Formel 1-Testfahrten Barcelona Testwoche 3 | 06.03.2013
Was uns die Testfahrten sagen…
In Montmelo wurde die letzte Testwoche der Vorsaison 2013 abgehalten, motorline.cc versucht einmal mehr, aus den Rundenzeiten etwas herauszulesen…
Michael Noir Trawniczek
Die Testfahrten zu interpretieren, ist wie jedes Jahr nur bedingt seriös möglich – zu unterschiedlich sind die gefahrenen Programme, die Reifenmischungen, die Tankmengen. Am Ende können zwar Tendenzen ausgemacht werden, doch ein wirklich klares Bild über die Kräfteverhältnisse wird man wohl erst nach einigen Rennwochenenden erhalten…
Das Wetter spielte nämlich auch in der letzten der drei Testwochen eine entscheidende Rolle – nach zwei Regentagen folgten zwei Tage Trockenheit, allerdings lagen die Temperaturen ganz allgemein unter den in Spanien üblichen Werten.
Somit war es diesmal noch schwieriger, die Reifen, die noch dazu wie im Vorjahr neu komponiert wurden, auf die nötige Temperatur zu bekommen beziehungsweise das Temperaturfenster überlängere Zeiträume aufrecht zu erhalten.
Die „Supersoft“-Mischung wurde beispielsweise äußerst selten eingesetzt, weil sie auf dem Circuit de Catalunya, bei den niedrigen Temperaturen schon bald zu grainen begannen. Immerhin gelang einem der Piloten ein Longrun von 14 Runden mit den „Supersoft“-Reifen. Sämtliche Tagesbestzeiten wurden auf Reifen der Mischung „Soft“ erzielt.
Mercedes als Favorit?
Mit zwei deutlichen Tagesbestzeiten bietet sich Mercedes als Favorit an – doch die „Silberpfeile“ waren auch im Vorjahr über eine schnelle Runde vorn dabei, standen in Melbourne weit vorne in der Startaufstellung, um dann im Rennen durchgereicht zu werden.Was Optimisten feststellen: Lewis Hamilton und Nico Rosberg konnten diesmal auch bei den Longruns überzeugende Rundenzeiten markieren. Dennoch bleibt die Frage, was geschehen wird, wenn die Temperaturen hoch sind. Sogar Ross Brawn sagt: „Wir wissen es nicht, und können nur hoffen, dass wir das Problem im Griff haben.“ Auto, Motor und Sport zitiert den Vorstandsvorsitzenden Niki Lauda mit folgenden Worten: „Ich dreh durch, wenn wir wieder mit den Reifen Probleme kriegen. Der Grundspeed ist gut, aber die Punkte werden im Rennen gemacht. Für mich ist das Schlüsselrennen Malaysia. Da wird es sicher heiß. Und da müssen wir uns beweisen.“
Laut Zeitentabelle war Fernando Alonso im Ferrari der einzige Konkurrent, der mit einem Rückstand von 0,364 Sekunden halbwegs an die Mercedes-Bestzeit herankam. Die Sektorenzeiten jedoch verraten, dass Alonso im ersten und im letzten Sektor schneller als Mercedes fuhr, zudem war er mit 316,7 km/h gemeinsam mit dem Sauber das schnellste Auto auf der langen Geraden. Der Ferrari F138 dürfte also gelungen sein, das belegt auch eine Fünferserie, die Alonso am letzten Testtag fuhr, wo er fünf Runden lang jeweils unter 1:21 Minuten blieb.
Der nächstbeste Wagen war in der dritten Testwoche der McLaren – doch Jenson Button fehlen gleich einmal 1,3 Sekunden auf Mercedes. Angeblich soll McLaren darunter leiden, dass man beim MP4-28 die Vorderradaufhängung auf ein Pullrod-System umgestellt hat. Die Ingenieure sollen sich dabei schwer tun, Setup-Änderungen zu verstehen. Das eigene Auto nicht zu verstehen, ist eine große Bürde in der Formel 1.
