WTCC: Oschersleben | 05.06.2006
BMW-Double
Doppelsieg für BMW, im ersten Rennen gab der amtierende Champ Andy Priaulx den Ton an, das zweite Rennen ging an Markenkollegen Jörg Müller.
Johannes Gauglica
Weight Watchers: das FIA-Tourenwagenbüro hat das Basisgewicht für den Alfa Romeo 156 um 20 Kilo reduziert, samt Fahrer darf ein 156er jetzt 1.120kg wiegen.
Alfa kann diese Hilfe momentan brauchen, in den letzten zwei Runden spielte das rote Team nur eine Nebenrolle. Auch in Italien sind Entscheidungen gefallen, nämlich über die Nachfolge für den 156; neuer Werks-Alfa für 2007 wird nun doch das größere Modell 159.
A propos Gewicht – folgende Fahrer hatten Erfolgsballast zugeladen:
Yvan Muller 75kg
James Thompson 55kg
Andy Priaulx 50kg
Gabriele Tarquini 40kg
Rickard Rydell 40kg
Alain Menu 35kg
Jörg Müller 25kg
Florian Gruber 20kg
Dirk Müller 20kg
Augusto Farfus 15
Jordi Gené 5kg
Peter Terting 5kg
Sieben der Schwergewichte kommen aus dem SEAT-Lager, auch Neuling Florian Gruber muß als Gaststarter 20 Kilo mitschleppen. Der 22jährige Deutsche hat 2005 das Europafinale der SEAT Supercopa in Barcelona gewonnen und startete als Kollege von Peter Terting unter der Bewerbung von SEAT Sport Deutschland.
Im Qualifying verursachte Gruber eine von drei Unterbrechungen und startete strafweise vom letzten Platz. Chevrolet war stark in diesem Qualifikationstraining, aber in der letzten Minute holte Andy Priaulx für sein RBM-Team die Pole Position.
Rennen 1
Im ersten Lauf fuhr Priaulx dann einen tadellosen Start-Ziel-Sieg nach Hause, seinen dritten Erfolg dieses Jahr. Nur in Brand Hatch ist der Guernseyman heuer leer ausgegangen. Dahinter arbeitete sich Dirk Müller im Schnitzer 320si von Platz 6 durch die SEAT-Meute und brachte BMW einen Doppelsieg vor heimischem Publikum.
Mühe hatte dagegen die SEAT-Armada, ab Mitte des Rennens bauten die Léon deutlich ab. James Thompson konnte seinen Startplatz in Reihe 1 nicht ausnutzen, nach einigen internen Kämpfen brachte Rickard Rydell mit Rang 3 die Spanier noch aufs Podest.
Yvan Muller hatte deutliche Mühe, die Pace mitzugehen, und musste sich in den letzten Runden gegen Alessandro Zanardi wehren. Zanardi behauptet gerne, nach den vielen Bluttransfusionen 2001 in Berlin eigentlich ein Deutscher zu sein. Er versuchte in der Schlussphase eine Wiederholung seiner Taktik vom Vorjahr und wollte Yvan Muller Platz 8 und damit die Pole Position für Lauf 2 abjagen.
Sein Manöver ging aber schief, der Italiener landete neben der Strecke, der Franzose wurde nur Elfter. Florian Gruber beendete sein erstes WTCC-Rennen auf Platz 15, noch vor dem wieder schwachen Jordi Gené, dessen Saison nicht in Schwung kommen will. Für einen möglichen Personalwechsel im SEAT-Team nächstes Jahr empfielt sich immer lauter Tom Coronel.
Der Niederländer im privaten Léon von GR Asia ist mittlerweile inoffizielles achtes Mitglied der spanischen Armada, er dominiert die Independents-Klasse nach Belieben: Gesamtrang 10, noch vor dem gesamten Chevy-Werksteam, und sieben Plätze besser als der zweite Privatier Luca Rangoni im BMW. Hinter Stefano d’Aste (ebenfalls BMW) gab Jens Edman im Peugeot 407 ein deutliches Lebenszeichen.
Ergebnis Rennen 1
Rennen 2
Auf der Pole des zweiten Rennens stand der Lokalmatador Peter Terting im SEAT, neben ihm der heuer bislang glücklose Jörg Müller. Terting rutschte nach verpatztem Start auf Platz 4 zurück. Als Vierter kam er auch ins Ziel, trotzdem noch bester der SEAT. Oschersleben bleibt eine „BMW-Strecke“. Jörg M. ließ das Feld stehen, dahinter machte Dirk M. im zweiten Schnitzer-Auto vier Plätze gut.
Zwischen den zwei 320si aus Freilassing zeigte Farfus endlich wieder eine starke Alfa-Vorstellung. Die Müllers und Farfus sind nach vielen Zwischenfällen alte „Freunde“, diesmal war am Fahrstil des Brasilianers nichts auszusetzen. Er hielt den wütend drängelnden Dirk M. die gesamten vierzehn Runden hinter sich und holt sich neben den Punkten für Platz 2 auch Erfolgsballast für sein brasilianisches Heimrennen.
