LMS: Le Castellet | 11.04.2010
Posterboys
GT2: Doppelsieg für Lietz vor Ragginger! - Audi fixiert ersten Erfolg des R15 plus - Fiasko für Peugeot - FLM: Viel Pech für Dominik Kraihamer.
Johannes Gauglica
Auf dem offiziellen Plakat waren Alesi, Fisichella und Panis sowie der Peugeot 908 HDi zu sehen. Nicht allen brachte diese Publicity auch Glück…
Nach acht Stunden Renndauer fasste Allan McNish die Freude des Audi-Teams zusammen: „Dindo und ich haben dem R10 seinen ersten Sieg im ersten Rennen gegeben, dann dem R15 und jetzt dem R15 plus – es war ein schwieriges Rennen, aber wir können darauf stolz sein.“
Der Schotte und sein italienischer Partner Rinaldo „Dindo“ Capello, mittlerweile in Ehren ergraute Altmeister in Audi-Werksdiensten, lieferten mit der neuen Version des Diesel-Boliden eine souveräne Leistung ab, was man von einigen Gegnern nicht behaupten konnte.
Leben am High Tech Test Track
Nicht mehr nur Test-, sondern auch endlich wieder Rennstrecke: Der Circuit Paul Ricard im südfranzösischen Le Castellet war schauplatz des ersten Acht-Stunden-Rennens der Le Mans Series; 14.000 Zuschauer fanden sich ein, was eigentlich miserabel klingt – aber auf der für Zuschauer gar nicht mehr eingerichteten Strecke gibt es ohnehin nur 4.000 Tribünenplätze.
Neben dem Debüt des Audi R15 TDI plus gab es auch den ersten Auftritt der Formula Le Mans im „Hauptprogramm“, dort war der Salzburger Dominik Kraihamer mit dem Team von Thierry Boutsen aktiv. Österreichisches Interesse gab es natürlich auch an der heiß umkämpften GT2-Klasse, wo Richard Lietz den Porsche Nr. 77 des Proton-Felbermayr-Teams steuerte und Martin Ragginger im Schwesterauto Nr. 88 sein Debüt in der Meisterschaft gab.
GT2 war diesmal „GT“, denn die größere Klasse GT1 war nur mit ienem Auto besetzt – ein Ärgernis, das keine weitere Erwähnung verdient hat. Die GT2 entschädigten dafür mit der spannendsten Vorstellung des gesamten Rennens. Anfangs diktierte Ferrari die Pace, Porsche und Co. waren nicht weit hintennach.
GT2: Drama bis zum Schluss
Die Nummer 96 der Herren Jaime Melo und Gianmaria Bruni, Umsteiger aus der FIA-GT-Szene in die Le Mans Series, waren durch einen frühen Reifenschaden aus dem Boxenstop-Rhythmus. Deren Teamkollegen, das „Star-Auto“ mit Fisico, Jean und dem Finnen Toni Vilander als Endurance-tutor, verschwand im Mittelteil des Rennens aus dem Bild, um gegen Schluss wieder eine Rolle zu spielen.
Ebenso erging es Martin Raggingers Porsche Nr. 88, der mit nicht optimaler Abstimmung die Pace der Schnellsten nicht ganz mitgehen konnte. Clevere Strategie des Proton-Teams half Ragginger/Patrick Long/Christian Ried ebenso weiter wie das Pech mancher Kollegen.
Die Ferrari-Meute wurde dezimiert; Bruni/Melo reihten sich in die Liste der Ausfälle ein, ebenso der CRS-430er mit Tim Mullen/Andrew Kirkaldy. Der Werks-BMW M3 (Dirk Werner/Jörg Müller) kämpfte deutlich sichtbar mit dne Änderungen, die die Offiziellen dem Auto aufoktroyiert haben – modifizierte Hinterachse und weniger Aerodynamik machen dies ein deutlich anderes Fahrzeug als die in Amerika eingesetzten M3. Dennoch war der Bayern-Renner bis zu einem Kühlerschaden auf Podestkurs.
In der Schlussphase führten Richard Lietz und Marc Lieb mit dem Proton-Porsche Nr. 77, dann wurde es aber noch einmal eng. Zunächst gab es ein Problem mit der Tankanlage, die den erarbeiteten 1-Runden-Vorsprung kostete, dann brach an der Vorderachse ein Dämpfer.
„Man konnt ja deutlich sehen, dass das Auto vorne keine Dämpfung mehr hatte. Es war schwierig zu fahren, aber Ritchie und ich haben einen guten Job gemacht“, meinte Lieb.
„Fantastisch für das Team, für Marc und mich – das Team hat seinen Job perfekt gemacht. Bei den Boxenstops waren die Burschen schnell, es gab keine Fehler. Der Vorderwagen ist am Schluss gesprungen wie die Hölle. Aber man gewöhnt sich dran! Im Training redet man von Rebound, weicherer und härterer Abstimmung; aber letztlich kann man auch ein solches Auto fahren. Danke ans Team, das war großartig – ich hoffe, es geht so weiter!“
„Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir hier gewinnen können“, meinte Marc Lieb, „Bei den Vortests und in Sebring waren die Ferrari um soviel schneller – wir freuen uns über diese Punkte!“ Die Freude ist doppelt so groß, weil die Gesamtsieger die 1.500-Kilometer-Distanz überschritten haben. Das bedeutet doppelte Punkte für alle!
