WTCC: Monza | 23.05.2010
Reifenlotterie
Zahlreiche Reifenschäden sorgten für turbulente Rennen in Monza, im ersten Heat siegte das BMW-Doppel Priaulx und Farfus, im zweiten hatte Muller die Nase vorne.
Rennen 1
Gabriele Tarquini (SR) sah nach acht Umläufen wie der sichere Sieger aus, doch auf der letzten Runde überschlugen sich die Ereignisse: Erst büßte der Italiener durch einen Reifenschaden die Führung ein, dann musste auch Rob Huff (Chevrolet) die Verfolger ziehen lassen. Andy Priaulx und Augusto Farfus (beide BMW) zogen auf der Zielgeraden einem überraschenden Doppelsieg entgegen.Aber was war geschehen? Tarquini und Huff führten das Rennen souverän an, gerieten aber auf der Schlussrunde in Schwierigkeiten. Auf dem Weg zur Ascari-Schikane verlor Tarquini zunächst abrupt an Tempo, ehe seine Reifen auf der Gegengeraden spektakulär explodierten. Nur wenige Meter später war auch Huff aus dem Spiel - seine Pneus machten ebenfalls nicht mehr mit.
BMW beim Start klar im Hintertreffen
Damit war der Weg frei für Priaulx und Farfus, die sich erst am strauchelnden Tarquini vorbei drückten und auf der Zielgerade auch noch den langsamen Huff kassierten, der immerhin Platz 3 ins Ziel rettete. Damit war die Sensation perfekt: BMW feierte einen Doppelsieg in Monza, obwohl die Rivalen das Tempo des Rennens klar bestimmten. Und Tarquini verpasste den sicheren Heimerfolg...
Zuvor hatte der italienische Rennfahrer beim Start den Grundstein für einen erfolgreichen WM-Lauf gelegt. Gewissermaßen "nach Fahrplan" gerieten die BMW Fahrer noch bei der Anfahrt zur ersten Schikane in arge Bedrängnis, denn sowohl die Chevrolet-Piloten als auch die SEAT-Vertreter griffen an - und prompt wechselte die Farbe an der Spitze von Weiß auf Himmelblau.
Huff steuerte seinen Cruze als Erster in die Schikane und setzte sich gemeinsam mit Tarquini von den Verfolgern ab, während es dahinter gewohnt turbulent wurde: Gleich reihenweise rodelten die Piloten in der ersten Kurve durchs Gras, wodurch die Reihenfolge auf den ersten Metern durcheinander gemischt wurde. Doch auch an der Spitze gab es anfangs keine Ruhe.
Tarquini wittert seine große Chance
Tarquini, der seinen Fans unbedingt einen Heimsieg bieten wollte, machte am Ende der langen Zielgeraden kurzen Prozess mit Huff und übernahm Platz 1. Seinen britischen Hintermann konnte der Italiener allerdings nicht abschütteln. Ähnlich erging es Priaulx: Der ehemalige Weltmeister hatte seinen Teamkollegen direkt hinter sich - und Farfus machte nach Kräften Druck.
Etwas übertrieben agierten in der Anfangsphase Darryl O'Young (Bamboo) und Kristian Poulsen (Poulsen), die sich noch auf der ersten Runde in die Leitschienen verabschiedeten. Auch Norbert Michelisz (Zengö) und Alain Menu gerieten einander in die Haare - in aussichtsreicher Position: Menu rauschte Michelisz ins Heck, wodurch beide Rennautos umfangreiche Beschädigungen davon trugen.
Mit aufgestellter Motorhaube rollte Menu langsam zurück an die Box, wo sein Auto mit viel blauem Klebeband wieder flott gemacht wurde. Michelisz konnte das Rennen zwar zunächst fortsetzen, wurde aber von der Rennleitung zu einer Durchfahrtsstrafe hereinbefohlen, weil er einer der Piloten war, die am Start abgekürzt hatten.
Chaos in Monza
Als der ungarische Rennfahrer seinen SEAT in die Boxengasse steuerte, lichtete sich das Klassement allmählich: Hinter Tarquini, Huff, Priaulx und Farfus sortierten sich Michel Nykjaer (Sunred), Yvan Muller (Chevrolet), Tom Coronel (SR), Fredy Barth (Sunred), Tiago Monteiro (SR) und Mehdi Bennani (Wiechers) ein, wobei Letzterer zugleich als bester Privatier unterwegs war.
In dieser Reihenfolge nahm die Spitzengruppe die beiden letzten Rennrunden in Angriff - und prompt wurde das Klassement noch einmal auf den Kopf gestellt: Chevrolet-Gaststarter Leonel Pernía verabschiedete sich in Runde 8 ins Kiesbett der Parabolica, das brachte dort die gelben Flaggen heraus. Dieser Umstand sollte Huff und Tarquini letztendlich einige wichtige WM-Punkte retten.
