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Williams mit Sargeant Logan Sargeant bekommt von Williams eine zweite Chance in der Formel 1
Motorsport Images

Warum es für Williams sinnvoll war, mit Logan Sargeant zu verlängern

Die Entscheidung von Williams, an Logan Sargeant festzuhalten, mag überraschen: Doch es gibt gute Gründe, den Vertrag mit dem US-Amerikaner zu verlängern

Logan Sargeant wird auch 2024 für Williams in der Formel 1 fahren - eine Entscheidung, an der sich die Geister scheiden. Vor allem beim Blick auf die nackten Zahlen: 22:0 im Qualifying. 27:1 nach WM-Punkten. Sargeant wurde in seiner ersten Formel-1-Saison von seinem Teamkollegen Alex Albon dominiert.

Betrachtet man nur die Ergebnisse, und um die geht es letztlich in der Formel 1, wäre es nur allzu verständlich gewesen, wenn Williams die Reißleine gezogen und sich von dem 22-Jährigen getrennt hätte, der in seiner Rookie-Saison zwar den einen oder anderen Lichtblick hatte, insgesamt aber zu unbeständig war.

Doch es gab auch Argumente, die für Sargeant sprachen. Die Vertragsverlängerung war eine pragmatische Entscheidung, die von mehreren Faktoren beeinflusst wurde. Zum einen hat Teamchef James Vowles seinen Worten Taten folgen lassen, indem er dem von seinem Vorgänger Jost Capito verpflichteten Fahrer nicht nur öffentlich den Rücken stärkte, sondern ihm auch eine zweite Chance gab.

Vowles stützt sich dabei auf Daten, die zeigen, dass Sargeant vom Potenzial her sehr nahe an Albon heranreicht, der als einer der herausragenden Fahrer des Jahres 2023 gilt. Sargeants siebter Platz im Qualifying von Las Vegas zeigt, wozu er fähig ist, wenn alles passt. Auch auf der extrem schwierigen Strecke von Lusail in Katar lag er nur eine Zehntel hinter Albon - und das trotz der sehr kurzen Trainingszeit an einem Sprint-Wochenende.

Wenige Highlights, viele Fehler

Letztlich waren diese Highlights aber Ausreißer nach oben. Ihnen standen einige aufsehenerregende Unfälle und andere Fehler gegenüber, die ihn vor allem im Qualifying zurückwarfen. Bezeichnend dafür war das Saisonfinale in Abu Dhabi. Sargeants Zeit hätte für den Einzug in Q2 gereicht. Da ihm aber seine beiden schnellen Runden aus Q1 wegen Überschreitens der Tracklimits gestrichen wurden, landete er auf dem letzten Platz.

Aber ein altes Sprichwort besagt, dass es einfacher ist, einen schnellen Fahrer konstanter zu machen, als einen langsamen und konstanten Fahrer schneller. Williams hofft, dass Sargeant mit einem Jahr Erfahrung in der Saison 2024 auf dem gesammelten Wissen aufbauen kann. Er wurde von seinem Team ermutigt, das Risiko zu kontrollieren, anstatt das Auto zu überfahren, um mit einem schnelleren Teamkollegen wie Albon mithalten zu können.

Nach seinem Durchbruch im Qualifying in Las Vegas sagte Vowles: "Das Schlimmste, was man machen kann, ist, zu weit zu gehen und das Auto zu überfahren. Dann weiß man nicht, wo das Limit ist und wie weit man zurückstecken muss."

"Er macht einen unglaublichen Job. Es ist wahrscheinlich schwierig, der Welt zu erklären, wie gut er seine Arbeit macht und wie sehr er sich entwickelt. Aber wenn man als Rookie in den Sport einsteigt und ein paar hundert Testkilometer gefahren ist, ist es wirklich schwierig, sein persönliches Limit und das des Autos zu finden. Und er hat ein Jahr gebraucht, um dorthin zu kommen."

"Aber jetzt sieht man die Ergebnisse und es zahlt sich aus. Er ist in den letzten Rennen wirklich gereift", so Vowles weiter.

Das folgt der Denkschule von Franz Tost, der immer gesagt hat, dass ein junger Fahrer drei Jahre braucht, um ein richtiger Grand-Prix-Fahrer zu werden, auch wenn es Ausnahmen wie Oscar Piastri gibt. Doch gerade der Vergleich mit dem Australier kann Sargeant Mut machen. Als die beiden 2020 bei Prema Teamkollegen in der Formel 3 waren, lag Sargeant am Ende der Saison nur vier Punkte hinter Piastri. Williams hofft, dass er 2024 noch mehr von diesem Potenzial freisetzen kann.

Ein Rookie für einen Rookie?

Und dann ist da noch die pragmatische Seite der Entscheidung. Wer sollte Sargeant ersetzen? Aus deutschsprachiger Sicht fällt einem sofort der Name Mick Schumacher ein. Aber der war wohl nie ein ernsthafter Kandidat für Williams. Schumacher bleibt Ersatzfahrer bei Mercedes und fährt parallel in der Langstrecken-WM für Alpine.

Für Fahrer aus dem Nachwuchsprogramm von Williams wie Zak O'Sullivan und Macau-Grand-Prix-Sieger Luke Browning käme der Schritt in die Formel 1 viel zu früh. Bleibt ein Blick auf die vier Fahrer, die 2022 in der Formel 2 vor Sargeant gelandet waren: Felipe Drugovich, Theo Pourchaire und Liam Lawson. Doch alle drei sind mit Aston Martin, Sauber und Red Bull an rivalisierende Teams gebunden.

Red Bull hätte Lawson auf keinen Fall freigegeben, da er als Ersatzfahrer eine wichtige Rolle spielt, um den Druck auf Sergio Perez und die AlphaTauri-Piloten Yuki Tsunoda und Daniel Ricciardo nach seiner beeindruckenden Vorstellung 2023 aufrechtzuerhalten.

Im Fall von Drugovich und Pourchaire, den Formel-2-Meistern von 2022 und 2023, hätte Williams vielleicht mehr Glück gehabt. Aber letztlich hätten das Team dann einen Rookie durch einen anderen Rookie ersetzt. Mit dem Risiko, dass der Lernprozess und die damit verbundenen Anfängerfehler wieder von vorne beginnen. Und das ist das Letzte, was Williams braucht, wenn man um jeden Punkt kämpft.

Keine überzeugenden Alternativen auf dem Markt

Hätte ein weiteres Ausnahmetalent wie Piastri in den Startlöchern gestanden, wäre es ein klarer Fall für Williams gewesen. So aber hätte Williams die ganze Arbeit mit Sargeant "weggeworfen" und keine Garantie gehabt, dass es deutlich besser wird.

Außerdem ist es vielleicht nicht im Interesse des Teams, den Junior eines anderen Teams auszuleihen, um ihn für seine Rivalen aufzubauen. Bei Russell hat es funktioniert, aber er wurde für drei Jahre von Mercedes ausgeliehen, sodass Williams die Früchte selbst ernten konnte, als er in seiner dritten Saison wichtige Punkte sammelte.

Da sich aber für 2025 und darüber hinaus ein weitaus interessanterer Fahrermarkt abzeichnet, wäre es wenig sinnvoll gewesen, mit einem weiteren Rookie von vorne anzufangen, wenn sich Ende nächsten Jahres andere langfristige Optionen auftun.

Und so bekommt Sargeant eine zweite Chance, von der nicht jeder glaubt, dass er sie verdient hat. Nun liegt es an ihm, Williams das Vertrauen zurückzuzahlen.

Motorsport-Total.com

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