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FIA-Meeting in Monaco: Änderungen schon vor 2008?

In der Formel 1 brodelt es hinter den Kulissen derzeit gewaltig, ein eilig einberufenes FIA-Meeting, nächste Woche in Monaco, könnte kurzfristige Änderungen bringen.

Der Formel 1-Hut brennt lichterloh. Die Königsklasse ächzt wieder einmal unter der drückenden Dominanz der Scuderia Ferrari. Man muss kein Pessimist sein, um diese Erkenntnis zu erlangen. Sicher: Bahrain war das Rennen des Jahres. Es gab herzhafte, hinreißende Manöver im Feld. Doch an der Spitze zogen die roten Boliden Kreise um ihre Gegner, ließen sie buchstäblich in der Wüste stehen. Imola war für manche ein spannendes Rennen, für andere war es eine Prozession.

Wie auch immer: Für die breite Masse, für die über die ganze Welt verstreuten TV-Zuschauer ist die Formel 1 derzeit einfach nicht wirklich attraktiv. Und die Formel 1 braucht hohe Einschaltquoten. Die Show ist einfach nicht gut genug. Michael Schumacher hat alle Rennen gewonnen und es sieht nach einem noch nie da gewesenen Durchmarsch, Richtung Titel Nr. 7, aus. Die Menschen sehen nach jedem Rennen den auf dem Podium springenden Michael Schumacher. Sie freuen sich für ihn, doch beim nächsten Rennen gehen sie lieber ins Bad schwimmen.

Die Konkurrenz hechelt hinterher. Es handelt sich immerhin um die weltweit größten Automobilhersteller. Sie investieren immer mehr Geld und blamieren sich mitunter bis auf die Knochen. Man möchte Personenkraftwagen verkaufen - einer der Hauptgründe, in der Formel 1 präsent zu sein. In den Vorstandsetagen wird es immer schwieriger, eine Rechtfertigung für den stets steigenden Aufwand auf den Tisch zu legen. Zugleich ist man wiederum nicht wirklich bereit, zu sparen.

Zudem gibt es wieder viele besorgte Stimmen, welche davor warnen, dass die gegenwärtigen Boliden zu schnell geworden sind. Die Formel 1 ist derzeit also wenig spektakulär, zugleich zu schnell und auch noch zu teuer...

FIA-Präsident Max Mosley hat daher wieder einmal alle Register gezogen und ein radikales neues Regelwerk vorgestellt, es soll ab dem Jahr 2008 zur Geltung treten. Hubraumreduktion, Einheitsreifen, Einheitselektronik, Parc Fermé-Verschluss, Haltbarkeitsmotoren für zwei Rennwochenenden. Klarerweise gibt es massiven Widerstand. Schon die letzten radikalen Regeländerungen aus dem Hause Mosley waren alles andere als allseits beliebt. Ferrari oder BMW drohen gar mit Rückzug. Die vielzitierte Herstellerserie ist plötzlich wieder ein Thema. Zugleich aber gibt es auch ein dringendes Bedürfnis, etwas zu ändern. Doch jeder versucht nur, seine ureigenen Interessen zu vertreten. Es wird immer schwieriger, hier noch einen Überblick zu bewahren.

Schon bald ein neuer Qualifikationsmodus?

Ab nächsten Dienstag wird es in Monaco ein zweitägiges Treffen der FIA mit den Teams geben. Thema: Die Zukunft der Formel 1. Und: Einige der umstrittenen Änderungen könnten bereits 2006 oder gar noch früher implementiert werden. Laut dem Independent sollen sich nun sechs Teams hinter die Reformideen des Max Mosley gestellt haben. British American Racing, Sauber, Toyota, Jordan, Minardi und angeblich auch Williams.

Die Herstellerserie hat auch ihre Probleme. Grandprix berichtet, dass in Malaysia Dokumente im Umlauf waren, wonach auch in der GPWC Ferrari, Williams und McLaren wesentlich mehr Geld aus den TV-Geldern erhalten würden als die anderen Teams. Man hat den Eindruck, es wird nur noch ums Geld gestritten.

