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Heinz Prüller im Gespräch mit motorline.cc

Letzter Gast der Serie „F1-Backstage – Österreichs Formel 1-Reporter“ ist der „Mister Formel 1“ dieses Landes - ORF-Kommentator & Krone-Reporter Heinz Prüller.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: ORF (Milenko Badzic) & motorline.cc

Unsere Serie „F1-Backstage – Österreichs Reporter in der Königsklasse“ befindet sich nun, wenige Tage vor dem ersten Saisonrennen, in der Zielgeraden. Als krönenden Abschluss präsentiert Ihnen motorline.cc das Gespräch mit dem wohl bekanntesten Formel 1-Reporter dieses Landes, Heinz Prüller.

Wer in Österreich die Formel 1 verfolgt, kommt an Heinz Prüller nicht vorbei. Er ist seit mittlerweile vier Jahrzehnten der „Mister Formel 1“, und das nicht nur hier zu Lande. Prüller berichtet für Österreichs größte Tageszeitung, die Krone regelmäßig aus dem Formel 1-Zirkus, im ORF kommentiert und moderiert er jeden Grand Prix. Doch Heinz Prüller ist nicht nur in der Formel 1 zuhause, im Winter berichtet der Selfmade-Sportjournalist von den Damen-Skirennen. Schon im zarten Alter von 13 Jahren hat Heinz Prüller mit dem Berichterstatten begonnen. Auf dem Küniglberg hat er einige der heutigen Sportkommentatoren ausgebildet.

motorline.cc traf Heinz Prüller in einem Alt-Wiener Kaffeehaus. Im Gespräch schleuderte Prüller für ihn typisch mit Anekdoten und Fakten aus der Formel 1-Geschichte nur so um sich. Doch in erster Linie geht es Heinz Prüller um die Emotionen, welche die Sportler in ihren Extremsituationen ereilen.

Die Stimmung am Start. Eine Quali-Runde in Monte Carlo. Das Gefühl, wenn man ganz oben auf dem Podium steht. Heinz Prüller versteht es, seine unbändige Begeisterung an die Freunde der Formel 1 weiter zu geben. Im Gespräch zeigt Prüller auch seine witzige Seite. Denn todernst nimmt er die Formel 1 auch wieder nicht...

Im ersten Teil des vierteiligen Gesprächs offenbart Heinz Prüller seine Liebe zum Sport und seine vom Herzen kommende Verehrung, welche er für die weltbesten Automobillenker empfindet. Prüller erzählt, wie er sich als Teenager in das Ferrari-Heiligtum in Maranello eingeschlichen hatte, um ein Interview mit Enzo Ferrari zu bekommen. Weitere Themen: Windschattenschlachten, die Erfindung der Schikanen und die Unmöglichkeit, einen Grand Prix in Wien abzuhalten.

Bei den Minardi-Days im letzten Frühjahr im Wiener Prater haben Sie die Veranstaltung moderiert. Sie standen unter einem großen Kastanienbaum...

Heinz Prüller (schmunzelt): Und es hat geschifft...

Ein Wolkenbruch - und Sie standen da unter dem Baum und sagten: „Ich habe an die 600 Grand Prix übertragen. Aber ich würde alle dafür geben, wenn ich nur bei einem mitfahren hätte können.“ Ist der Heinz Prüller also tief im Herzen ein Rennfahrer? Wollten Sie Rennfahrer werden?

Heinz Prüller: Also das habe ich so gemeint: Weil man immer sagt: „600 Grand Prix! Super!“ Ich wollte damit nur meine Leistung in Relation zu dem setzen, was Rennfahrer leisten. Mein Anteil an der Motorsportgeschichte mit den rund 600 GP-Übertragungen ist sicherlich geringer als der eines Fahrers, der einen GP bestritten hat. Ich war immer der Meinung, wir Sportjournalisten sollten uns nicht zu wichtig nehmen. Wir stellen ja eigentlich nur die Vermittlung her zwischen den Sportlern und dem Publikum. Weil der Zuschauer kann nicht hingehen und sagen: „Gehn’s Herr Lauda...“ – dafür sind wir da.

