WTCC, Curitiba: BMW dominiert | 11.03.2007
Ordem e Progresso
Bayrische Dominanz in Brasilien, Schnitzer mit Müller und Farfus doppelt siegreich – Seat & Co. vernichtend geschlagen, es gibt politischen Stunk.
Vor dem zweiten Rennen in Curitiba schlürfte Vizeweltmeister Jörg Müller zufrieden seinen zuckerfreien Energydrink; er startete aus der vierten Reihe, vom 8. Platz – als Sieger des ersten Laufes.
Bei BMW Team Schnitzer hat sich einiges getan, Augusto Farfus ist der neue interne Herausforderer für den BMW-Veteranen Jörg Müller. Weg sind auch die „magischen“ Startnummern 42 und 43, die sich Schnitzer seit der Erfolgsserie in den amerikanischen Sportwagenrennen vorbehalten hat – und mit Nummer 2 und 3 gelang dem Team aus Freilassing (beinahe Österreich, immerhin) gleich ein Doppelsieg.
Qualifying: Vorteil Bayern
Bereits im Training zeigte sich die Überlegenheit der 320er aus Bayern. Der einzige Hecktriebler im Feld hatte in Curitiba, eigentlich einer Frontantriebs-freundlichen Strecke. In einem dramatischen Qualifying sah es nach einer höchst populären Pole Position für den Lokalfavoriten aus: Augusto Farfus, den Mann aus Curitiba.Jörg Müller, der Mann aus Hückelhoven, versaute ihm im letzten Moment die Parade. Nichtsdestoweniger hatte Schnitzer damit die Reihe 1 für sich, dahinter der Champ Andy Priaulx und mit Tourenwagen-Newcomer Felix Porteiro gleich noch ein BMW... - hinter den Fassaden braut sich ein politisches Donnerwetter zusammen.
Seat grollt über den vermeintlichen Vorteil der deutschen Marke. Denn zu lachen hatten die Spanier an diesem Wochenende nichts, aber schon überhaupt nichts. Wenig froh werden auch die Verantwortlichen bei Chevrolet und Alfa Romeo sein, dort war die erste Kurve des ersten Rennens Anlass zur Trauer.
Lauf 1: Turbulenz und Dreifachsieg
Das erste Rennen der Tourenwagen-WM 2007 brachte erstmals einen rollenden Start, und bis zur ersten Kurve sah das noch nach einer guten Idee aus. Als sich der Staub dann wieder verzog, waren zwei von drei Chevrolets (Nicola Larini, Alain Menu) und gleich beide Alfa (James Thompson, Rookie Olivier Tielemans) aus dem Rennen. Nach der ausgiebigen Safety-Car-Phase erwischten Müller, Farfus und Priaulx hervorragende Starts.Und das war’s dann im Prinzip, zumindest war die Auseinandersetzung der Marken Seat und BMW betraf. Die spanische Armada mit Yvan Muller, Gabriele Tarquini, Jordi Géne und NASCAR-Exilant Michel Jourdain jr. hatte gegen den Speed der BMW kein Rezept. Jörg Müller musste sich in den letzten Runden noch einen energisch drängenden Andy Priaulx vom Leib halten, dann holte er sich mit 0,4 Sekunden Vorsprung den ersten Sieg des Jahres.
Lauf 2: Dreifachsieg, die Zweite
Stehender Start für Lauf 2: Mit österreichischer Getränketechnologie in der Blutbahn kam Jörg Müller sehr flott in Bewegung, aber Augusto Farfus war schneller: Von Rang 6 beamte er sich binnen weniger Kurven an die zweite Stelle. Dabei hatte er einen Logenplatz direkt hinter dem Crash von Rob Huff im bis dahin einzig unbeschädigten Chevy Lacetti und Alex Zanardi. Damit war Chevy de facto ausgelöscht.Alfa quälte sich mit den zerlemperten 156er-Ruinen ab, Thompson hatte weitere Schrecksekunden – es sieht nach einem überaus schwierigen Abschiedsjahr für die Roten aus Mailand aus. Mittlerweile übernahm Farfus die Spitze, dahinter waren Priaulx und Müller ebenfalls wieder zur Stelle und nahmen sich einen Seat nach dem anderen vor. Bis zur Dreifachführung in Weiß-blau dauerte es nicht lange.
Augusto Farfus musste einen acht Jahre langen Umweg über Europa nehmen, um auf seiner Heimstrecke zum ersten Mal zu gewinnen. Sein Sieg war in keiner Phase wirklich gefährdet. Dahinter tobte das „Retourmatch“ Priaulx gegen Müller, diesmal blieb der Brite vorne. Tarquini als bester Seat-Fahrer belegte weit abgeschlagen Platz 4. Bis auf den Privatiers-Sieg von Pierre-Yves Corthals im ersten Lauf hat Seat nichts an Resultaten vorzuweisen. In Lauf 2 siegte bei den Independents Luca Rangoni (BMW).
...und drei ex-aequo-Leader
Farfus, Müller und Priaulx haben nach dem ersten WTCC-Wochenende somit dieselbe Anzahl an Punkten. BMW-intern hat Schnitzer den Fehdehandschuh hingeworfen: Heuer will man sich nicht mehr von der vergleichsweise winzigen Mannschaft RBM schlagen lassen, die Andy Priaulx als Ein-Mann-Show dreimal in Folge zum Titel geführt hat.Und die FIA kann sich auf ein dringliches e-mail aus Spanien mit Betreff „WTCC: Technisches Reglement“ gefasst machen.