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WTCC: Brno

Bohemian Rhapsody

Das Wetter spielte erfreulicherweise mit, und die Tourenwagen-Asse lieferten wieder actionreiche Rennen ab - Siege für Zanardi und Hernandez.

Johannes.Gauglica@motorline.cc

Zunächst eine schlechte Nachricht: das beim kuriosen zweiten Rennen in Pau zu Berühmtheit gekommene Safety-Car, der Chevy Cruze mit Wiener Kenneichen, war leider nicht mehr zu retten. Aber wo er hergekommen ist, gab es erfreulicherweise auch Ersatz.

(Das Team von Franz Engstler hat übrigens mittlerweile auf www.safety-car-hunter.com einige nützliche Tips für SC-FahrerInnen zuammengefasst.)

Schlechte Nachrichten brachte auch die Wettervorhersage für die Rennen 11 und 12 der heurigen Tourenwagen-WM am Masarykring. Wie auch in Österreich und weiten Teilen Zentraleuropas war der Himmel über Brünn von schweren Regenwolken verhangen.

Die freien Trainings brachten eine spannende Mischung verschiedener Straßenzustände; beim Qualifying war es grau und kühl, aber immerhin trocken.

Am Chevrolet von Alain Menu durfte nach Rücksprache mit den Stewards wegen beständiger Überhitzung der Motor getauscht werden. Auch die drei Lada 110 benötigten Operationen am offenen Herzen, die neuen Motoren haben sich bislang nicht als echter Fortschritt erwiesen.

Gewogen und für zu leicht befunden

Auch die Gewichte wurden turnusmäßig neu eingestuft. Lada durfte 20 Kilo Ballast ausladen, die benzingetriebenen Seat Leon legten 10 Kilo ab.

„Kofferraum auf“ hieß es dagegen bei den BM 320si mit H-Schaltung, den TDI-Seat und den Chevy Cruze (jeweils +40 kg). Bei den sequentiell geschalteten BMW (in andere Worten: am Auto von Alex Zanardi) blieb das Gewicht mit 1.188 kg unverändert.

Zwischen den Lada (1.153 kg) und den Diesel-Seat (1.213 kg) klafft eine Differenz von stolzen 60 Kilogramm.

Brünn gilt als BMW-Strecke, und vor allem auf den Straßenkursen hat sich der 320 heuer nicht immer wohlgefühlt: „Unser Auto hat andere Stärken, sicher nicht das abrupte Bremsen und Einlenken. wir müssen Schwung aus den Kurven mitnehmen, von daher geben uns die sozusagen altmodischen Strecken eher einen Vorteil“, erklärt Alex Zanardi. Er war erstmals seit drei Jahren nicht auf der Pole Position.

Andy Priaulx und Augusto Farfus waren jeweils die schnellsten Piloten in den freien Trainings, die beiden formierten sich auch zu Reihe 1 der Startaufstellung. Der Brasilianer hatte die Pole Position inne: "Andy und ich waren immer knapp beinander, wir haben offensichtlich eine gleich schnelle Package."

Reihe 2 versprach mit den italienischen Hitzköpfen Zanardi und Larini einige Unterhaltung. Der beste Seat wurde von Rickard Rydell auf Startplatz chauffiert, nur zwei spanische Autos kamen in die Top 10 des Trainings. Dort fehlte auch Rob Huff im dritten Chevy.

Freud'scher Versprecher des Brasilianers bei der Frage, ob er sich Hoffnung auf die Tabellenführung macht: "Theoretisch ja, aber wir wissen ja, dass in dieser Meisterschaft die Theorie nie… - manchmal nicht zutrifft."

Lauf 1: Theorie & Praxis

Den Beweis dafür trat der Mann aus Curitiba schon beim Start zum ersten Rennen an.

Von wegen "Formation halten": sechs Autos überquerten beim fliegenden Start nebeneinander die Linie – dieses Rennen hätte nie freigegeben werden dürfen.

Dann zog Farfus vor der ersten Kurve (rechts herum) von der kurveninneren Position nach links, und der Massencrash war vorprogrammiert.

Alle drei Chevrolet waren aus dem Rennen, Alain Menu schaffte es immerhin noch aus eigener Kraft zurück an die Box.

Auch Jordi Gené und Andy Priaulx waren sofort aus dem Spiel. Und Farfus selbst durfte ebenfalls zuschauen.

Nach drei Runden hinter dem Safety-Car ging’s mit den verbliebenen Akteuren wirder los, der Frühstart-verdächtige Gabriele Tarquini wurde von Alex Zanardi gejagt. Aber nicht lange, denn Zanardi bestätigte seine Worte aus dem Qualifying – den BMW liegt die Brünner Strecke.

Im internen italienischen Duell konnte der Bologneser sich ohne sichtbare Mühe durchsetzen und hatte ab da die Führung für sich. Sein Kommentar: "In unseren Rennen gibt's immer eine Menge Action - manchmal arbeitet sie gegen einen, manchmal für einen. Gabriele hat nicht einmal versucht, mich zu blocken - dafür sollte ich mich eigentlich bedanken..."