Ganz knapp vorm Ende musste der Star-Ferrari mit Alesi an Bord wegen eines Reifenschadens nochmals an die Box, das kostete ihm Platz 2. Patrick Long im 88er-Porsche sagte „danke“ und fixierte den Doppelsieg für Proton-Felbermayr, und für Österreich: Lietz vor Ragginger!
Der Amerikaner Pat Long war im Ziel erschöpft, aber glücklich: „Ich habe am Ende Sprit sparen müssen wie nie zuvor – heute abend werden wir feiern!“ – Mitfeiern wird sicherlich auch Martin Ragginger nach dem ersten Stockerlplatz bei der Premiere in der Le Mans Series:
„Zu Beginn des Wochenendes haben wir etwas gekämpft, ich muss noch eine Menge lernen: Das war mein erstes LMS-Rennen; im Verkehrsgeschehen, vor allem mit den schnelleren Autos da draußen, muss ich noch besser werden. Aber ich bin sehr zufrieden, ein guter Start! Momentan bin ich einfach nur happy, Gratulation auch an unsere Teamkollegen. Sie haben die Pace gemacht, wir haben von hinten angegriffen!“
Jean Alesi fasste seine Eindrücke auf dem Weg zur Siegerehrung so zusammen: „Ich habe das sehr genossen. In jedem einzelnen Stint habe ich eine Berührung mit einem anderen Auto gehabt, also war es recht hart!“ - Alles in allem war der Korse wieder einmal „very ’appy! Für die nächsten Rennen müssen wir aber noch eine Menge lernen.“ – Giancarlo Fisichella: „Ein gutes Resultat, leider musste Jean am Schluss nochmals an die Box. Damit haben wir Platz 2 verloren. Der dritte Platz ist ein guter Start in die Saison, wir lernen Schritt für Schritt weiter. So müssen wir weitermachen!“
Audi-Festspiele
Um den Gesamtsieg rauften wieder einmal die Diesel-Boliden von Audi (mit dem neuen Werks-R15) und Peugeot (mit einem 908 HDi für das private Team Oreca und Unterstützung durch den Werksfahrer Stephane Sarrazin). Die Benzin-Autos, allen voran die Aston Martin und Rebellion-Lola, reihten sich dahinter ein, ohne die Selbstzünder wirklich ärgern zu können.Das galt auch für die Familie Mansell, wo Papa Nigel den Start übernahm. Dort geriet er gleich mit dem GT2-BMW aneinander: „Unserem Auto ist dabei nichts passiert – aber ich hoffe, die haben sich das Auto verbogen!“, knurrte der ansonsten recht vergnügt wirkende englische Löwe in Richtung Bayern-Box.
Nach zwei Stunden überließ „Red 5“ seinen beiden Buben Greg und Leo die Hauptarbeit; die beiden bewegten sich am unteren Ende der Top 6, bis eine späte Reparatur am Ginetta-Zytek sie auf Platz 14 zurückwarf. Mansellmania ist im britischen Heimatland dennoch wieder am Aufflackern!
Bei Peugeot bzw. Oreca erlebte man nach früher Führung ein Fiasko; das Auto musste mit Getriebeschaden in die Box, dabei ging auch noch die hydraulische Hebeanlage zu Bruch. Sarrazin/Panis/Lapierre erreichten mit acht Runden Rückstand noch den undankbaren vierten Platz.
Nutznießer waren die ebenfalls von Schwierigkeiten gebeutelten Teams von Aston Martin Racing (Harold Primat/Stefan Mücke/Adrian Fernandez) und Rebellion Racing (Andrea Belicchi/Jean Christophe Boullion/Guy Smith) die das Podium komplettierten. Vorneweg, mit fünf runden unerreichbar, waren aber McNish/Capello im Audi. Sehr zur Freude des Ingolstädter Sportchefs Dr. Wolfgang Ullrich: „Wir haben noch viel Arbeit zu tun; aber das Baby hat bewiesen, dass es schnell laufen kann!“
Die Klasse LMP2 wurde anfangs vom superschnellen HPD-Acura dominiert, der nach einem seltsamen Defekt (Karosserieschaden ohne erkennbare Feindberührung) weit zurückfiel. Mit dem bei weitem schnellsten Auto machten sich Jonny Kane/Danny Watts7Nick Leventis auf die Jagd durchs Feld – mit Erfolg: Am Ende holten sie sich mit knapp 34 Sekunden Vorsprung den Klassensieg.
In der Formula Le Mans wurden Dominik Kraihamer und Freunde gleich zu Beginn durch einen „Abschuss“ durch ein anderes Fahrzeug zurückgeworfen. Es folgte eine durch Dreher (den Namen des betreffenden Fahrers nennen wir hier nicht) unterbrochene „Tour der Leiden“, die zu allem Überdruss eine halbe Stunde vor Schluss beendet werden musste. Kraihamer & Co. hoffen auf mehr Fortune bei den 1000 Kilometern von Spa-Francorchamps am 9. Mai!