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„Soll ich bremsen, nur weil das der Formel 1 gut tut?“

Von seiner menschlichen Seite zeigte sich der sechsfache F1-Weltmeister Michael Schumacher im Gespräch mit einer Münchner Zeitung.

Michael Noir Trawniczek

Ein erfrischendes Interview hat Sechsfachweltmeister Michael Schumacher der Münchner TZ gegeben. Erfrischend nicht nur wegen der Antworten, sondern auch wegen der Fragen. „Sie sind so gut gelaunt...“ ist keine schlechte Eröffnung. Woran das liege? An den zwei Siegen in den zwei Rennen der jungen Saison?

Schumacher sagt: „Nicht nur. Es ist einfach so ein Gefühl: Ich steige im Moment gerne ins Rennauto und freue mich richtig darauf, eine schnelle Runde hinzulegen. Alles zu zeigen, was mein Ferrari hergibt. Das macht derzeit einfach richtig Freude, und irgendwie wird das mit den Jahren immer mehr.“ Und dann sagt Schumacher: „Vielleicht, weil der Druck weg ist. Ich fahre nur noch, weil ich fahren will.“

Doch der Fragesteller Gerald Selch verschont den erfolgreichsten Formel 1-Piloten aller Zeiten nicht mit harten Fragen. Alle Zeitungen dieser Welt würden schreiben, Schumacher siege die Formel 1 in eine Krise. Schumacher entgegnet, es sei noch lange nichts entschieden, es würden noch 16 Rennen ausstehen: „Hört doch auf zu glauben, die WM ist schon vorbei“

Der Interviewer spielt darauf an, was passieren würde, wenn Schumacher abermals Weltmeister werden würde. Schumacher erklärt den Titel zum Ziel, was sonst? „Darum geht es. Soll ich bremsen, nur weil das angeblich der Formel 1 gut tut? Nein, im Gegenteil: Ich werde noch mehr Gas geben!“ Schumacher wiederholt seine Aussage, dass er einfach so lange fahren würde, wie es ihm Spaß bereitet - das wäre auch nach 2006, dem Ablaufdatum seines Vertrages, möglich.

Das Verhältnis zu seinem Bruder Ralf kommt zur Sprache, der ja erklärt hat, er würde nicht mehr für Michael bremsen. Schumacher sagt: „Bremsen darf er auch nicht. Wir werden von verschiedenen Teams bezahlt, um schneller zu sein als der andere – Bruder hin oder her.“

Die „entscheidenden Tipps“ würde er von seinen Kindern erhalten, scherzt Schumacher: „Als ich letztes Jahr mal von einem Rennen nach Hause kam, sagte Mick ganz ernst zu mir: ‚Papa, du musst aus den langsamen Kurven schneller rauskommen. Und viel mehr Gas geben. Sonst überholen dich die anderen.’ Das sind die Augenblicke, da könntest du die Kinder nur noch knuddeln.“ Der Interviewer: „Und? Hat Sie seither jemand überholt?“ Schumacher: „Hmm. Wahrscheinlich nicht."

Nicht nur zu seinen Kindern pflegt Schumacher eine innige Beziehung – mit der Zeit hat er auch einen anderen Zugang zu seinem Arbeitsgerät entwickelt: „Für mich war ein Auto früher immer etwas, dass funktionieren muss. Etwas Technisches, eine Maschine eben. Je länger ich aber bei Ferrari bin, umso mehr wird die Beziehung persönlicher. Ferrari steht einfach für Leidenschaft und Emotion, dem kann auch ich mich nicht entziehen. In kritischen Situationen geht es manchmal so weit, dass ich mit meinem Auto spreche.“

Er würde dann Dinge sagen wie: „Fahr bitte weiter, lass mich nicht im Stich.“ Das wäre ja ein guter Tipp für Kimi Raikkonen, vielleicht müsste der „Iceman“ einfach mehr mit seinem Auto sprechen?

In dem ausführlichen und hier nur auszugsweise erwähnten Interview kommt auch die alte Frage aufs Tapet – wer wichtiger sei, das Auto oder der Fahrer? Schumacher sagt: „Es ist natürlich richtig, dass wir immer mehr Computer an Bord haben. Aber am Ende ist es nur der Fahrer, der im Rennen die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt treffen muss. Und auch bei Tests den Ingenieuren sagen, wo es klemmt. Da nützen tausend Computerdaten alleine nichts. Kurz gesagt: Mit einem schlechten Auto wird auch der beste Fahrer nicht Weltmeister. Einem schwachen Piloten nützt der mit Abstand schnellste Wagen auch nichts.“

Was der Interviewer Michael Schumacher nicht gefragt hat, ist: Herr Schumacher, wie wäre es mit einer neuen Herausforderung? Wie wäre es, wenn Sie einen gleichberechtigten und anerkannt schnellen Teamkollegen wie beispielsweise einen Räikkönen, Montoya, Webber oder Alonso bei Ferrari zulassen würden? Für Ferrari wäre das die Möglichkeit, zeitgerecht einen Top-Piloten für die Zeit nach Schumacher zu finden und aufzubauen. Für die Zuschauer wäre Spannung auch bei absoluter Überlegenheit der roten Renner möglich. Und Michael Schumacher könnte die letzten Zweifler überzeugen...

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