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Größtes McLaren-Update seit fünf Jahren Der McLaren MCL60 (hier Oscar Piastri) performt seit Spielberg stark
Motorsport Images

Warum Lando Norris V fahren muss, aber U fahren möchte

Lando Norris lobt das Spielberg-Upgrade von McLaren als größtes in fünf Jahren, sieht allerdings trotzdem noch viele Schwächen, vor allem in Sachen Fahrstil

Wie echt ist der Aufschwung von McLaren wirklich? Der Rennstall hatte einen fürchterlichen Start in die Formel-1-Saison 2023 erlebt, konnte das Blatt aber mit einem großen Update ab dem Spielberg-Rennen wenden, wo Lando Norris Vierter wurde.

In Silverstone bekam auch Oscar Piastri das Upgrade - und prompt fuhren beide im Qualifying in die Top 3 und hätten diese Position auch im Rennen behaupten sollen, wenn nicht ein ungünstig getimtes Safety-Car dafür gesorgt hätte, dass Lewis Hamilton noch an Piastri vorbeikommen konnte.

Trotzdem hat das Upgrade gezeigt, dass es funktioniert. "Das Upgrade, das wir nach Österreich gebracht haben, war das größte Upgrade, das McLaren in den vergangenen fünf Jahren gebracht hat", stellt Norris heraus. "Es ist die größte Verbesserung seit ich bei McLaren bin. Das ist Fakt." Denn alleine in Silverstone holte das Team mehr Punkte als in der gesamten Saison bislang zusammen.

"Das war das erste Mal, dass wir in der Lage waren, ein Upgrade zu bringen, das uns wirklich einen großen Schritt nach vorne gebracht hat", sagt Norris und stellt sich schon vor, wie es gewesen wäre, wenn man das Jahr schon so begonnen hätte - und dann eben noch einmal einen solchen Sprung gemacht hätte. "Das wäre eine ganz andere Welt für uns", so der Brite.

Er hofft, dass das Upgrade jetzt der Grundstein war, um zumindest 2024 richtig aus den Startlöchern zu kommen. Das sei dem Team bislang in seiner Zeit in Woking nie wirklich gelungen.

"Aber von dem, was ich weiß, was wir im Moment tun, mit dem Windkanal, der bald kommen wird, dem Simulator, der bald kommen wird, und den Leuten, die wir haben, und der neuen Struktur glaube ich, dass wir in der stärksten Position sind, um die Saison auf dem richtigen Fuß zu beginnen", sagt er.

Handling ist nicht besser geworden

Doch Norris möchte nicht zu euphorisch werden und hofft, dass auch die Mitarbeiter bei McLaren auf dem Teppich bleiben. "Wir wissen, dass das nicht so oft passieren wird", sagt er über Silverstone. "Wir haben den Moment genossen, aber wir wissen, dass wir nicht um Siege oder sogar Podestplätze kämpfen." Dafür müsse eine Menge zusammenlaufen.

Zudem merkt Norris an, dass das Upgrade - obwohl es das wohl größte seit langer Zeit ist - kein Heilsbringer ist. Zwar ist das Auto jetzt schneller, aber immer noch genauso schwierig zu fahren wie zuvor: "Für mich ist das Handling keinen Deut besser geworden", sagt er.

"Es ist genauso schwierig, die Qualifying-Runden hinzubringen. In gewisser Weise ist es aber einfacher, und zwar in der Hinsicht, dass du bei einem Fehler trotzdem etwas weiter vorne stehst", sagt er. "Und in den schnellen Kurven kann man jetzt nicht mehr so einfach einen Fehler machen, weil das Auto besser performt."

"Wir haben das Auto offensichtlich schneller gemacht, aber wir müssen seit fünf Jahren immer noch einen Schritt beim Handling und der Fahrbarkeit in langsamen Kurven machen", so Norris, für den es eine echte Verbesserung wäre, wenn das Auto einfacher zu fahren wäre, anstatt einfach noch zehn Punkte Abtrieb mehr in langsamen Kurven zu haben.

"Denn wir kommen nur weiter nach vorne, wenn wir beides haben."

Norris möchte U fahren, kein V

Er erklärt, was er damit meint: "Ich mag es nicht, das Auto so zu fahren, wie ich es derzeit fahren muss. Ich habe das Gefühl, dass es meinen Stärken nicht gerade entgegenkommt." Norris möchte in der Lage sein, ein Minimum an Geschwindigkeit mitzunehmen und Kurven rund zu fahren - wie ein U. "Und das Letzte, was ich derzeit machen kann, ist die Kurve wie ein U zu fahren."

Er müsse die Kurven "mehr denn je" wie ein V fahren, "und davon war ich noch nie ein Fan", wie er sagt. "Das Auto fährt im Grunde nur gerne geradeaus, aber das nicht einmal besonders schnell."

