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0,167 Sekunden

Zwischen NASCAR-Politik, Handicap-Heckmeck und Gelbphasen-Rekord gab es ein großartiges Rennen - GT: Platz 2 für Lietz, Pech für Ragginger

Beim Start der US-Saison wehte den Teams nicht nur sprichwörtlich ein scharfer Wind ins Gesicht. Der Umfang des Feldes erzählte seine eigene Geschichte von den schweren Zeiten im Rennsport-Business.

49 Autos bildeten das Feld, das waren doch deutlich weniger als im Vorjahr. Nirgends zu sehen war beispielsweise das Team von Eddie Cheever.

Die Aktiven üben sich in Optimismus und erzählen von Qualität statt Quantität: "Weniger Autos als in vergangenen Jahren, aber dafür mehr konkurrenzfähige Autos als je zuvor", meinte Chip Ganassi, der siegreiche Teamchef der letzten drei Jahre, vor dem Start.

Kalt war es anfangs auch buchstäblich, teilweise mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Rechtzeitig zum Rennwochenende gab es dann nach unseren Begriffen frühsommerliches Wetter, und Trockenheit während der gesamten 24 Stunden.

Qualifying: Jimmie verschnupft, Donohue zeigt auf

Panische Sondermeldungen wanderten durch die NASCAR-geübte amerikanische Presse: Jimmie Johnson erkältet! Der dreifache NASCAR-Champion war 2008 Zweiter, er wollte erklärtermaßen den Sieg.

Die Reihe 1 gehörte aber Porsche. Voriges Jahr hatten die Stuttgarter zum ersten Mal seit Menschengedenken keinen einzigen Klassensieg zu feiern. 2009 gab es die Kampfansage: "Captain“ Roger Penske managt ein Werksteam. Vor 40 Jahren siegte ein Penske-Auto mit Mark Donohue und Chuck Parsons.

Im Qualifying musste sich Penske mit Platz 2 begnügen .Der schnellste Prototyp war ein anderes Porsche-befeuertes Auto. Am Steuer: David Donohue, der Sohn des Siegers aus dem `69er-Jahr. Dreißig Jahre lag der letzte Brumos-Sieg zurück.

Eine einzige Tausendstelsekunde war der entscheidende Vorsprung von Donohue/Antonio Garcia/Darren Law/Buddy Rice auf Timo Bernhard/Romain Dumas/Ryan Briscoe. Beide Teams vertrauten auf ein Riley-Chassis.

Generell war Riley der dominante Chassishersteller bei den Prototypen. Auch im Mazda in der GT-Klasse steckt Riley-Technik, das Auto Nr. 70 der Titelverteidiger SpeedSource stand auf der Pole der Klasse.

Die erfreuliche Überraschung aus heimischer Sicht: Martin Ragginger stellte den Autometrics-Porsche auf Startplatz 3, noch vor allen Stuttgarter Werksfahrern! Richard Lietz im Auto Nr. 66 des Mammut-Teams TRG begab sich von Position 7 in die Schlacht.

Gelbe und andere Gefahren

Der Rennverlauf wurde durch mehrere Gelbphasen zerrissen – überspitzt gesagt: wegen jedem Burger-Papierl auf der Strecke eine „Full Course Caution“. Typisch für die Vorgehensweise im NASCAR-Land: immer das Feld hübsch beisammen halten, und Zeit für die TV-Werbepausen…

25 Mal wehte die gelbe Flagge insgesamt, ein neuer Rekord. Die Strecke an sich gibt zwar keine besonderen Rätsel auf, aber das Verkehrsaufkommen auf dem 4 Kilometer langen Kurs machte die Arbeit ebenso hart wie die doch recht unterschiedlichen Fähigkeiten der Piloten.

Das musste auch Martin Ragginger spüren: in der ersten Stunde des Rennens ebenfalls ganz vorne mit dabei, fightete er um die Führung - bis der Porsche Nr. 14 von einem irregeleiteten Mazda abgeräumt wurde. Nach der Reparatur begann für die Mannschaft ein stetiger Abstieg durchs Klassement.

Raggingers Teamkollegen kamen mit dem etwas angeschlagenen 997er nicht mehr so ganz zurecht und retournierten das Auto jeweils noch lädierter. Das Rennen endete im Kiesbett… - nächstes Jahr gibt es für Raggi hoffentlich ein besseres Team.

Mazdas Ambitionen waren sehr bald erledigt. Eine Exkursion über den Randstein hinaus beschädigte den Tank am Auto Nr. 70 – umfangreiche Reparatur, aus der Traum. Generell hatten die Porsche auch von den Pontiac und den schwächelnden Ferrari wenig Gegenwehr.

Nach zwanzig Stunden Renndauer betrug der Abstand zwischen den drei führenden Autos der GT-Wertung fünf Sekunden! Insgesamt kämpften diese Fahrzeuge infolge der hohen Ausfallquote bei den Prototypen schon in den Top 10.

Protagonisten waren die zwei TRG-Autos, Nr. 67 (Patrick Long/Jörg Bergmeister/Andy Lally/Justin Marks /RJ Valentine) und natürlich Richard Lietz’ Nr. 66 (mit den Kollegen Emmanuel Collard/Tim George jr./Spencer Pumpelly/Ted Ballou).