Verdächtig sollen jene 30 Minuten-Pausen sein, welche Button und Neuzugang Sergio Perez bis zum Schluss immer wieder einlegen mussten. Diese Pausen können wohl nur dazu genützt worden sein, um den Mechanikern Zeit für Umbauarbeiten zu geben. Vom reinen Speed her, auf einer schnellen Runde, dürfte McLaren aber dennoch zumindest in der Nähe des Spitzenfelds liegen.
Rätselraten um Red Bull Racing
Rund um Red Bull Racing gibt es die meisten und die unterschiedlichsten Theorien im Fahrerlager. Dass es mit dem RB9 nicht ganz rund läuft, scheint Tatsache zu sein, schließlich gibt auch Dr. Marko offen zu, dass man „Probleme mit der Balance“ habe, das Auto lasse sich „nicht richtig abstimmen“.Angeblich soll sich RBR wie auch die anderen Renault-Teams Williams, Lotus und Caterham bei der Gestaltung der Heckpartie auf ein spezielles Motor-Mapping verlassen haben, welches die Auspuffgase beim Anbremsen auf den Diffusor bläst – dieses Mapping wurde aber in einer Klarstellung der FIA verboten. Jetzt soll jene Flaschenhalsform, welche die Autos der Konkurrenzteams aufweisen, für mehr Stabilität beim Bremsen sorgen, während die Renault-Teams darunter leiden würden, heißt es. Unterdessen hat Marko relativiert, die Probleme aufgrund des Mapping-Verbots seien „aufgebauscht“ worden…
Es gibt aber auch eine ganz andere Theorie – denn viele trauen dem Spuk nicht, für einige Experten bleibt Red Bull Racing der klare Topfavorit. Die Experten der britischen Autosport etwa berufen sich darauf, dass Red Bull Racing schon immer mit viel Sprit im Tank gefahren ist, so könnte es sein, dass RBR den gesamten Test über 70 Kilogramm Sprit an Bord hatte.
Die Briten rechnen vor: „Wenn wir die beste in den zwei Barcelona-Testwochen gefahrene Zeit von Red Bull Racing heranziehen, also die 1:22.197 Minuten von Sebastian Vettel, welche er in der ersten der beiden Barcelona-Testwochen erzielt hat – und wenn man nun für die Verbesserung der Strecken-Konditionen, welche an den letzten beiden Testtagen der zweiten Barcelona-Testwoche festzustellen waren, 0,7 Sekunden abzieht sowie weitere 2,45 Sekunden spritbereinigt abzieht, um auf eine Zeit mit ‚leerem‘ Tank zu kommen, dann erhält man eine Rundenzzeit von 1:19.047 Minuten.“
Weiter heißt es: „Nico Rosberg fuhr im Mercedes am letzten Testtag eine Bestzeit von 1:20.130 Minuten. Man kann durchaus aufgrund von früheren historischen Spritladungen davon ausgehen, dass Rosberg mit 30 Kilogramm Sprit unterwegs war – das ergibt eine theoretische, spritbereinigte Zeit von 1:19.080 Minuten. Wenn es nur 20 Kilogramm waren, beträgt die spritbereinigte Zeit 1:19.430 Minuten.“
So errechnen die Briten, dass Lotus, Ferrari und McLaren allesamt spritbereinigt auf Zeiten zwischen 1:19.3 und 1:19.4 Minuten gelangen und dass sie somit allesamt „ein paar zehntel hinter dem regierenden Weltmeister“ (Red Bull Racing) liegen würden. Als Nachsatz heißt es noch: „Es sei denn, RBR fuhr noch schwerer, als sogar unser konservativster Experte angenommen hat…“
Nicht nur die britischen Experten glauben weiterhin an Red Bull Racing als Topfavorit, auch ein Felipe Massa erklärte, seiner Meinung nach sei der RB9 das beste Auto. Massa begründet das auch: „Es ist zu sehen, dass er ein stabiles Heck hat - und das nicht nur, wenn man dahinter fährt.“
Allein bei Red Bull Racing klaffen also die Aussagen völlig auseinander: Für die einen hat sich Adrian Newey gerade beim Heck in eine Sackgasse treiben lassen, die anderen bewundern dessen stabiles Heck…
Sauber im Aufwind
Bei Lotus lief es in der letzten Testwoche wenig zufriedenstellend – angeblich soll schon der dritte Schaden im Umfeld des Getriebes entstanden sein – so kommt Lotus auch auf die wenigsten Testkilometer.Bei Sauber scheint das Konzept der schmalen Seitenkästen aufzugehen – der Schweizer Bolide war auf der langen Geraden neben Ferrari das schnellste Auto, zudem wird das auch von den schnellen Zeiten im ersten Sektor bestätigt. Dazu kommt Nico Hülkenberg, der für das Sauber-Team ein wahrer Segen ist.
