Formel 1: News | 26.02.2004
"Ab 2007 gibt es Mehrheitsbeschlüsse"
Formel-1-Zirkusdirektor Bernie Ecclestone über den Testwahnsinn der Teams, die Geldverschwendungs-Maschinerie und die F1-Zukunft.
Barcelona, Valencia, Jerez, Imola, Silverstone, Mugello, Fiorano, Misano. Die zehn Formel 1 Rennställe haben auch in diesem Winter keine Kosten gescheut und auf den einschlägigen Rennstrecken – vor allem in Spanien – Testrunden am laufenden Band abgespult. Doch wie weit geht der Testwahnsinn?
Formel 1 Zampano Bernie Ecclestone bringt die Sache auf den Punkt: „Da fahren die Teams vier Wochen lang Tests in Barcelona und haben ihre Rundenzeit um zwei Zehntelsekunden verbessert. Ich frage mich was das bringen soll. Wir wollen dem entgegentreten und die Testfahrten reduzieren.“
Klar ist auch: Die Formel 1 ist eine große Geldverschwendungsmaschinerie. „Die Kosten für die Teams stiegen in ungeahnte Höhen“, fuhr Ecclestone fort. „Und auch wenn ich davon ausgehe, dass die Teams, die in Melbourne am Start stehen, auch die Saison zu Ende fahren werden: Eines ist dennoch klar – die Formel 1 ist zu teuer geworden. Die Teams machen Verluste. Zum Teil, weil in der Formel 1 alle Verträge in Dollar gemacht werden. Jetzt hat der Dollar gegenüber dem Euro verloren. Also ist das, was die Teams von den Sponsoren bekommen, deutlich weniger wert. Zum Teil auch, weil die Verschwendungssucht zu groß geworden ist. Dann geht irgendwann das Geld aus. Einige der heutigen Teamchefs benehmen sich wie Bettler, aber das passt nicht zum Image der Formel 1.“
Konkret spricht Ecclestone Minardi-Teamchef Paul Stoddart und den Iren Eddie Jordan an. Beide Teamchefs befinden sich in Finanznot und haben Schwierigkeiten ein ordentliches Budget für die Saison zu finden. Entsprechend wurden in beiden Rennställen Fahrer verpflichtet, die Geld mitbringen. „Teams wie Jordan sollten sich besser überlegen, wie sie ihr Geld zusammenhalten und was sie eigentlich machen“, gab Ecclestone zu Protokoll. „Fest steht: Wir müssen nicht die Kosten, sondern die Geldverschwendung stoppen.“
Und dabei ist die Einmotorenregel auch keine Lösung: „Glauben Sie, dass Mercedes und BMW jetzt ein geringeres Budget veranschlagt haben als zuvor?“, fragte Ecclestone und setzte gleich an: „Vielleicht ist es ja sogar ganz gut, wenn sich die Tabakkonzerne wegen des Tabakverbots ab 2006 zurückziehen werden. Verstehen Sie mich nicht falsch. Ich will, dass sie in der Formel 1 bleiben.“ Denn: „Ich bin der Meinung, dass niemand das Rauchen anfängt, nur weil er Michael Schumacher im Ferrari siegen sieht. Aber mit den Sponsoren gehen auch eine Menge Dollar weg. Es könnte ja gut sein, dass die Teams gezwungenermaßen wieder vernünftiger werden.“
Handeln möchte Ecclestone was die Testfahrten betrifft. Diese sollten reduziert werden, „doch Ferrari war dagegen“. Änderungen können wegen des Concorde Abkommens nur einstimmig beschlossen werden. Ironie des Schicksals: „Nur um Ferrari zu schützen, haben wir das Agreement in den 80er-Jahren überhaupt beschlossen. Damals war Ferrari der einzige Rennstall mit einem 12-Zylinder-Motor und stand allein gegen die englischen Teams da, die fast ausschließlich mit Ford-Motoren fuhren. Durch das verflixte Concorde-Agreement, das besagt, dass Beschlüsse nur gefasst werden dürfen, wenn es hundertprozentige Zustimmung bei den Teams gibt, konnten wir nichts machen. 2007 wird das geändert: Dann wird es Mehrheitsbeschlüsse wie bei Wahlen geben.“
Und auch dann wird Ecclestone noch immer der „Diktator“ der Königsklasse des Motorsports sein – sofern seine Gesundheit es zulässt. „Es gibt zwar einige, die darüber spekulieren, wann ich aufhören werde und wer danach kommt, aber ich werde nicht aufhören, ich verschwende noch nicht mal einen Gedanken daran“, schrieb Ecclestone im SportBild Sonderheft. „Ich bin ein Kämpfer und musste schon viele Kämpfe bestreiten. Auch nach den schwierigen Verhandlungen mit den Herstellern und den Banken ist meine Position die gleiche geblieben. Einige werden kommen, einige werden gehen, aber Bernie bleibt. Der Grund meines Ausscheidens wird mit hundertprozentiger Sicherheit ein natürlicher sein. Ich werde weiterhin alles tun, damit die Formel 1 erfolgreich bleibt.“
Doch ist die Formel 1 noch erfolgreich? „Ich habe überhaupt keine Angst um die Zukunft der Formel 1“, machte der frühere Brabham Teamchef klar. „Selbst wenn Hersteller irgendwann aussteigen sollten, es werden neue kommen. Das war schon immer so und wird auch so bleiben. Die Zukunft liegt indes nicht mehr in Europa, sondern eindeutig in Asien. Ganz bestimmt China, genau so sicher in Indien. Dort wird die Wirtschaft boomen, dort gehen wir hin. Die Wirtschaft bestimmt.“
Zwangsläufig müssen dann Rennen aus Europa gestrichen werden. Aber um die deutschen GP in Hockenheim und auf dem Nürburgring müssen sich die Fans keine Sorgen machen. Doch: Auch hier spielt die Wirtschaft wieder die entscheidende Rolle. „Deutschland ist als Markt durch das Engagement von BMW und Mercedes, sowie der Popularität der Schumacher-Brüder zu wichtig. Am Ende ist die Formel 1 immer noch ein Sport, das sollten wir nie vergessen“, machte Ecclestone klar.
Aber nun genug der Wirtschaft und Politik. Wer wird Weltmeister, Herr Ecclestone? „Ich würde auch in dieser Saison wieder mein Geld auf Michael Schumacher setzen. Er ist für mich immer noch der beste Fahrer. Ferrari, Williams, McLaren und vielleicht auch Renault werden auf ähnlichem Niveau fahren. Das heißt, der Fahrer wird noch mehr Einfluss auf das Ergebnis haben als 2003. Wer am Ende die wenigsten Fehler macht, wird Weltmeister. Und ich glaube, der wird zum siebten Mal Michael Schumacher heißen.“