Jimmie ohne Regenbogen, Penske am falschen Fuß

Porsche sprach auch um den Gesamtsieg ein lautes Wort mit. Das Team mit den besten Aussichten war aber nicht Penske, sondern Brumos. Die beiden Autos Nr. 58 und 59 spulten die meisten Führungs-Kilometer ab.

Penske Racing konnte von Anfang an nicht so recht mithalten; die Intervalle zwischen den Boxenstops waren beim Team um den Captain doch deutlich kürzer. Nach 17 Stunden hatte dann eine Antriebswelle genug, damit war Penske aus dem Bild.

Panische Sondermeldungen gab es wieder rund um Jimmie Johnson: beim ersten Einstieg ins Renngeschehen kam der NASCAR-Meister nur einige Meter weit, bevor die Kraftübertragung den Geist aufgab.

Neun Runden verlor das Team Nr. 99 mit Johnson & Co. bei der Reparatur und war in der Folge am Ende der Spitzengruppe einzementiert.

Finale Grande

Langsam, aber sicher mischten sich dann doch wieder die "Anderen“ ins Geschehen und verpatzten die Porsche-Party etwas. Die routinierte Truppe von Chip Ganassi mit Juan Pablo Montoya & Co. wollte die Titelverteidigung, SunTrust Racing im Dallara mit Ford-Power war ebenfalls im Bild.

Zu Beginn der letzten Stunde lagen die vier schnellsten Autos innerhalb 1,5 Sekunden!

Etwas klarer das Bild bei den GT: der Porsche Nr. 67 lag mit 2 Runden Vorsprung auf das Lietz-Auto Nr. 66 in Führung. Gegen Ende sorgte ein etwas unklarer Boxenstop für die Entscheidung: Ballou übernahm kurz das 66er-Auto, kam aber gleich wieder an die Box und ließ Pumpelly einsteigen.

Alles gelaufen? - Ja, Richard Lietz darf sich über Platz 2 freuen, eine Uhr gibt es heuer aber leider nicht. Macht nichts, dann halt 2010!

O-Ton Lietz: "Das TRG-Team hat uns ein großartiges Auto hingestellt. Der Neunelfer lief über die gesamten 24 Stunden wie ein Uhrwerk und wir hatten nicht das geringste Problem. Es war von der Teamleitung ein Zeitpunkt vereinbart, wer da führte, sollte gewinnen. Leider war das nicht unsere Nr. 66 und so siegte das Schwesterauto. Jetzt gehen wir einmal richtig feiern und freuen uns, auch wenns nicht ganz oben ist, über unseren Podestplatz!"

Die Entscheidung um den Sieg stahl aber allen die Show. Für den letzten Turn übernahm im Auto Nr. 58 David Donohue wieder die Verantwortung, er bekam es mit einem entfesselten Juan Montoya zu tun.

Politisches Gejammer im Hintergrund: die Ganassi-Fraktion ist unglücklich über die Handicaps, mit denen der Lexus-V8 den kleineren Porsche-Boxer jagen muss.

Dennoch waren die letzten Runden ein gnadenloser Sprint: eine halbe Sekunde oder weniger war zwischen den drei führenden Autos.

In der letzten Runde dann noch ein Funkspruch an Donohue – darin kam das Wort "Reserve" vor. Aber es ging sich auch mit dem Sprit noch aus: 0,167 Sekunden entscheiden das knappste Daytona-Finish der Geschichte!

Vierzig Jahre nach Mark Donohue parkt David Donohue in der Victory Lane, dreißig Jahre nach dem letzten Sieg holt Brumos Platz 1 und 3.

Bei Porsche wird man damit und mit dem GT-Doppelsieg nicht unzufrieden sein. Und irgendwo weit weg freut sich auch der Sieger von 1969: gut gemacht, Bub.

Die Familie Donohue

Der 1967 geborene David Donohue hat seinen Vater früh verloren. Und dessen großartige Rennkarriere mag oft eine Last gewesen sein.

Denn natürlich hat man die beiden Donohues miteinander verglichen, und Davids bislang weniger spektakuläre Erfolgsbilanz nimmt sich gegenüber der von Mark Donohue recht farblos aus.

Vor dem Daytona-Erfolg lag sein letzter Sieg schon sechs Jahre zurück. Einen besseren Zeitpunkt für die Rückkehr auf's Stockerl hätte er sich nicht wünschen können. Und der Herr Papa wäre stolz.

Mark Donohue, genannt "Captain Nice" aufgrund seines sympathischen Auftretens, war auf der Rennstrecke ein Racer par excellence und ein ebenso guter Techniker und Entwicklungsfahrer. Er bändigte beispielsweise das PS-Monster Porsche 917-30 der frühen 1970er, gewann die 500 Meilen von Indianapolis und war dominant in der Trans-Am-Serie.

Den meisten Erfolg hatte er mit Autos von Roger Penske, so auch den Daytona-Erfolg 1969. Die beiden "Captains" verband eine lange Zusammenarbeit.

Penske lockte Donohue auch aus dem Ruhestand zurück ins Cockpit, für einen amerikanischen Angriff auf die Formel 1. Leider endete der Lebensweg von Mark Donohue 1975 in Österreich beim Training zum Grand Prix.

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