Formel 1: News | 18.02.2006
Qualifying 2006: Strategie-Spielchen & Schlupflöcher
Der neue Qualifying-Modus verleitet zu strategischen Tank-Spielchen. Die Oberste Sportbehörde FIA muss schon im Vorfeld ein Schlupfloch flicken.
Fotos: Robert May (Rally & more / motorline.cc)
Grafik: Allianz
Der neue Qualifying-Modus im Detail
Nach zwei Sitzungen zu je 15 Minuten (unbeschränkte Rundenanzahl) scheiden jeweils die langsamsten 6 Fahrer aus. Diese belegen die Startplätze 17 bis 22 (Session 1) beziehungsweise 11 bis 16 (Session 2). Diese Fahrzeuge dürfen nach ihrem Ausscheiden für das Rennen betankt werden - die ersten beiden Sitzungen können also mit "Low Fuel" gefahren werden.Danach werden die Zeiten der verbliebenen 10 Fahrer gelöscht, sie kämpfen in einer dritten Session zu 20 Minuten um die Top 10-Startplätze. Dabei müssen die Autos jedoch mit dem Rennsprit betankt sein, lediglich der in dieser Session verbrauchte Sprit darf unter FIA-Aufsicht nachgetankt werden. Dafür wird die Anzahl der in Session 3 zurückgelegten Runden herangezogen.
FIA führt "110 Prozent-Regel" ein
Das neue Qualifikationsformat sorgt schon für Wirbel, bevor es überhaupt zum ersten Mal angewendet wurde: Viele Fans haben ihre liebe Not mit dem schwer zu durchschauenden Modus, während sich die Medien den Kopf darüber zerbrechen, wie sie die Sessions künftig am besten präsentieren sollen.Strategische Farce? Gleichzeitig haben zahlreiche Experten Bedenken, dass das Qualifying zu einer strategischen Farce verkommen könnte, weil die Top 10 des Ausscheidungsfahrens mit der Benzinmenge vom Samstag ins Rennen gehen müssen, während alle anderen Fahrer vor dem Start beliebig nachtanken dürfen. Dadurch könnte der Elfte theoretisch besser positioniert sein als der Zehnte, weil er sich den ersten Stint optimal einteilen kann.
Die Top 10 fahren die Besetzung der ersten fünf Startreihen ungeachtet dessen in einem 20-minütigen Finale aus, vor dem die Benzinmenge eines jeden teilnehmenden Fahrers von der FIA mittels einer Wägung registriert wird. Die FIA bestimmt gleichzeitig einen Wert, wie viel Benzin pro Runde durchschnittlich verbrannt wird - und nach der Session darf jeder Fahrer genau diesen Wert multipliziert mit der Anzahl der zurückgelegten Runden nachtanken.
Der Haken an der Geschichte: Theoretisch könnte jemand auf die Idee kommen, 20 Minuten lang - es gibt im Gegensatz zu früher, als maximal zwölf Umläufe erlaubt waren, kein Rundenlimit mehr - im Schneckentempo um den Kurs zu rollen, um Benzin zu sparen und anschließend mit einer einzigen schnellen Runde eine gute Startposition herauszufahren. Die Restbenzinmenge im Tank plus die von der FIA definierte Nachtankmenge würden dann unterm Strich einen volleren Tank am Grid ergeben.
Keine 'Economy'-Fahrten. Über dieses Thema hat man sich nun Gedanken gemacht - und die Lösung der FIA ist simpel, aber effektiv: Für die Nachtankmenge dürfen nur jene Runden berechnet werden, die innerhalb von 110 Prozent der persönlichen Bestzeit liegen. Damit verhindert man einerseits ein strategisch motiviertes Benzinsparen, gleichzeitig müssen die Top-10-Qualifyer dann aber auch so schnell um den Kurs fahren, dass sie keine Konkurrenten blockieren.
Das neue Qualifikationsformat sollte damit einigermaßen lückenlos definiert sein, auch wenn wohl erst die ersten Grand-Prix-Wochenenden zeigen können, welche strategischen Spielchen dadurch möglich werden. Eines steht aber jetzt schon fest: Wenn es den Verantwortlichen gelingt, den Modus zum Funktionieren zu bringen, dann sollte die Spannung wesentlich höher sein als beim manchmal recht langweiligen Einzelzeitfahren der vergangenen Jahre...