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Emerson Fittipaldi im motorline.cc-Exklusiv-Interview!

motorline.cc-exklusiv: Mit F1- und CART-Champion Emerson Fittipaldi auf einer kurzen Zeitreise quer durch die Epochen der Formel 1.

Michael Noir Trawniczek
Fotos: Andreas Wiesbauer / motorline.cc

Emerson Fittipaldi war der Stargast bei der Ennstal-Classic, dem Kult-Event in Gröbming. Zweifacher Formel 1-Weltmeister, dann Reinfall mit dem eigenen Formel 1-Team, danach eine wunderbare zweite Karriere in den USA – CART-Champion, zweimaliger Gewinner des Indy 500. Dazwischen schwere Unfälle und sogar ein Flugzeugabsturz.

2003 eröffnete Fittipaldi ein eigenes CART-Team, welches nach einem Jahr Pause im kommenden Jahr wieder seine Pforten öffnen wird.

Er wird ehrfurchtsvoll „Vater des brasilianischen Motorsports“ genannt. In seinem Gesicht kann man all die Hochs und Tiefs ablesen, die dieser Mann erlebt hat.

In Gröbming fuhr Fittipaldi den Alfa Romeo P3 von Tazio Nuvolari. Bei einem Espresso drückte „Emmo“ seine Bewunderung für die Piloten der Dreißigerjahre aus – und startete im motorline.cc-Exklusiv-Interview eine kleine Zeitreise quer durch die Epochen der Formel 1-Geschichte.

Emerson Fittipaldi: „Ein Formel 1 ist ein großes Kart...“

Mr. Fittipaldi, Sie fahren hier mit einem alten Alfa Romeo P3, der wurde mehr als dreißig Jahre vor Ihrem Formel 1-Debüt eingesetzt – da liegen Welten dazwischen. Im Vergleich zu Ihrem Lotus aus dem Jahre 1970 sind die heutigen Formel 1-Autos ein weiterer großer Schritt in der Entwicklung der Rennwagengeschichte. Sind die heutigen Autos leichter zu fahren?

Emerson Fittipaldi: Ich war in Goodwood und habe dort den Ferrari von Michael Schumacher aus dem Jahr 2001 getestet. Und morgen werde ich siebzig Jahre in der Renngeschichte zurück gehen. Mit dem P3 Alfa Romeo von Tazio Nuvolari. Ich bin sehr stolz darauf, dass ich dieses geschichtsträchtige Auto fahren darf. Denn dieses Auto ist eines der berühmtesten, ein Klassiker. Und Tazio Nuvolari ist ein fantastischer Pilot.

Und bei diesem Vergleich konnte ich sehen, dass es früher einfach körperlich viel anstrengender war, schnell zu fahren. Denn der Fahrer muss sich selbst im Auto am Lenkrad festhalten, es gab keine Sicherheitsgurte, keinen Schutz, gar nichts, zero. Und ich empfinde viel Respekt für die Piloten aus dieser Zeit.

Wenn ich jetzt ein heutiges Formel 1-Auto mit jenen aus meiner Zeit vergleiche, mit dem Lotus, den ich in Zeltweg gefahren bin, so ist der heutige Wagen leichter zu fahren. Denn du hast ein hydraulisches Lenksystem, die Gänge werden mit den Wippen geschaltet. Ich denke, sie sind zwar leicht zu fahren, aber es ist dafür sehr schwierig, die heutigen Fahrzeuge zu optimieren, um hundert Prozent aus ihnen herausholen zu können. Man muss ein kompliziertes und schwieriges System bedienen. Man muss alles so einstellen, dass man ein optimales Set Up erhält.

All die Knöpfe am Lenkrad...

Emerson Fittipaldi: All die Knöpfe am Lenkrad, das ist alles sehr kompliziert. Darin liegt heute die große Herausforderung, darauf kommt es heute an. Dass man all diese Möglichkeiten optimal ausnützt. Wenn ein Pilot das gut beherrscht, kann er sich viele Vorteile herausarbeiten. Zugleich musst du im Rennen an die Strategie denken, du musst dir vorher alles richtig justieren, die bestmögliche Fahrzeug-Balance finden. Und du musst in Sekundenbruchteilen verschiedenste Entscheidungen treffen.

Sie sprachen vom Gänge schalten – man musste damals mit Zwischengas arbeiten, das stelle ich mir recht schwierig vor.

Emerson Fittipaldi: Ja, Zwischengas. Beim P3 Alfa Romeo musst du mit Zwischengas fahren. Du musst zwischen den Schaltvorgängen kurz aufs Gas steigen. Das ist wirklich schwierig. Die Schaltung ist bei weitem nicht so gut wie in den heutigen Fahrzeugen. Das habe ich gemerkt, als ich das Auto ausprobiert habe (lacht).

Was denken Sie - wenn Sie mit dem Ferrari von Michael Schumacher einen Tag lang testen würden, könnten Sie dann in die Nähe seiner Rundenzeiten gelangen? Oder wären Sie sagen wir drei oder vier Sekunden langsamer?