Ein gemeinsamer Nenner ist der aktuelle Qualifikationsmodus. Mit ihm ist fast niemand glücklich. Der erste Lauf ertrinkt in Bedeutungslosigkeit. Gerüchteweise könnte der Modus umgehend modifiziert werden. Die Kollegen von Auto, Motor und Sport berichten, Bernie Ecclestone hätte bereits eine neue Lösung im Gepäck: „Ein Einzelzeitfahren mit stehendem Start am Freitag und zwei halbstündige Qualifyings am Samstag, wobei die besten Zeiten addiert werden.“

Heilige Kühe: Elektronik und Aerodynamik

Was wirklich nächste Woche in Monaco passieren wird, darüber gibt es verschiedenste Ansichten. Manche erwarten ein klares Machtwort der FIA. Durchaus möglich, dass die neuen Regeln zumindest zum Teil bereits 2006 zum Einsatz kommen. Doch wie man das alles bewerkstelligen will, ist unklar. Denn für eine vorzeitge Implementierung müsste man sich einigen. Die Formel 1 scheint aber zerstritten und in zahllose Interessensgruppen zersplittert zu sein.

Massiven Widerstand gibt es gegen die geplante Standardelektronik, eine einheitliche ECU (Electronic Control Unit). Die Hersteller haben auf diesem Gebiet Milliarden investiert und viele haben Partnerschaften mit Elektronikriesen geschlossen, welche in Zukunft die Tabakfirmen ersetzen sollen. Man möchte diese Bühne nicht aufgeben. Mit einer Standardelektronik würden sich die Elektronikfirmen wieder zurückziehen.

Mosley steht zwischen den Herstellern und dem Publikum, welches sich nach purer Fahrkunst der weltbesten Piloten sehnt. Die Traktionskontrolle wollte er eigentlich abschaffen, doch dann haben die Hersteller ihn davon überzeugen können, dass der Erhalt der TC der angeblich billigere Weg sei. Mosley hat einem Kuhhandel zugestimmt – Erhalt der Traktionskontrolle und dafür günstige Kundenmotoren für die am Rande des Zusperrens stehenden Privatteams. Doch diese Motoren gibt es bis heute nicht.

Mit der Einheits-ECU kann Mosley die Kontrolle über die Elektronik gewinnen. Denn bislang scheiterten die Versuche auch an dem Problem, dass man die Elektronik nicht ausreichend kontrollieren kann.

Zu den heiligen Kühen zählt auch die Aerodynamik. Es wurden sündteure Windkanäle gebaut. Man will nicht abrüsten. Immer noch bleibt man dabei, die Kurvengeschwindigkeit über die Reifen zu reduzieren. Der neue Mosley-Plan beinhaltet sogar Einheitsreifen. Bevor man die Aerodynamik beschneidet, schickt man lieber die Reifenfirmen in die Wüste.

Was die Zuschauer und die Piloten wollen, ist immer noch sekundär...

Das Rezept vieler Piloten – Slicks und Aerodynamikbeschnitt – wird weiter völlig ignoriert. Mit den aktuellen Boliden ist Überholen einfach schwierig, daran wird sich wenig ändern. Da muss man schon Strecken wie Bahrain entwerfen, um das Überholen zu ermöglichen.

Mosley weiß, was die Zuschauer wünschen - dass wieder mehr Gewicht auf die Fahrkunst der Piloten gelegt wird. Doch in seinem neuen Reglement hat er einen „Überdrehungsschutz“ für die Motoren eingebaut. Dafür hat er die Servolenkung gestrichen. Nur: Es geht den Menschen um die Fahrkunst und nicht um die Muskelkraft.

Ein großer Teil des Publikums hat kein Verständnis für Haltbarkeitsmotoren im Rennsport. Die Folgen dieser Regel sind für das Publikum und für die Piloten ein Nachteil, da weniger und vorsichtiger gefahren wird. Was macht Mosley? Die Motoren sollen künftig gleich zwei Wochenenden halten.

Fazit: In Monaco werden die Teams um ihre Interessen feilschen. Um den Erhalt der heiligen Kühe. Um den TV-Kuchen. Spar-Regeln sind angesagt, um die Vorstände zu besänftigen. Doch wirklich sparen will keiner. Werden die Tests beschränkt, wird man mehr Prüfstandarbeit verrichten. Kleine Teams werden weiterhin keine Chance haben. Aber vielleicht können sie sich bald ihre Autos bei den Großen kaufen. Da der aktuelle Qualifikationsmodus für beinahe alle unerträglich ist, könnte er bald geändert werden. Alles andere ist unabsehbar. Der Hut brennt. Und alle sind zerstritten...

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