Nach ihren Reifenschäden krochen die beiden Havaristen langsam die Gegengerade entlang, wobei Priaulx und Farfus sich zunächst hinten anstellen mussten. Auf Höhe der grünen Flaggen gab es schließlich kein Halten mehr: Priaulx und Farfus schnappten sich den hilflosen Huff, Tarquini wurde noch bis auf Rang 7 zurückgereicht. Und Nykjaer landete auf dem achten Platz.
Das Rennen der Privatiers war nicht minder spannend: Bennani lieferte sich einen heißen Kampf mit Harry Vaulkhard (Bamboo) und Stefano D'Aste (Proteam), hielt seine Verfolger aber sicher auf Distanz. Andrei Romanov (Engstler) kam hinter Sergio Hernández (Proteam) als Klassenfünfter ins Ziel.
Rennen 2
Wie sich Ereignisse gleichen: Auch im zweiten Rennen von Monza wurde der Führende durch einen Reifenplatzer in der letzten Runde um den verdienten Lohn gebracht. Dieses Mal traf es Michel Nykjaer, der in seinem erst sechsten WM-Lauf als Stammfahrer am Weg zum ersten Sieg war.Doch das Rennen war eine Runde zu lang für ihn. Auf der Anfahrt zur Roggia-Schikane wurde das Auto des Dänen plötzlich langsamer - und die Befürchtungen sollten sich bewahrheiten: Wieder ging der linke Vorderreifen in Fetzen. Nykjaer stellte seinen SEAT León TDI vollkommen fassungslos im Kiesbett ab.
Tarquini mit Frühstart, Nykjaer im Pech
Der dänische Rennfahrer kontrollierte das Rennen deutlich, nachdem er seine Pole-Position zunächst optimal in die Führung umgemünzt hatte. Die Spitzenposition musste Nykjaer zwischendurch allerdings an Tarquini abtreten. Das hatte nur einen Schönheitsfehler: Tarquini war am Start zu früh losgefahren.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Rennleitung den italienischen Lokalmatadoren zur Strafe durch die Box fahren ließ, der amtierende Weltmeister fiel aus der Führungsgruppe. Damit lag erneut Nykjaer in Führung und konnte sich souverän von seinen Verfolgern absetzen - bis zu seinem Reifen-Aus.
Der WTCC-Routinier Yvan Muller absolvierte ein zurückhaltendes, aber kluges Rennen und holte dadurch nach neun Runden den größten Siegerpokal. Muller ließ sich von den diversen Konkurrenten an seinem Heck nicht aus dem Konzept bringen und verwies Tom Coronel (SR) und seinen Stallgefährten Huff sowie Farfus und Priaulx auf die Plätze.
Michelisz, Menu und Pernía mit Aufholjagd
Das BMW-Duo erwischte in Lauf 2 einen ordentlichen Start und konnte das Tempo der Führenden mitgehen, fand aber keinen Weg aufs Podium - zu ähnlich waren die Geschwindigkeiten im zweiten Rennen. Diese Erfahrung musste auch Jordi Gené (SR) machen, der rundenlang mit seinem Teamkollegen Tiago Monteiro (SR) im Clinch lag, den Portugiesen aber besiegte.
Hinter Monteiro kamNorbert Michelisz als Achter ins Ziel, was einer kleinen Sensation gleichkam. Der Ungar startete den zweiten Lauf von ganz hinten, nachdem das Auto im ersten Rennen schwer beschädigt worden war. Unbeeindruckt kämpfte sich Michelisz durch das Feld und beschloss den Lauf als bester WM-Neuling.
Alain Menu, ein weiterer Pechvogel dieses Sonntags, kam im zweiten Rennen ebenfalls sehr gut voran. Der Schweizer im Chevy staubte dank Rang 9 noch zwei wichtige WM-Punkte ab - und auch Gastfahrer Pernía erzielte noch ein Erfolgserlebnis. Der argentinische Debütant musste ebenfalls vom Ende des Feldes losgefahren und wurde am Ende als toller Zehnter abgewinkt, unmittelbar vor Stefano D'Aste (Proteam).
D'Aste mit Heimerfolg bei den Privatiers
Der Italiener nutzte die Gunst der Stunde und manövrierte sich im zweiten Monza-Rennen an die Spitze der Privatiers, um seinen ersten Saisonsieg einzufahren. Darryl O'Young (Bamboo), der Lauf 1 nach einer Kollision vorzeitig beenden musste, wurde Zweiter vor seinem Chevrolet-Teamkollegen Vaulkhard.
In den Punkten führt Muller (100) vor Tarquini unf Huff (je 76), Sergio Hernandez ist bester Independent mit 41 Punkten vor d'Aste (36) und Bennani (35). Weiter geht die WTCC am 20. Juni in Zolder.