Emerson Fittipaldi: Ich sage es mal so: Wenn ein junger Pilot heute einen Tag lang mit diesem Auto fahren würde, könnte er zwar recht bald schnelle Rundenzeiten fahren. Er könnte recht bald schnelle Runden drehen, doch dann würde er womöglich stagnieren. Er hätte Probleme dabei, den Wagen optimal einzustellen. Denn das Schwierige ist heute die Abstimmung. Sie verlangt viel technisches Feingefühl. Man muss die technischen Zusammenhänge erkennen.

An sich klagt man in der Formel 1 über zu wenig Überholmanöver. Doch in Hockenheim gab es viele elektrisierende Zwei- und auch Dreikämpfe. Haben Sie das Rennen gesehen?

Emerson Fittipaldi: Ja, es gab viel mehr Überholmanöver als sonst. Ich denke, das liegt an der Streckencharakteristik. Der neue Hockenheimring ist für Überholmanöver sehr geeignet. Er wurde dafür gebaut. Generell sind die Autos, auch bei uns in den USA, problematisch beim Überholen. Wegen der Aerodynamik.

Einige Piloten wünschen seit Jahren, dass man die Aerodynamik reduziert, dass man den Diffusor beschneidet.

Emerson Fittipaldi: Ja, die Aerodynamik muss geändert werden. Der aerodynamische Abtrieb muss reduziert werden. Wenn du in den Slipstream deines Vordermanns gerätst, erhält der Wagen weniger Fahrtwind, die aerodynamische Kraft, die ihn auf den Boden drückt, verringert sich, das Auto wird weniger stabil. Das ist schon seit einiger Zeit so, das muss unbedingt geändert werden.

Was sagen Sie zu dem aktuellen Formel 1-Reglement oder zu jenem Regelwerk, welches von der FIA für 2005 vorgeschlagen wurde? Zu den Kosteneinsparungen?

Emerson Fittipaldi: Die Formel 1 muss verbessert werden. Die Kosten müssen reduziert werden.

Wir haben da ein Wort, Rundengeiz, das ich jetzt gar nicht so einfach übersetzen kann. Es geht darum, dass man wegen der Motorenhaltbarkeitsregel möglichst wenig Runden in den freien Trainingseinheiten fährt. Und das ist für junge Piloten sicher problematisch.

Emerson Fittipaldi: Ja, das stimmt. Prinzipiell aber bin ich mit allen Maßnahmen einverstanden, die dabei helfen, die hohen Kosten zu reduzieren. Die Teams müssen wieder mit weniger finanziellen Mitteln in der Lage sein können, eine optimale Performance hinzubekommen. Das Kräfteverhältnis in der Formel 1 muss wieder ausgeglichen werden, man muss für mehr Gleichgewicht sorgen. Die Unterschiede zwischen den großen und den kleineren Teams müssen verringert werden. Motorsport sollte wieder etwas kostengünstiger sein.

Ein junger Fahrer muss, wenn er in die Formel 1 aufsteigt, bei einem finanziell weniger gut ausgerüsteten Team, einem Team mit weniger Budget, die Voraussetzungen vorfinden, um auch dort seinen Job in der Formel 1 gut erledigen zu können. Er darf nicht von vornherein keine Chance auf gute Ergebnisse haben, nur weil sein Team mit weniger Budget operiert.

Für einen jungen Kartpiloten ist es fast unmöglich, ohne Sponsorgelder in den Formelsport aufzusteigen...

Emerson Fittipaldi: Kart – das trifft es gut. So kann man das Fahrgefühl eines heutigen Formel 1-Autos am besten beschreiben. So kann man sich das vorstellen. Es ist ein großes Kart. Ein Formel 1 ist einfach wie ein dreimal so großes Kart.

Mit dem Unterschied, dass es im Kartsport fast bei jedem Rennen so viel Action wie in Hockenheim zu sehen gibt...

Emerson Fittipaldi (lächelt): Ja, ein großes Kart - und nicht ganz so viele Übermanöver.

In einem Interview sagten Sie, dass Sie in ihrer Karriere einen großen Fehler begangen hätten, nämlich für ihr eigenes Formel 1-Team zu fahren, das sie Ende der Siebzigerjahre mit ihrem Bruder Wilson gegründet haben.

Emerson Fittipaldi: Ich denke, es war ein Fehler. Aber es war auch eine gute Erfahrung. Und letztlich wurde mir dadurch erlaubt, später in den USA Rennen zu fahren, in der CART-Serie.

Und das überaus erfolgreich. Jetzt haben Sie im letzten Jahr als Teamchef mit ihrem neuen Team Fittipaldi-Dingman an der CART-Serie teilgenommen. Ihr Pilot Tiago Monteiro wurde einmal sogar Zweiter. In diesem Jahr ist das Team aber nicht am Start.

Emerson Fittipaldi: Ja, aber ich werde dieses Team weiter betreiben. Wir haben in diesem Jahr keinen Sponsor gefunden, aber im nächsten Jahr sind wir wieder dabei.

Sie können also nicht wirklich aufhören mit dem Motorsport?

Emerson Fittipaldi: (Lacht). Nein. Ich werde wieder zurück kommen. Ich höre mit dem Rennsport sicher nicht auf.

Mr. Fittipaldi, noch einen schönen Aufenthalt in Gröbming und danke für das Gespräch.

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