden Zeitstrafe dafür „kassierte“.

Im Hintergrund prallten dabei zwei Argumentationslinien aufeinander und beide sind jeweils nachvollziehbar – beim Manthey-Porsche: Vier mal blaue Flagge plus die Situation auf der Strecke mit der sich aus Preining-Sicht auftuenden Lücke versus dem Aston Martin auf der Ideallinie, wobei der Überholende sicher stellen muss, sauber vorbei zu kommen, denn die blauen Flaggen sind de iure nur ein Hinweis an den Vorausfahrenden, dass ein schnellerer Konkurrent vorbei will. Der Protest des Manthey-Teams gegen die Strafe wurde dann nach Anhörung der Beteiligten nur einige Minuten vor der Zieldurchfahrt final zurückgewiesen – Herzschlagfinale eben.

Was gab es sonst noch zu berichten?
*Zuvor hoch gehandelte Teams wie die Startnummer 1, der Audi R8 LMS GT3 evo II der Vorjahressieger, wurde nach Elektrik-Problemen kurz vor der Geisterstunde final abgestellt.
*Ähnlich erging es einigen der Mercedes AMG GT3 und Ford Mustang GT3 – letzterer mit der Startnummer 64 war nach einem Einschlag ziemlich ramponiert und wurde in der Box nicht repariert.
*Pech für das rein österreichische Team mit der Startnummer 84 – nach einem Boxenstopp verblieb in der Hektik ein Rollbrett unter dem „güldenen“ Audi, sodass dieses verantwortlich war für einen unmittelbar folgenden Kontakt mit einem Reifenstapel
*Apropo Reifen: Manthey „Grello“-Pilot Güven brachte es auf den Punkt, als er rapportierte, dass auch in der Nacht die Temperaturen nicht wirklich zurückgingen, sodass das Reifenmanagement eine richtige Herausforderung war – insbesondere in meinem ersten Stint – es ist draußen schon verrückt und es passiert einiges, wie
*dem Ausfall des ebenfalls hoch gehandelten Mercedes AMG mit der Startnummer 14, dessen Differenzial den Geist aufgab.
*Die Startnummer 33, der Falken-Porsche musste seine Ambitionen ebenfalls früh „abhaken“, als er – für den Piloten nicht sichtbar – im Bereich der Mercedes-Arena frontal in einen Porsche fuhr, der sich unmittelbar zuvor dort gedreht hatte.
*Technische Probleme bremsten auch die beiden Mercedes-AMG mit den Startnummern 11 und 17 – ein weggeflogenes Rad einerseits und „Herausforderungen“ nach einer Berührung mit Folgeschäden andererseits waren die Ursachen.
*Richtig Probleme hatte am langen Wochenende auch Mirko Bortolotti, der wohl „im Tunnel voller Konzentration auf die Streckenführung“ in der Nacht mehrere rote Flagge nicht sah und mit einem vorläufigen Entzug der Permit bestraft wurde und das eigentliche Rennen „unter Bewährung“ aufnehmen musste.
*Böse Zungen meinten final zum großen Stromausfall durch die Klimaanlagen, dass man in der Eifel mehr Erfahrung mit Heizen habe, als mit der Kühlung von Räumlichkeiten.
*Lustig war dagegen der volle Reinigungs-Einsatz eines Streckenpostens im Bereich des Hatzenbachs – sein Besen brach „aus heiterem Himmel“ in der Mitte durch – wobei das untere Teil im hohen Bogen durch die Luft flog und der Obere in der Hand des sichtlich überraschten Posten blieb – komplett dokumentiert von den Live-Kameras

Die 54. Ausgabe der ADAC RAVENOL 24h Nürburgring findet im nächsten Jahr rund einen Monat früher statt – Termin: Vom 14. bis 17. Mai 2026.

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