"Aber wir sind beim Anbremsen sehr gut, beim Anbremsen auf gerade Linie. Und darum waren wir im Nassen manchmal so schnell. Ich würde nicht sagen, dass wir generell im Nassen gut sind, aber wir waren im Nassen schnell, wenn das Bremsen wichtig war - wie in Monaco", so Norris. "Aber in den Kurven sind wir im Nassen nicht schnell."

Um konkurrenzfähig zu sein, müssen bei McLaren einige Dinge zusammenpassen. Normalerweise würde sich ein Fahrer gerne an die verschiedenen Begebenheiten wie Wetter, Wind, Spritmenge und Reifenabbau anpassen, "aber wir müssen trotzdem immer auf eine spezifische Art fahren. Und das ist keine, die ich mag, sondern eine, an die ich mich anpassen musste."

"Es ist weit weg von dem Auto, das ich fahren möchte."

Aber Norris glaubt, dass es anderen nicht anders geht. Denn auch die Reifen würden diesen Fahrstil verlangen. "Sie fahren fast immer nur auf einer geraden Linie, sie mögen keine Kurven", sagt er. "Man muss das Auto also ein bisschen drumherum bauen, aber je besser man das Auto macht, desto weniger Stress muss man auf die Reifen ausüben und so."

Das Problem mit den langsamen Kurven

Doch kommen wir noch einmal zum Upgrade von McLaren zurück. In Silverstone und Spielberg hat der MCL60 gut funktioniert und war in Großbritannien hinter Red Bull sogar die zweite Kraft. Davon ist in Budapest allerdings nicht auszugehen, weil das langsame Naturell des Hungarorings nicht gerade in die Karten von McLaren spielt.

"Wir sind eines der langsamsten Autos in langsamen Kurven", merkt der McLaren-Pilot an und betont, dass das schon seit Jahren eine Schwäche des Autos ist, die man nicht in den Griff bekommt.

"Zu keinem Zeitpunkt haben wir gesagt: 'Wow, unsere langsame Geschwindigkeit ist sehr stark, jetzt müssen wir an der hohen Geschwindigkeit arbeiten'. Es war immer gut im hohen Tempo, schlecht im langsamen Tempo", so Norris.

Doch ist das etwas, das man aerodynamisch lösen könnte? Oder ist das festgebacken in der DNA des Autos und kann sich erst in den Folgejahren beheben lassen? "Ich denke, es ist ein bisschen von beidem", sagt Norris.

"Wir haben bei der Aerodynamik immer noch einen Fokus darauf, gleichzeitig ist es aber auch eine Eigenschaft des Fahrverhaltens, die meiner Meinung nach nicht nur mit der Aerodynamik zu tun hat", betont er.

So könne McLaren aerodynamisch zwar versuchen, in langsamen Kurven dieselben Zahlen bei der Last zu erreichen wie Branchenprimus Red Bull, "aber dann hätten wir immer noch nicht die richtige Balance in langsamen Kurven, denke ich, was für uns eine Einschränkung ist", so Norris.

Ungarn nicht die allerschlechteste Strecke für McLaren

Allerdings relativiert er die Schwäche auch ein wenig: "Ich schätze, wir sind nicht furchtbar. Wenn man sich voll auf langsames Tempo fokussieren würde, dann sind wir nicht so schlecht", sagt er und verweist auf Monaco, wo man auch nie schlecht aussieht. 2023 fuhr man sogar mit beiden Autos in die Punkte.

Wenn man allerdings Kompromisse eingehen muss, dann würde man eher Zeit gewinnen, wenn man im Highspeed-Bereich gut performt - und deswegen sieht man dann im langsamen Bereich eher schlecht aus. Doch weil es in Ungarn nicht viele schnelle Bereiche gibt, könnte sich das wieder positiv auf die Performance des MCL60 auswirken.

Auch im Vorjahr sah es in Budapest nicht allzu schlecht für den Briten aus: Er wurde Siebter. "Von daher möchte ich noch hoffnungsvoll sein. Aber trotzdem bezweifle ich, dass es so gut wie in Silverstone laufen wird, einfach weil es keinen Highspeed gibt."

Budapest wird daher in gewisser Weise ein Härtetest für das neue Paket, aber auch kein wirklicher, wie Norris sagt. "Ich glaube, es kommen noch Strecken, die schlecht für uns sind, und ich denke nicht, dass das eine schlechte Strecke sein wird."

Denn: "Der Asphalt hier ist sehr griffig, und die Kurven, auch wenn sie lang sind, was auch nicht zu unseren Stärken gehört, sind zwar langsam, aber sie sind nicht superlangsam", so Norris. "Von daher glaube ich, dass wir auf anderen Strecken noch eher sehen werden, wie schlecht es werden kann."

"Ich habe nicht das Gefühl, dass es die größten Unterschiede zwischen den Autos gibt, denn es gibt hier eher mittelschnelle Kurven als Highspeed-Kurven. Aber es wird ein besserer Test dafür sein, wo wir stehen. Ich denke, die letzten Strecken haben uns besser aussehen lassen, als wir es über die gesamte Saison hinweg sind."

Motorsport-Total.com

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