Von Priaulx war nach dagegen einem Verschalter in der ersten Runde nichts mehr zu sehen, Rang 10 und null Punkte waren seine Ausbeute. Unbelohnte Aufholjagden: Chevrolet-Pilot Rob Huff setzte seinen Durchmarsch (von 23 auf 12 in Lauf 1) fort und wurde Neunter – trotzdem kein Punkt; Zanardi startete als 24. und überholte elf Gegner. Alain Menu hatte in einem Hochgeschwindigkeits-Crash seitwärts in die Leitschiene sehr viel Glück im Unglück, er blieb unverletzt.
Nichts Neues bei den Independents: Coronel im Privat-Léon war wiederum schneller als so manches Werksauto und gewann auf Platz 12 die Indie-Wertung wieder ganz klar vor Ryan Sharp im Honda und Stefano d’Aste.
Ergebnis Rennen 2
Damit führen Andy Priaulx und Yvan Muller ex aequo mit 33 Punkten die Tabelle an, dahinter ebenfalls ex aequo James Thompson und Dirk Müller (32) vor Rydell, Tarquini und Jörg Müller (31). Von Oschersleben treten die Autos via Hamburg direkt die lange Reise nach Brasilien an, das nächste WTCC-Wochenende folgt am 2. Juli in Curitiba.
Gesamtstand
Stimmen nach dem Rennen:
Andy Priaulx: „Schön, dass ich in der Meisterschaft vorne bin – aber in dieser Phase deR Meisterschaft bedeutet das nicht viel; ich sage jetzt schon voraus, dass die Meisterschaft im letzten Rennen entschieden wird. Ein Rennen anzuführen, wie in Lauf 1, ist jedenfalls leichter als mitten im Pulk zu fahren, aber noch immer schwer genug. Ich habe mich dieses Wochenende etwas schwer getan, drum habe ich gewusst, dass ich mich am Anfang des ersten Laufes gleich absetzen muß – und das hab ich getan. Ich freue mich auf das Jahresende, denn dann wird’s richtig lustig!“
Jörg Müller: „Zwischen den Rennen haben wir das Setup verändert; das Auto war im ersten Lauf nicht richtig gut, weil wir hier nicht genug auf trockener Bahn testen konnten. In Lauf 2 war es dann viel besser und es ging drum, keine Fehler zu machen. Die Meisterschaft wird sicher die ganze Saison so knapp bleiben, und es wird wahrscheinlich auf die beste Package in Macau ankommen; hoffentlich hab ich die dann.“
Dirk Müller: „Nur einen Punkt hinter den Meisterschaftsführenden zu sein, ist ein ganz schöner Ansporn. Das Auto war brilliant an diesem Wochenende. Im Qualifying hab ich etwas Pech gehabt, Huff machte einen Fehler und mich hats rausgetragen, dadurch hab ich im Zeit verloren. Von meiner Startposition im ersten Lauf habe ich eine Weile gebraucht, um nach vorn zu kommen; dann habe ich versucht Andy einzuholen.
Das habe ich geschafft, aber zum Überholen hätte ich ein paar Runden mehr gebraucht! In Lauf 2 war der Start unglaublich, ich habe die Ampel erraten, es war perfekt. Von Platz 7 aus war ich in der ersten Kurve schon gleichauf mit Farfus. Er war auf den Geraden viel schneller, wahrscheinlich wegen dem Gewichtsvorteil. Ich habe mich entschlossen, zurückzufallen und die Punkte für den dritten Platz mitzunehmen.“
Augusto Farfus jr.: „Nach einigen Enttäuschungen in Magny-Cours und Brands Hatch haben wir viel am Auto gearbeitet. Hier habe ich im zweiten Rennen einen brillianten Start gehabt; am Anfang war ich schnell genug, Jörg anzugreifen - aber nicht imstand, zu überholen, weil meine Reifen abgebaut haben. Ich bin happy: der zweite Platz ist fürs Team sehr wichtig. Das nächste Rennen ist bei mir zuhause, aber ich bin dort [in Curitiba] selber nie gefahren. Dort habe ich hoffentlich soviel Erfolg wie hier.“
Rickard Rydell: „Es geht in der Meisterschaft so knapp zu - ich bin froh, hier zehn Punkte mitgenommen zu haben. Es könnte für SEAT besser gelaufen sein, weil wir ja 2., 3. und 4. im Qualifying waren, und ich war der einzige, ders aufs Podium geschafft hat. Die Starts sind unser großes Problem, daran müssen wir arbeiten.“
Yvan Muller: „Meine Gefühle sind gemischt, ich habe hier nur einen Punkt kassiert, aber ich bin immer noch in Führung der Meisterschaft. Ich hätte vom Tempo her im ersten Rennen Achter werden können; Zanardis Aktion hat mich das gekostet. Ich befürchte, dass am Ende dieser Punkteverlust eine Schlüsselrolle spielen wird, deshalb bin ich darüber besonders aufgebracht.“
Tom Coronel: „Meine Siege heute waren primär die Folge von Fehlern anderer. Raß Rangoni rausbefördert worden ist, hat mir sehr geholfen; darüber hinaus habe ich nicht viel zu tun bekommen, weil ich mich mit den Leuten nicht anlegen wollte. Ich habe den VIP-Platz in der ersten Reihe gehabt, um allen vor mir beim Kämpfen zuzuschauen!“