MOTORSPORT

  • Motorline auf Facebook
  • Motorline auf Twitter

Zanardi und die pure Freude im F1-Boliden

Alex Zanardi drehte in Valencia insgesamt 19 Runden mit dem BMW Sauber und war dabei verblüffend schnell unterwegs. "Es war die pure Freude", jubelte er.

Michael Noir Trawniczek

Alex Zanardi muss niemandem mehr etwas beweisen - dieser Formel 1-Test beim Formel BMW-Weltfinale in Valencia, in einem BMW Sauber F1.06, war eine Art Draufgabe, eine Art von "Tüpfelchen auf dem I".

Wir erinnern uns mit Schaudern an den fürchterlichen Unfall im Jahr 2001, beim Champ Car-Renen auf dem deutschen Lausitzring. Zanardi, der Champ Car-Meister der Jahre 1997 und 1998, der bei seinem Formel 1-Comeback 1999 im Williams mit der Technik haderte und auf dem Lausitzring seit seiner Rückkehr zu den Champ Cars erstmals wieder vorne mitfahren konnte, drehte sich auf kalten Reifen auf die Strecke und wurde so brutal abgeschossen, dass der öffentlich-rechtliche Sender ob der schrecklichen Bilder einfach die Übertragung abbrach. Dass dieser Mann die folgenden Stunden überleben würde, hat damals niemand geglaubt.

Doch Zanardi kam durch, erwachte aus dem Koma, beide Beine mussten amputiert werden. Dann kamen 15 Operationen, fürchterliche Schmerzen und das neue Leben mit den Prothesen. Und schon 2003 beeindruckte Zanardi die Weltöffentlichkeit, als er auf dem Lausitzring in einem umgebauten Champ Car-Boliden jene 13 Runden absolvierte, die ihm in dem Unglücksrennen noch fehlten. In der Folge konnte Alex Zanardi mit seinen Aktionen, seinem Leben als solchem, seinem Humor, seinem Kampfgeist zahlreiche Menschen in ähnlich harten Situationen ermutigen...

Dann machte Zanardi wirklich ernst, er wollte keine Showrunden mehr drehen, sondern echte Rennen bestreiten: Auf einem umgebauten BMW-Tourenwagen nahm er an der WTCC, an der Tourenwagen-Weltmeisterschaft teil. Im Jahr 2005 konnte er dort sein erstes Rennen gewinnen, auch heuer stand der Italiener wieder ganz oben auf dem Siegerpodest. Das ist das ganz große Wunder - welches Alex Zanardi abseits vom gleißenden Rampenlicht der "Königsklasse" vollbracht hat. In der WTCC wird oft bis aufs Messer gekämpft - dort wird auch Zanardi von seinen Konkurrenten nicht geschont.

Nur eine Sekunde langsamer als Vettel

Bei seinem Formel 1-Ausflug in Valencia war Alessandro Zanardi verblüffend schnell unterwegs: Nach insgesamt 19 Runden am Samstag und am Sonntag markierte Zanardi eine Rundenzeit von 1:19.7 Minuten, womit er nur um eine Sekunde langsamer war als der hoch gelobte Jungstar Sebastian Vettel, der als Freitagsfahrer in dieser Saison für Aufsehen sorgen konnte. "Da ist einfach unglaublich", schüttelte BMW-Motorsportdirektor Dr. Mario Theissen den Kopf.

BMW hat den Wagen auf die Bedürfnisse des Italieners hin umgebaut. "Vor allem die Bremse. Das Pedal wurde von der linken auf die rechte Seite verlegt. Denn an der rechten Seite habe ich mein stärkeres Glied. Ich kann mit meinem rechten Bein mehr Druck erzeugen. Ich drücke mit meiner Hüfte nach unten und erzeuge dadurch den Druck. Mein Fuß ist mit einem Klettband am Pedal fixiert", erläuterte Zanardi am Samstag. Und fügte mit seinem typischen schwarzen Humor hinzu: "Wenn ich schnell aussteigen muss, garantiere ich euch, dass mein Bein abfallen würde."

Nach seiner Ausfahrt zeigte sich Zanardi begeistert, der Wagen sei "so präzise wie ein Schweizer Uhrwerk" gewesen. "Normalerweise ist das nicht der Fall", wunderte sich der Italiener, der von 1991 bis 1994 sowie 1999 als Formel 1-Pilot tätig war. "Als ich das Visier herunter klappte, waren die Emotionen sehr stark. Es war die pure Freude, wieder in einem solch fantastischen Rennauto zu sitzen. Mir ist klar, dass es hier um mehr geht, als nur mit einem Rennwagen zu fahren - einen beinamputierten Piloten in ein Formel 1-Auto zu setzen ist schon etwas ganz spezielles." Schließlich sagte Zanardi: "Viele glauben, ohne Beine sei das leben vorbei - aber das ist es verdammt noch mal nicht."

Noch einmal feixte der 40-jährige, er habe wegen der Enge des Cockpits den Mechanikern angeboten: "Ich kann meine Füße schmäler machen. Ich bin der einzige Fahrer weltweit, der das tun kann! Ich habe nun Größe 36, im Normalfall jedoch habe ich Größe 43."

News aus anderen Motorline-Channels:

Formel 1: News

Weitere Artikel:

Ferrari-Zirkus in Miami

Positionschaos statt Angriff nach vorn

Ferrari hat in der Formel 1 wieder einmal die Lacher auf seiner Seite - Statt Kimi Antonelli anzugreifen, wird über die teaminterne Reihenfolge debattiert

Lando Norris gewinnt am Samstag bei Regen in Miami, Kimi Antonelli wird Opfer von Max Verstappen, der seinerseits eine Zehnsekundenstrafe kassiert