Liebe zum Rennfahren. Als ich den Enzo Ferrari zum ersten Mal interviewt habe, da war ich glaube ich 15 oder 16 Jahre alt. Ich bin autogestoppt nach Italien. Ich habe ja schon mit 13 und einem halben Jahr begonnen, für Zeitungen zu schreiben. In Sportzeitungen - in echten. Also nicht irgendeine Kinderpost.

Ich war dann auch mit 14 schon bei einer Tageszeitung. Und der Chef war der Gerd Bacher, er sagte: „Setz dich hin und schreib was.“ Der sagte nicht, ich soll wieder kommen wenn ich erwachsen bin. Man hat mich arbeiten lassen. Aus diesem Grund habe ich auch später, wenn junge Menschen zu mir gekommen sind und gefragt haben: „Wie wird man Sportjournalist?“ wirklich auch jedem zugehört und Tipps gegeben.

Als ich den Enzo Ferrari interviewt habe hat es ihm auch imponiert, dass ich mich da, in meinem Alter, eingeschlichen habe in die Fabrik. Auch wenn er mich furchtbar zusammengeschissen hat. Er sagte: „Ich verstehe es. Weil - in deinem Alter wollte ich genau das Gleiche machen. Ich wollte entweder Rennfahrer oder Sportreporter werden. Oder Opernsänger.“

Da habe ich gesagt: „Super. Aber das mit dem Opernsänger wird sich bei Ihnen nicht gut ausgehen.“ Auch weil meine Mutter ein Riesen-Opernfan war, sie kannte alle Arien, jeden Ton. Wie ich vielleicht in der Formel 1. Meine Mutter hat mir das irgendwie vererbt. Auch die Vorliebe für Klassik. Das kam aber erst später raus, ich habe ja auch Klavier gespielt.

Sie haben vorhin auch die Verantwortung angesprochen, welche die Sportreporter auch gegenüber den Rennfahrern haben. Man hört immer wieder, dass sich die Akteure in der Formel 1 andere Voraussetzungen wünschen würden. Das Beispiel Windschatten.

Früher gab es ja noch das Wort „Windschattenschlachten“, das kann man heute ja nicht mehr verwenden. Im Windschatten fahren wird heute mit einem instabilen Fahrverhalten bestraft. Die Piloten wollen Slicks und Flügelbeschnitt. Sehen Sie sich auch als Sprachrohr für die Piloten?


Heinz Prüller: Eigentlich nicht. Auch wenn ich den Max Mosley schon seit ewigen Zeiten kenne. Er war ja Teamchef von Niki Lauda bei March in den Jahren 1971 und 72 in der Formel 2. Max ist ein sehr gescheiter Mensch, der einmal Rennfahrer war, der einen großen historischen Hintergrund hat, mit seiner Mutter und mit seiner Tante, der Vater von Max Mosley war – das ist sicher nicht unbedingt meine Linie – aber der war englischer Faschistenführer vor dem Weltkrieg, und der Max wollte ja später auch Politiker werden. Das hat nicht ganz geklappt aber er hat viel Geld geerbt damals. Er war ein sehr guter Rennfahrer, hat Graham Hill einmal im Regen überholt, in einem Formel 2-Rennen, da ist er heute noch stolz. Er war Gründer des March-Teams, das „M“ von March heißt Mosley.

Und der Mosley ist ja ein gescheiter Mensch, er hat ja auch gute Verbindungen zur Automobilindustrie. Und die Piloten brauchen mich nicht als Sprachrohr, da gibt es ja das Safety Comity und die Fahrervereinigung. Ich muss da nicht den Schiedsrichter spielen. Aber: Die Windschatten-Rennen haben sich aufgehört mit der Einführung der Schikanen.