Hülkenberg trug im Vorjahr viel dazu bei, dass Force India immer wieder gute Ergebnisse einfahren konnte – jetzt ist Adrian Sutil zu Force India zurückgekehrt, der Deutsche war auf Anhieb schnell, der Wagen ist konservativ, aber verlässlich.
Williams hat in der letzten Testwoche mit einem radikalen Update aufhorchen lassen, neue Sidepods und ein Auspuffsystem a la Red Bull Racing. In der Folge jedoch klagten die Piloten in langsamen Kurven über mangelnden Grip. Zuvor lag Williams auf gleicher Höhe mit Sauber und Force India. Laut Auto, Motor und Sport gab es bei Williams zweimal ein Problem mit den KERS-Batterien, diese sind am neuen Auto kleiner dimensioniert, was ein Auslöser für die Probleme gewesen sein könnte.
Toro Rosso lieferte eine unauffällige Vorstellung, die Rundenzeiten stimmen wenig optimistisch, denn es ist zu befürchten, dass man immer noch etwas hinter dem Mittelfeld zurückliegt. Immerhin konnte man fast so viele Kilometer wie Red Bull Racing abspulen, die Standfestigkeit dürfte also in Ordnung sein.
Am Ende des Feldes tobt ein knapper Kampf um die rote Laterne – die beiden früheren „neuen“ Teams Marussia und Caterham haben seit ihrem Einstieg 2010 lediglich eines erreicht: einen neuen Namen. Marussia hieß Virgin, Caterham hieß Lotus. Ansonsten jedoch sind deren Rückstände immer noch beschämend, sodass man diese beiden Teams eigentlich immer noch als „Formel1b“ bezeichnen müsste.
Tag 1
Pos Fahrer Team Zeit Rückstand Runden 1. Mark Webber RBR 1:22.693 90 2. Lewis Hamilton Mercedes 1:24.348 + 1.655 113 3. Jean-Eric Vergne Toro Rosso 1:25.017 + 2.324 59 4. Valtteri Bottas Williams 1:26.458 + 3.765 85 5. Sergio Perez McLaren 1:26.538 + 3.845 100 6. Esteban Gutierrez Sauber 1:26.574 + 3.881 92 7. Paul di Resta Force India 1:27.107 + 4.414 57 8. Felipe Massa Ferrari 1:27.541 + 4.848 112 9. Max Chilton Marussia 1:28.166 + 5.473 78 10. Charles Pic Caterham 1:28.644 + 5.951 83 11. Romain Grosjean Lotus 1:34.928 + 12.235 52
Tag 2
Pos Fahrer Team Zeit Rückstand Runden 1. Romain Grosjean Lotus 1:22.716 88 2. Jenson Button McLaren 1:23.181 + 0.465 72 3. Pastor Maldonado Williams 1:23.628 + 0.912 75 4. Sebastian Vettel RBR 1:23.743 + 1.027 65 5. Nico Hülkenberg Sauber 1:23.744 + 1.028 79 6. Adrian Sutil Force India 1:24.215 + 1.499 62 7. Daniel Ricciardo Toro Rosso 1:25.483 + 2.767 61 8. Max Chilton Marussia 1:25.598 + 2.882 75 9. Giedo van der Garde Caterham 1:26.316 + 3.600 48 10. Nico Rosberg Mercedes 1:26.655 + 3.939 120 11. Fernando Alonso Ferrari 1:27.878 + 5.162 102