Tarquinis Erklärung: "Voriges Jahr war's die letzte Runde, dieses Mal die erste! Ich habe beide BMW passieren lassen, ich wollte nur soviele Punkte wie möglich mitnehmen. Mit einem Fronttriebler ist das in Brno schon schwer."

Um Platz 3 raufte der Seat-Pulk dann mit Heftigkeit untereinander. Vor allem für Tiago Monteiro und Rickard Rydell gab es so etwas wie Teamarbeit nicht. Davon profitierte auch Jörg Müller, der im Schnitzer-BMW, augenscheinlich ebenfalls fast mühelos, Position um Position gutmachte.

Auch er hatte ein ereignisreiches Rennen: "Ich habe das gesamte Rennen hindurch ein hervorragendes Auto gehabt, aber am Start habe ich schon gegleubt, es ist vorbei. Ich konnte die Ampel nicht sehen, dann ist links und rechts ein D-Zug von Autos an mir vorbeigegangen, und ich war Elfter..."

In der zwölften und letzten Runde tauchte Müller hinter Zanardi auf, die beiden BMW hielten ihre Position: Alex Zanardi bringt, fast schon traditionell, auch 2009 einen Sieg aus Brünn nach Hause.

Um die Plätze 3 bis 7 wurde ebenso erbittert gerungen wie um Position 8 und damit die Pole Position für Lauf 2. Tarquini sicherte sich den letzten Platz am Stockerl, die Ehren für den besten Independent gehen an Felix Porteiro im Proteam-BMW. Die schellste Runde drehte, aussichtslos zurück, Andy Priaulx im reparierten BMW320si.

Tabellen-Leader Yvan Muller holt einen Punkt für Platz 8 und durfte in Lauf den anderen zeigen, wie man ein Rennen richtig startet.

Lauf 2: Spanische Fahrschule

Das Nachmittags-Rennen stand im Zeichen der Südeuropäer. Während die Italiener eher negativ auffielen, waren die Spanier die Helden.

Am Start übernahmen Felix Porteiro und Sergio Hernandez das Kommando. Die beiden sind oftmals erprobte Streithähne, diesmal ging die Sache während der ersten Runden gut: der Privatier und sein Nachfolger beim ROAL-Werksteam setzten sich gegen die Seat-Meute durch.

Die ließ allerdings nicht locker; Porteiro konnte sich nicht absetzen, Hernandez begann alsbald zu drängen. Apropos Streithähne: Farfus legte sich mittlerweile mit Alain Menu an, für beide war der Nachmittag endgültig vorbei, und der Braslianer hat seinen WM-Chancen empfindlich geschadet.

Menus Chevy-Kollegen Huff und Larini mussten mit Platz 12 bzw. 13 vorlieb nehmen, für die Blauen also auch ein unersprießliches Wochenende.

Sergio Hernandez passierte derweil Porteiro mit der Brechstange (Porteiro: „Ob das OK war, weiß ich nicht…“), Yvan Muller und Tiago Monteiro setzten gleich nach.

Hernandez konnte sich dann langsam, langsam, aber sicher an der Spitze etablieren, aus einer Sekunde Vorsprung wurden zwei, dann zweieinhalb.

Sein Teamkollege Zanardi sah sich das ab der Rennmitte vom Streckenrand an: er wurde von Gabriele Tarquini fachgerecht “entsorgt“. Die Offiziellen ermitteln! Ob etwas dabei herauskommt?

Auch Jörg Müller bekam eine Ermahnung für seine robuste Fahrweise. Phasenweise auf dem 5. Platz, beendete er das Rennen, wo er es begonnen hatte, auf der 7. Position.

Er wurde rangelte sehr handfest mit seinen Markenkollegen: zuerst mit Zanardi, dann mit Andy Priaulx. Diese beiden hängten ihrerseits die meiste Zeit hinter dem Seat von Rickard Rydell fest.

In Yvan Mullers Schlepptau machte Tiago Monteiro den Geleitschutz, am Schluss hielt er sich noch Porteiro für die 3. Gesamtposition vom Leib: ein BMW und zwei Seat am Stockerl. Sergio Hernandez gewinnt sein erstes WTCC-Rennen, damit bleibt das Team ROAL die Hausmacht in Brünn.

Yvan Muller hält seine Tabellenführung, jetzt mit gleich 10 zählern Vorsprung auf Tarquini. Seat kann insgesamt jetzt seine Tabellensituation festigen (161 Punkte gegenüber 153 für BMW).

Und Porteiro bringt sich mit zwei Independents-Siegen und 44 Punkten ins Gespräch der Privatfahrer-WM: er hat mit 124 Zählern die Führung von Tom Coronel (98 Punkte) übernommen.

Für Chevrolet ist das Brünner Wochenende leider ein Abschreibposten, auch Lada vermochte keinen großen Eindruck zu machen.

BMW hat gewonnen, aber es waren die für die Gesamtwertung "falschen" Fahrer. In den nächsten Rennen haben die Bayern-Piloten nicht viel zu erwarten: am 5. Juli geht die WTCC auf dem Stadtkurs von Porto weiter.

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