Warum? Die Autos sind immer schneller geworden. In Monza hat der Peter Gethin 1971 einen Weltrekord aufgestellt, er war Sieger und hatte einen Schnitt von 242 km/h, Monza war damals ohne Schikanen. Wenn du als Erster in die Lesmo-Kurve reingefahren bist, hast du gewusst, du bist Zweiter in der Parabolica.

Und dieser Rekord von damals wurde ja erst von Michael Schumacher vor zwei Jahren geschlagen, der Michael hatte glaube ich 247 km/h Schnitt. Man hat also die Schikanen eingeführt, um diese Windschattenschlachten zu brechen. Aber sie waren sehr interessant. Man fuhr da oft zu fünft im Pulk. Man musste irrsinnig aufpassen. Wenn man da auch nur einer einen Fehler macht, dann kracht es fürchterlich.

Ähnlich den Ovalrennen in den USA...

Heinz Prüller: Ja, da kommt man dann in die Dirty Air, wie die Amerikaner sagen. Im Windschatten konnte man sich aber auch gegenseitig zu einer guten Trainingszeit schleppen. Der Rindt hat mit dem Piers Courage in Monza ausgemacht: Da überholst du mich und dort überhol ich dich. So haben sie sich gegenseitig zu einer guten Rundenzeit gezogen. Und man konnte sich in gewissem Sinn auch im Rennen helfen.

Ich war 1967 mit dem Rindt in Indianapolis - meines Wissens waren wir die ersten Österreicher drüben – und die Europäer haben alle im selben Hotel gewohnt. Da war der Jackie Stewart, Mario Andretti, Dennis Hulme, Jim Clark glaube ich auch, ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Die Europäer haben gesagt: Wir bleiben im Rennen eine Gruppe, versuchen uns im Windschatten zu ziehen, wir versuchen, eine Enklave zu bilden.

Hie und da ist ein Hochgeschwindigkeitsrennen sicher interessant, zum Beispiel die Avus in Berlin. Reims war ein Wahnsinn, dort wo das große Comeback der Silberpfeile war. Am gleichen Tag, an dem Deutschland Fußball-Weltmeister wurde, am 4. Juli 1954. Da gibt es den Film „Das Wunder von Bern“, schaut’s euch den an, ein sensationeller Film. Und am 4. Juli 54 wurde auch Hans Pum, der österreichische Alpinchef geboren, das sage ich euch auch gleich dazu. (Gelächter)

Das Schöne am Rennsport wären eigentlich diese verschiedenen Rennstrecken gewesen. Eine Hochgeschwindigkeitsstrecke, ein winkeliger Stadtkurs wie Monaco. Es ist ja auch in Amerika so, da hast du Ovalkurse, Straßenkurse. Ein, zwei Monte Carlo wären noch gut, aber: Außer in Monte Carlo wird man in keiner Stadt so etwas machen können.

Es gab ja diese Pläne von Niki Lauda für einen Wien-Grand Prix. Aber das war mehr lustig als seriös...

Heinz Prüller: Da war ein bissl Fasching und da haben alle Leute irgendwelche lustigen Ideen. Wien hätte 1931 einen Großen Preis bekommen. Ringstraße, Sacher, Parlament, Rathaus – sehr interessante Strecke. Für dieses Rennen hätte es keine WM-Punkte gegeben, denn die gab es erst ab 1950. Aber das Rennen stand auf dem Kalender. Ich glaube es war ein 12. Juni oder so. Das Rennen war fix und dann hat wenige Wochen vorher die Stadtverwaltung ihre Genehmigung zurück gezogen und es wurde abgesagt.

Es ist ja so, dass in Monaco vor und nach dem Grand Prix jeweils zwei Monate umgebaut wird, die Leitschienen sind ja alle nummeriert. Also zwei Monate Umbau, dann eine Woche Zirkus und dann wieder Umbau. Und wenn ich mir vorstelle, was in Wien passieren würde, wenn man die Innenstadt zwei Monate absperren würde - da brauchen wir glaube ich nicht weiterdiskutieren.

Die Teile 2, 3 und 4 des Interviews finden Sie in der Navigation rechts.

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