Formel 1: News | 12.02.2006
"Der Motorsport ist mein Leben!"
Neo-Teammiteigner Gerhard Berger spricht über seine Scuderia Toro Rosso - "das Team ist eine furchtbar große Herausforderung", findet der Tiroler.
So wirklich überraschend kam die Rückkehr von Gerhard Berger in die Formel 1 nicht, doch die Art und Weise und der Zeitpunkt waren dann doch unerwartet. Berger ist nun 50-prozentiger Mitbesitzer des Formel-1-Teams Scuderia Toro Rosso, die restlichen 50 Prozent bleiben in Red-Bull-Besitz. Der Energydrink-Hersteller übernahm im Gegenzug die Hälfte von Bergers Transportunternehmen. In Jerez, wo er die ersten Testtage des neuen STR-01 verfolgte, stellte sich Berger den Medien.
Wie kam dies eigentlich alles zustande?
Gerhard Berger: In Wahrheit war es meine Frau, die fragte, ob es nicht möglich sei, dass ich das Haus wieder verlasse. Aber es war schon sehr spontan. Mit Dietrich (Mateschitz, Red-Bull-Gründer; Anm. d. Red.) verbindet mich eine 18-jährige Geschichte. Ich war der erste Sportsmann, der bei Red Bull unter Vertrag war, und die Beziehung riss in den 18 Jahren nicht ab. Ich habe eine sehr enge Beziehung mit ihnen, und als sie mehr und mehr auch im Motorsport aktiv waren, war es offensichtlich, dass sie mich fragen werden, ob ich mitmachen wolle.
Der nächste Schritt für mich war, dass ich mein eigenes Team haben wollte. Als wir das besprochen haben, gab es die Möglichkeit, mein eigenes Team zu haben, nämlich 50 Prozent davon. Das ist wirklich eine traumhafte Situation. Ich vertraue ihm (Mateschitz; Anm. d. Red.) und ich kenne das Potenzial von Red Bull, daher denke ich, dass wir wirklich etwas Gutes auf die Beine stellen können. Darüber hinaus hatte ich immer eine gute Bezeihung zu Italien, und Toro Rosso ist ja in Italien beheimatet. Es erscheint überdies als eine gute Herausforderung, ein Team, welches bereits 20 Jahre an Erfahrung hat, weiterzubringen. Ich weiß, dass das eine große Herausforderung ist, aber ich wusste auch, dass es so richtig ist.
Wann fiel die Entscheidung zu diesem Schritt?
Berger: In der vergangenen Woche.
Was wird deine genaue Rolle bei Toro Rosso und bei Red Bull sein?
Berger: Wir tauschen unsere Erfahrungen aus. Wir haben mit Franz Tost einen fantastischen Teamchef. Ich habe schon bei BMW eng mit ihm zusammengearbeitet, kenne ihn seit 25 Jahren. Zudem ist er auch Tiroler und wir kennen uns schon seit Formel-Ford-Zeiten. Wir haben eine gute Beziehung zueinander und ich vertraue ihm 100-prozentig. Ich respektiere seine Kenntnisse und er ist ein perfekter Teamchef. Ich muss da keinen detaillierten Input liefern, mit meiner Erfahrung auf der einen Seite und dem operativen Geschäft von Franz auf der anderen sollte es eine perfekte Kombination sein.
Wie lange möchtest du in der Formel 1 bleiben?
Berger: Da gibt es keinen bestimmten Punkt, Motorsport ist mein Leben. Und ich habe hier einen guten Schritt gemacht.
Hast du dir schon Pläne und konkrete Ziele gesetzt?
Berger: Das ist schwierig. Wir kämpfen gegen Midland und Super Aguri, dann kommen schon die Hersteller. Wir müssen abwarten.
Aber es ist ja nur ein kleines Team, ist es wirklich klug, diesen Weg zu gehen?
Berger: Ich weiß, dass es ein kleines Team ist. Es ist eine furchtbar große Herausforderung.
Was könnt ihr realistisch erwarten?
Berger: Man muss es realistisch sehen, wir werden sicher nicht die ersten beiden Plätze belegen. Wir müssen zunächst die ersten drei Jahre sehen, in dieser Zeit müssen wir eine gute Pace entwickeln und Leute zusammenbringen. Dabei sind unsere Ressourcen aber begrenzt. Aber ich glaube, dass wir mit den richtigen Leuten etwas zusammen erreichen können. Zu Beginn werden Midland und Super Aguri unsere direkten Gegner sein.
Wird mit dem V10-Motor der Einstieg gut gelingen?
Berger: Das müssen wir abwarten, dieses Paket haben wir nun.
Werdet ihr auch im nächsten Jahr mit diesem Motor fahren?
Berger: Ich weiß es nicht, ich habe mir die Situation noch nicht genau angeschaut.
Gerade um den V10-Motor gibt es derzeit ja viel Wirbel. Wie denkst du darüber?
Berger: Im Moment sehe ich keinen Vorteil für den V10-Motor. Die Rundenzeiten liegen alle im dem Bereich, in dem sie liegen sollten, und wir haben ein gutes Auto. Aber wir fahren ja nicht die schnellsten Zeiten. Okay, wir sind schneller als Midland, na und? Ich denke, hinter der Ausgleichsregelung standen zahlreiche Gedanken und Berechnungen. Wir wissen, dass wir definitiv keinen Vorteil gegenüber dem V8 von Cosworth haben. Und auch wenn wir vielleicht einen Vorteil gegenüber einem anderen Motor haben, ist dieses Verfahren für mich im Moment eine faire Lösung.
Wirst du dich auch bei der Sponsorensuche engagieren?
Berger: Wenn man sein eigenes Team besitzt, dann muss man sicherstellen, dass Geld da ist, um das Team zu führen. Ich muss also sehen, ob ich für den richtigen Betrag einen Sponsor finden kann.
Wie genau würdest du deine Beraterrolle für Red Bull beschreiben?
Berger: Das Team gehört ja Red Bull, wenn aber Dietrich meine Erfahrung braucht, dann würde ich gerne Ratschläge geben. Es ist wichtig, dass mein Partner eine erfolgreiche Rolle im Motorsport hat. Das wäre gut für mich und gut für alle.
Täuscht der Eindruck, oder ist der STR-01 nur ein wieder neu aufgelegter RB1?
Berger: Das sind die Farben. Wenn sie ähnlich lackiert sind, dann sehen sie sich nun einmal sehr ähnlich.
Wirst du die Linie von Toro Rosso bezüglich des neuen Concorde Agreements beibehalten?
Berger: Wir sind mit der FIA größtenteils einer Meinung. Ich glaube an die FIA, denn man braucht eine unabhängige Behörde, die Entscheidungen trifft, ohne individuelle Interessen. Es würde schon seltsam sein, wenn die Teams da mitmischen, da jeder seine eigenen Vorstellungen hat. Man muss akzeptieren, dass die Entscheidungen der FIA manchmal den eigenen Ideen entsprechen und manchmal eben nicht.