Tag 3
Pos Fahrer Team Zeit Rückstand Runden 1. Lewis Hamilton Mercedes 1:20.558 117 2. Felipe Massa Ferrari 1:21.266 + 0.708 94 3. Adrian Sutil Force India 1:21.627 + 1.069 109 4. Pastor Maldonado Williams 1:22.305 + 1.747 34 5. Valtteri Bottas Williams 1:22.468 + 1.910 31 6. Esteban Gutierrez Sauber 1:22.553 + 1.995 99 7. Mark Webber RBR 1:22.658 + 2.100 59 8. Sergio Perez McLaren 1:22.694 + 2.136 101 9. Jean-Eric Vergne Toro Rosso 1:23.223 + 2.665 114 10. Romain Grosjean Lotus 1:23.380 + 2.822 46 11. Davide Valsecchi Lotus 1:23.448 + 2.890 16 12. Jules Bianchi Marussia 1:24.028 + 3.470 74 13. Giedo van der Garde Caterham 1:24.235 + 3.67 126
Tag 4
Pos Fahrer Team Zeit Rückstand Runden 1. Nico Rosberg Mercedes 1:20.130 131 2. Fernando Alonso Ferrari 1:20.494 + 0.364 120 3. Jenson Button McLaren 1:21.444 + 1.314 122 4. Nico Hülkenberg Sauber 1:21.541 + 1.411 118 5. Kimi Räikkönen Lotus 1:21.658 + 1.528 50 6. Paul di Resta Force India 1:21.664 + 1.534 112 7. Pastor Maldonado Williams 1:22.415 + 2.285 42 8. Sebastian Vettel RBR 1:22.514 + 2.384 100 9. Valtteri Bottas Williams 1:22.524 + 2.394 31 10. Charles Pic Caterham 1:23.115 + 2.985 116 11. Jules Bianchi Marussia 1:23.167 + 3.037 62 12. Daniel Ricciardo Toro Rosso 1:23.628 + 3.498 91 13. Max Chilton Marussia 1:24.103 + 3.973 49
Gesamte Testwoche/Beste Zeiten
Pos Fahrer Team Zeit Rückstand Runden 1. Nico Rosberg Mercedes 1:20.130 251 2. Fernando Alonso Ferrari 1:20.494 + 0.364 222 3. Lewis Hamilton Mercedes 1:20.558 + 0.428 230 4. Felipe Massa Ferrari 1:21.266 + 1.136 206 5. Jenson Button McLaren 1:21.444 + 1.314 194 6. Nico Hülkenberg Sauber 1:21.541 + 1.411 197 7. Adrian Sutil Force India 1:21.627 + 1.497 171 8. Kimi Räikkönen Lotus 1:21.658 + 1.528 50 9. Paul di Resta Force India 1:21.664 + 1.534 169 10. Pastor Maldonado Williams 1:22.305 + 2.175 151 11. Valtteri Bottas Williams 1:22.468 + 2.338 147 12. Sebastian Vettel RBR 1:22.514 + 2.384 165 13. Esteban Gutierrez Sauber 1:22.553 + 2.423 191 14. Mark Webber RBR 1:22.658 + 2.528 149 15. Sergio Perez McLaren 1:22.694 + 2.564 201 16. Romain Grosjean Lotus 1:22.716 + 2.586 186 17. Charles Pic Caterham 1:23.115 + 2.985 199 18. Jules Bianchi Marussia 1:23.167 + 3.037 136 19. Jean-Eric Vergne Toro Rosso 1:23.223 + 3.093 173 20. Davide Valsecchi Lotus 1:23.448 + 3.318 16 21. Daniel Ricciardo Toro Rosso 1:23.628 + 3.498 152 22. Max Chilton Marussia 1:24.103 + 3.973 202 23. Giedo van der Garde Caterham 1:24.235 + 4.105 174